Endspurt bei Fonds

VON BEATE WILLMS

Anleger und Anbieter sind aufgescheucht: Die Steuersparfonds sollen abgeschafft werden. Das ist spätestens klar, seit der noch amtierende Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in der vergangenen Woche – vergebens – versuchte, eine entsprechende Gesetzesänderung vom Kabinett absegnen zu lassen. Den nächsten Anlauf will Eichels designierter Nachfolger Peer Steinbrück (SPD) bereits am Montag oder Dienstag machen – in der ersten Kabinettssitzung der neuen Regierung. Unklar ist dabei, ab wann die neue Regelung gelten wird: Bleibt den Fondsinitiatoren genug Zeit, das Geld für versprochene oder sogar vorfinanzierte Investitionen einzusammeln? Reicht es für Steuerfüchse, um dem Fiskus noch einmal ein Schnippchen zu schlagen?

Der Vorstoß betrifft hauptsächlich Windkraft-, Wertpapierbeteiligungs- und Medienfonds sowie einen Teil der Schiffsbeteiligungen – aber auch Projekte wie die taz Entwicklungs KG: Sie gelten als „nicht renditeorientiert“, machen zunächst Verluste und garantieren auch für später keine Gewinne. Interessant waren sie bislang für Geldgeber, die die jeweiligen Vorhaben unterstützen wollen. Andererseits eigneten sie sich aber für gut Verdienende vor allem zum Steuernsparen. Die Anleger konnten die Verluste aus den Projekten in ihrer Steuererklärung mit eigenen Gewinnen verrechnen – und damit ihr zu versteuerndes Einkommen verkleinern. Zeitweise konnten sie Beträge bis zum Dreifachen ihres Kapitaleinsatzes geltend machen.

Schon die rot-grüne Bundesregierung wollte dieses Steuerschlupfloch schließen: Verluste sollen nur noch mit späteren Gewinnen aus derselben Beteiligung verrechnet werden können. Zuletzt war es dann aber doch Noch-Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne), der den jüngsten Eichel-Entwurf stoppte: Er sah die Geldakquise für sinnvolle Projekte bei den erneuerbaren Energien in Gefahr.

Dass der nächste Anlauf im Kabinett erfolgreich sein wird, steht jedoch außer Frage. Dabei will Steinbrück den Stichtag auf den 11. November legen, den schon Eichel anvisiert hatte. Damit würde das Gesetz allerdings rückwirkend gelten – was die Betroffenen für verfassungswidrig halten und was auch unter Rechtsexperten umstritten ist. Üblich wäre es, das Datum zu nehmen, an dem das verabschiedete Gesetz im Bundesanzeiger veröffentlich wird.

Steinbrück argumentiert, dass Fonds und Anleger längst wüssten, dass die Gesetzesänderung kommt. Eric Romba, Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer des Verbandes Geschlossene Fonds (VGF), hält dieses Argument nicht für ausreichend. Bislang handele es sich lediglich um „die Ankündigung einer Privatperson“ – noch ist Steinbrück nicht Minister. Zudem genüge „nach der bisherigen Rechtsprechung auch die Bekanntgabe eines Entwurfs nicht, um den Vertrauensschutz zu beseitigen“. Und das auch noch rückwirkend.

Das Verwirrspiel könnte Methode haben, mutmaßt man in der Branche: SPD und Union erhoffen sich von der Neuregelung Mehreinnahmen von etwas mehr als 2 Milliarden Euro. Da zählt jede Minute. Das wissen aber auch die Fondsanbieter, die zum Schlussspurt aufgerufen haben. Die großen Anbieter LHI und KGAL sollen allein an den zwei Tagen nach Bekanntwerden der Eichel-Pläne eine Viertelmilliarde Euro entgegengenommen haben.

Allerdings empfehlen die meisten Anbieter ihren Kunden inzwischen, unter Vorbehalt zu zeichnen. Damit können diese entscheiden, ob sie ihr Geld zurückhaben wollen, wenn die Verlustzuweisungen rückwirkend gestrichen werden. Dieses Angebot ist fair. Es zeigt aber auch, dass die Fondsinitiatoren einer Verfassungsklage gegen eine rückwirkende Regelung kaum Chancen einräumen.