Kommentar EU und Nahost: Feigheit vor dem Freund

Die EU-Außenminister kneifen wieder einmal und schrecken feige davor zurück, ein klare Position zum Nahostkonflikt zu formulieren.

Eine klare Ansage? Oder nur so tun, als ob? Das war die Alternative, vor der die EU-Außenminister standen. Sie haben sich mit ihrer Erklärung zum Nahostkonflikt für die zweite Variante entschieden. Das ist einfach jämmerlich.

Nicht dass die Europäer ihre bisherige Haltung geändert hätten, wonach Israels Siedlungspolitik illegal ist, der Gazastreifen, das Westjordanland und Ostjerusalem als Gebiete unter israelischer Besatzung stehen und man auf die Grenzen von vor 1967 pocht. Das alles ist schließlich geltendes Völkerrecht. Aber auch jetzt wird es wieder einmal heißen, nur mit einer "ausgewogenen" Nahosterklärung könne man dazu beitragen, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen und Israel nicht zu verprellen.

Beide Argumente sind so verlogen wie vorgeschoben. Die Aufteilung der palästinensischen Gebiete in "Kantone" oder kleine "Bantustans" hat längst ein Ausmaß erreicht, das nach konkreten Taten ruft - und zwar bis hin zu Sanktionen.

Die Europäische Union unterstützt heute de facto die israelische Besatzung, indem sie nicht nur die Palästinensische Autonomiebehörde, sondern auf mannigfache Weise auch das schlichte Überleben der Palästinenser finanziert. Wirtschaftlich wie politisch hätte sie eine Menge Möglichkeiten, um der israelischen Expansionspolitik ihre Grenzen aufzuzeigen. Bis heute hat sie aber nicht einmal ein Mittel gefunden, zu verhindern, dass Produkte aus israelischen Siedlungen zollfrei oder zollbegünstigt auf Europas Märkte gelangen. Das liegt maßgeblich auch an Deutschland.

Es ist kein Zufall, dass sich gerade jetzt eine Reihe früherer deutscher Nahostdiplomaten zu Wort gemeldet haben. Sie fordern von der Bundesregierung eine "ausgewogenere", zumindest jedenfalls wirksamere Politik gegenüber Israel und den Palästinensern. Sie haben recht. Denn die israelische Besatzungspolitik nicht als das zu benennen, was sie ist, ist Feigheit vor dem Freund.

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61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.

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