Kolumne Männer: Terminator

Auch Männer können beleidigt sein. Wer lässt sich schon gern unterstellen, er stehe auf Veronica Ferres?

Schuld war natürlich Veronica Ferres. Gerade noch unterhielten wir uns aufgeräumt bei Bier, Wein und Tee in einer Bar. Wir, das waren zwei Männer und zwei Frauen, einander seit Jahren in Freundschaft zugeneigt. Doch die Erwähnung dieser Person zerstörte die Harmonie. "Ich verstehe ja nicht, warum Männer auf diese Frau stehen", sagte eine der beiden Frauen am Tisch. Es ging gerade um Wichtiges, nämlich ums TV-Programm. Ein Freund, der normalerweise zum durchironisierten Wort neigt, räusperte sich. Dann sagte er sehr bestimmt: "Ich finde es beleidigend, wenn Frauen mir unterstellen, ich fände Veronica Ferres attraktiv, nur weil ich ein Mann bin." Stille.

In dieses peinliche Schweigen hinein darf ich Ihnen, liebe Leser, vielleicht kurz etwas zuflüstern: Der erzürnte Freund hat natürlich vollkommen recht. Aber Moment. Das kann ich ja ruhig laut sagen. Also: "Du hast vollkommen recht", entgegnete ich dem erzürnten Freund. "Die Ferres ist plump, steif und selbstgefällig. Das können wir Männer sehr gut allein."

Mein Freund sprang mir zur Seite. "Wahrscheinlich fing das Übel an mit dem Film ,Rossini'. Da wurde Ferres dank Weichzeichner sogar als Überfrau dargestellt, der kein Mann widerstehen kann." Er schüttelte den Kopf, als fragte er sich, womit er diese Prüfung des Schicksals nur verdient hatte. Natürlich wird schon irgendjemand diese Frau versehentlich gut finden. Aber das sind Menschen, die Bücher im rosa Schutzumschlag lesen über "starke Frauen", die sich "nicht unterkriegen lassen" und sich selbst gern alles Mögliche verzeihen.

"Aber die Ferres ist doch blond, groß und hat Riesenbrüste", sagte die Frau, deren Worte unsere Runde in Aufruhr gebracht hatten. "Na und?", konterte ich rhetorisch geschickt. "Nicht jeder Mann steht auf Blonde mit dicken Dingern."

"Aha. Und welche Vorlieben unterstellen wir Frauen Männern sonst noch gern?" Die blonde, langhaarige Dame war aus irgendeinem Grund beleidigt. "Einen Hang zu Waffen", antwortete der erzürnte Freund. "Windbreaker", rief vom Nebentisch ein Mann herüber. Als wir vier den Unbekannten fragend ansahen, entgegnete er mit suchendem Blick: "Na, ihr wisst schon: diese Jacken!" Dann drehte er sich mit rotem Kopf um.

"Strapse!", sagte mein Freund. "Diese komischen Socken verbergen nichts, was wir Männer nicht schon kennen. Danke, Internet!" Die beiden Frauen wurden übermütig. "Apropos", sagte die blonde Freundin, "was ist mit Pornos?" Die sofortige Antwort meines Freunds klang ungefähr so: "Uhuhuhunuhuuu!", begleitet von Handgefuchtel. "Wollen wir hier mal nicht gleich durchdrehen, meine Liebe." An dieser Stelle sei erwähnt, dass die fragende Dame seine Lebensgefährtin ist. Diesen Scherz überlebte er vermutlich nur, weil er Silvester mit ihr im Duett "Ive had the time of my life" dargeboten hatte - missglückte Hebefigur inklusive. Möglich machte die Aufführung ein neues Karaoke-Programm für den heimischen Rechner, was nebenbei beweist, dass technischer Fortschritt unsere Lebensqualität auch schmälern kann.

"Was bleibt dann noch übrig, das alle Männer interessiert?", fragte die zweite Frau am Tisch ratlos. Ich antwortete stolz: "Der Zweite Weltkrieg!" Die Frauen schauten mich an, als hätte ich etwas Merkwürdiges gesagt. "Findet ihr nicht auch", fragte ich freudig, "dass sich der Erste Weltkrieg zum Zweiten verhält wie Terminator I zu Terminator II?" Die beiden Freundinnen rollten demonstrativ gelangweilt mit den Augen. Was haben Frauen nur gegen Maschinenmenschen? Sie mögen doch auch die Ferres.

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Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

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