Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Merkel hat ihren Verbenvorrat zum Abwracken gegeben, Obama braucht Hilfe und Polizisten müssen gaffen.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche? Friedrich Küppersbusch: Schöpfung arbeitet noch an Sondermodell "sapiens Frosti", bei dem gleichzeitig Hände und Füße warm sind.

Und was wird besser in dieser?

Ich als Vorläufermodell bekomme einen warmen Platz im Museum.

Kanzlerin Angela Merkel sagt in ihrer Neujahrsansprache, "Manches wird gerade im neuen Jahr erst noch schwieriger, bevor es wieder besser werden kann." Grund zur Panik?

Absolut. Das "Zusammenballen von Maßlosigkeit und Verantwortungslosigkeit", drei Substantive in fünf Wörtern, lässt fürchten, dass Merkel ihren kompletten Verbenvorrat ins Abwrackprogramm gegeben hat. Inhaltlich mag gemeint sein, dass Leute zusammen wirken, die habsüchtig nicht an die Folgen ihres Handelns für andere denken. Selten wurde die Idee der Marktwirtschaft präziser beschrieben. Und prompt: "Ohne den Mauerfall wäre mein Leben und das vieler DDR-Bürger völlig anders verlaufen." Hier wird tiefe Trauer der FDJ-Sekretärin mit Händen greifbar. Doch Trost naht: Unsere Soldaten in aller Welt sorgen dafür, "dass von dort nie wieder Gefahr für unsere Sicherheit und unser Wohlergehen ausgeht". Das ist ja im Grunde das Gleiche wie "dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgeht", nur eben umgekehrt und das Gegenteil. Rohes Neues.

Jetzt wird wieder eifrig über den Einsatz von Nacktscannern diskutiert. Sollten wir uns nicht einfach gleich ganz ausziehen?

Der Delta-Air-Attentäter stand auf einer Verdächtigenliste und wurde trotzdem durchgewunken. Experten bezweifeln, dass ein solches Gerät den Sprengstoff, der in seine Unterhose eingenäht war, erkannt hätte. Tja. Wolfgang Bosbach ist halt doch die Nackte Kanone der deutschen Innenpolitik, und unterm rhetorischen Nacktscanner sieht man den tragbaren Stammtisch zwischen seinen, nun ja, eben alles, was man gar nicht ansehen müssen möchte. Früher gabs die sensationelle Röntgenbrille als Porno-Artikel für die Ärmsten der Einhandsegler, nun sollen Polizisten gaffen müssen. Was sagt der Sittenstrolch bei der Festnahme? "Selba Wichsa."

Was ist los mit Barack Obama?

Die FAZ sieht Obama "aufgeschlagen in der Wirklichkeit" und den Präsidenten, der dem Islam "die Hand der Versöhnung entgegenstreckte … vor Ablauf des ersten Amtsjahres … zum Kriegspräsidenten" mutiert. Das könnte al-Qaida auch so schreiben, und wie immer freuen sich die Falken beider Seiten über jede Chance auf Eskalation. Als alle ihn eh bejubelten, hatte er keine Hilfe, z. B. von besonnenen Europäern, nötig. Jetzt müssen die Auch-aufs-Foto-Drängler der ersten Amtstage liefern. Bisher schnippst nur der notorische Brite mit dem Finger, falls es im Jemen was zu ballern gibt. Merkel, Sarkozy, Old Europe ist gefordert, Obama bei sich selbst zu halten.

Im Iran erklärt sich der Oppositionsführer Mussawi bereit, für die Rechte seines Volkes zum Märtyrer zu werden. Dumm oder aufrecht?

Fällt schwer, sich für einen Expremier zu ereifern, dem Amnesty die Hinrichtung von 2.700 politischen Gefangenen allein 1988 zur Last legt. Mussawi mag ein taugliches Werkzeug sein, Instabilität im Iran zu schüren. Wenn es humanistische Kräfte für sich zu nutzen verstehen, seis willkommen. Er war ein Handlanger Chomeinis und unterscheidet sich wenige rhetorische Gran von Ahmadinedschad.

Und wer wird dieses Jahr in Wildbad Kreuth gemobbt?

Die parolae latrinae "Guttenberg muss auch Vizekanzler werden" zielt noch mal auf Seehofer und ein bisschen auf Westerwelle. Der FDP-Konter "Wie viele Wahlniederlagen muss die CSU noch einfahren, um diese ungeheuerliche Überheblichkeit abzulegen?" trifft auch mich. Es bereitet mir immer Unwohlsein, gleicher Meinung mit FDPlern zu sein. Kreuth und das Drei-Königs-Treffen haben die Funktion, ein paar Schlagzeilen im Winterloch abzustauben.

Die Bahn hat Probleme mit dem Wetter. Jetzt liegt es am Eisregen. Warum war früher alles besser, zumindest die Züge?

Ausweislich des Berliner S-Bahn-Desasters ist es eine Kombi aus anspruchsvoller Technik und kaputtgesparter Wartung. Gebt Grube die Bundeswehr.

Mit Essen wird das ganze Ruhrgebiet Kulturhauptstadt 2010. Erfüllt sich für Sie ein Traum?

Nee echt, geht mir weck damit! Natürlich hat die Großstadt Ruhr - mit 6 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes - allerhand offiziöse Kultur und deren pornoteure Tempel zu bieten. So wie keiner uns als Stadt begreift, ist auch die genuine Kultur der Region keine erkennbare, sondern subversiv und nicht zu verkaufen. Wir gehen in Deckung, bis der Sturm vorbei ist.

Luca Toni wird erst an den AS Rom geliehen und wechselt dann wohl ganz. Schade?

Wahrscheinlich hatten die typischen Bayern-Fans Probleme mit der Aussprache des komplizierten ausländischen Namens. Alles Gute aus der Stadt mit den Spielern Bajram Sadrijaj, David Vrzogic und Jakub Blaszczykowski!

Und was machen die Borussen?

Freuen sich auf den Rückrundenstart gegen den 1. FC "wir sind nur ein Karnevalsverein" Köln.

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