Wiederaufbau nach dem großen Beben: In Sanpan entsteht eine neue Schule

In der chinesischen Provinz Sichuan erinnert kaum noch etwas an die große Katastrophe. Der Wiederaufbau geht zügig voran.

Fast 90.000 Menschen kamen bei dem Erdbeben in Sichuan ums Lebens. Bild: dpa

SANPAN taz | Lehrer Zhou ist ein Mann, der im entscheidenden Moment das Richtige tat: Als das große Erdbeben am 12. Mai 2008 seine Schule zerstörte, schaffte er es, die Kinder rechtzeitig ins Freie zu bringen. Dann befahl er allen, "sich flach auf den Boden zu legen". So verhinderte er, dass die Kleinen herumirrten und von Bäumen oder Felsbrocken erschlagen wurden. Kein Gebäude blieb heil, aber Zhous Schüler überlebten.

Eineinhalb Jahre später ist von dem Schrecken jenes Tages im Dorf Sanpan, einer Gemeinde mit rund 8.000 Einwohnern, nichts mehr zu sehen. Die Ruinen im Tal sind weggeräumt, die Straße ist repariert. Sie wird gesäumt von einem gutem Dutzend neuer Wohnhäuser, andere sind noch im Bau. Das Rattern der Bohrer und die Zurufe der Arbeiter mischen sich unter das Krähen der Hähne.

Auf der größten Baustelle des Ortes wohnt der 58-jährige Zhou in einer Behelfshütte ohne Heizung. Seit dem ersten Spatenstich im September überwacht er den Neubau seiner Grundschule. Zu verdanken hat er sie den Spenden deutscher Geschäftsleute aus der Umgebung von Schanghai, die nach dem Beben sofort beschlossen: "Wir helfen!" Nächstes Jahr sollen hier über 100 Schüler der ersten bis sechsten Klasse wieder lernen können.

An einem kleinen Holzfeuer wärmen sich Vertreter der örtlichen Schulbehörde die Hände. Das Thermometer zeigt auch in der Wintersonne nur ein paar Grad über null. Gemeinsam mit dem Schweizer Architekten Daniel Heusser und dem Chef der örtlichen Baufirma beugt sich Zhou über die Konstruktionspläne. Vier Klassenzimmer sind hier eingezeichnet sowie Küche, Waschräume, Büros und acht Schlafräume für 80 Kinder aus den Nachbartälern. "Eine Schule schaffen, die sicher ist und sich zugleich gut in die Landschaft einpasst", will der Architekt, der seit 15 Jahren in China lebt.

Fast 90.000 Menschen starben bei dem Beben in Sichuan, viele der Verschütteten wurden nie geborgen. Insgesamt stürzten rund 3.300 Schulen ein, 5.335 Kinder kamen an jenem Montagnachmittag um 14.28 Uhr ums Leben, viele hielten gerade Mittagsschlaf. Wie sich bald herausstellte, war beim Bau von Unterrichtsgebäuden gespart und gepfuscht worden - ein Thema, das nach dem Willen der Behörden nicht mehr debattiert werden soll. Bürgerrechtler und Eltern getöteter Kinder, die zu laut nach den politisch Verantwortlichen fragten, wurden bedroht, manche sitzen im Gefängnis.

In Sanpan, dessen Schulkinder glücklich überlebten, ist davon an diesem Tag nichts zu spüren. Ein Haus für eine Familie kostet hier wenigstens achttausend Euro. Jeder Haushalt erhält eine staatliche Finanzhilfe von mindestens zweitausend Euro, dazu einen Bankkredit. Über die Hälfte des Geldes müssen die Bauern selbst aufbringen.

Am 1. März wird die Schule in Sanpan eröffnet werden, so der Plan. Bis dahin lernen die Kinder in den Bauernhäusern hinter dem Schulgelände. Jede Familie hat ein Zimmer für Schulbänke und Wandtafel freigeräumt.

Damit die Schule der sicherste Ort im ganzen Dorf wird, hat sich Lehrer Zhou geschworen: "Ich weiche keinen Tag vom Bau und kontrolliere alles."

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