Doku über Johnny Cash: Melodien für Folsom Prison
Bestor Crams Dokumentarfilm "Johnny Cash at Folsom Prison" verbindet Fragmente aus Cashs Biografie mit den Lebenswegen von Gefängnis-Insassen (Donnerstag, 22.30 Uhr, Arte).
Es gibt dieses berühmte Cash-und-die-Cops-mit-Sonnenbrillen-Foto: Johnny Cash in Handschellen zwischen zwei Zivilpolizisten, alle drei tragen schwarze Anzüge, dunkle Sonnenbrillen, die Gesichter ausdruckslos, cool. So ungefähr stellt man sich die Festnahme eines ganz schweren Jungen, eines Mafiabosses, eines Staatsfeindes vor. Cash war natürlich nichts davon. Sieben Tage seines Lebens hat der "Man in Black" in Gefängnissen verbracht, das dazugehörige Kapitel seiner Autobiografie trägt den Titel "Seven One-Night Stands". Drogen, Tabletten, Alkohol - mehr war da nicht.
Und trotzdem ist Cash der Natural Outlaw, seine Karriere ohne die tiefe, auf Gegenseitigkeit beruhende Verbindung zu den Räubern, Mördern und Vergewaltigern in den Gefängnissen nicht denkbar. Am Anfang stand 1955 der "Folsom Prison Blues", das Mitgefühl mit einem, der aus bloßer Neugier tötete: "I shot a man in Reno / just to watch him die." 13 Jahre später kam Cash tatsächlich in das Folsom State Prison - als Sänger. Es war nicht sein einziges Gefängniskonzert, aber das erste, das für eine Liveplatte aufgezeichnet wurde.
Bestor Crams Dokumentarfilm "Johnny Cash at Folsom Prison" verbindet Fragmente aus Cashs Biografie mit den Lebenswegen der Folsom-Insassen Millard Dedmon und Glen Sherley. Cash hatte beim Folsom-Konzert einen von Sherley geschriebenen Song gesungen, ihn auch später, nach seiner Entlassung, unterstützt. Deutlich wird: Cashs überlieferte Aussagen über die Unmöglichkeit der Resozialisierung in amerikanischen Gefängnissen, über die Todesstrafe haben Substanz. Es ging ihm um mehr als die Pose.
Der Film belässt es nicht bei der Montage von Archivmaterial mit zahlreichen Interviews. Gerade die Verknüpfung des sozialkritischen Anliegens mit künstlerisch ambitionierten Animationsbildern zu den Cash-Songs ist nicht ohne - funktioniert aber erstaunlich gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Menschenrechtslage im Iran
Forderung nach Abschiebestopp
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben