Aust will N24 kaufen: Dilettantisches News-Fernsehen
Ex-"Spiegel"-Chef Stefan Aust plant zusammen mit Partnern den Kauf von N24 – sie könnten den schwächelnden Nachrichtensender endgültig in einen Dokukanal umbauen.
Sie erfuhren es mal wieder aus dem Internet. Als sich gut 100 Mitarbeiter von N24 am Dienstag zu einer Betriebsversammlung aufmachten, ging die Neuigkeit bereits um: Mehreren Berichten konnten sie entnehmen, dass ihr Geschäftsführer Torsten Rossmann ein Management-Buy-out plant. Rossmann überlegt, die Redaktion aus dem Portfolio der Sendergruppe ProSiebenSat.1 herauszukaufen, die an den Kosten für Nachrichten sparen will und "alle Optionen" prüft.
Das hört sich nach einem mutigen Plan an, lässt sich doch in Deutschland mit Nachrichtenkanälen nur schwer Geld verdienen. N24 jubelte zwar zum Jahreswechsel, in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen einen Marktanteil von 1,3 Prozent erzielt zu haben und damit vor dem Mitbewerber n-tv (RTL-Gruppe) die "klare Nummer eins" gewesen zu sein. Doch dieser Erfolg beruht nicht zuletzt auf den Dokumentationen, die das vermeintliche Kerngeschäft verdrängt haben: seriöse Nachrichten.
Spannend an Rossmanns Vorhaben ist, das er das Buy-out mit drei weiteren Managern plant - darunter der äußerst umtriebige ehemalige Spiegel-Chef Stefan Aust. Der würde eine Menge Fernseherfahrung mitbringen, hat er doch die Produktionsfirma Spiegel TV groß gemacht, die bis ins vergangene Jahr hinein auch die Nachrichten für Vox produzierte und das noch heute für DMAX tut.
Spiegel TV war zu Austs Geschäftsführerzeiten zudem Miteigentümer eines Kanals, der dem nahekommt, was vielleicht N24 blüht: Bis XXP im Jahr 2006 in DMAX aufging, strahlte es Dokus aus, ergänzt von ein paar Talks und News. Aust gehört derzeit mit anderen Partnern auch die Produktionsfirma Agenda Media, die für die WAZ-Gruppe gerade einen Spiegel-Konkurrenten entwickelt. Außerdem ist er Mehrheitsgesellschafter beim Filmarchiv Saeculum.
Ein Programmschema wie das von XXP könnte auf N24 zukommen, ob nun unter neuen Chefs oder der Regie von ProSiebenSat.1. Dessen Vorstandsvorsitzender Thomas Ebeling gab auch dieser Tage wieder an, neben einem Verkauf die Umwidmung des Senders von einem News- in einen Dokukanal zu prüfen. Unabhängig davon versicherte Ebeling, auf Sat.1, ProSieben und Kabel Eins werde es auch künftig News "im jetzigen Umfang" geben. Sicher auch, um den Status als Vollprogramme nicht zu gefährden, an dem Privilegien bei der Kabelplatzvergabe hängen.
Derzeit liefert N24 als Dienstleister der Gruppe die Nachrichten für die Schwesterkanäle. Ebeling sagte am Mittwoch der FAZ, bei einem Verkauf könne er sich vorstellen, sich News von den Käufern liefern zu lassen. Für den Fall, dass der Sender weiter zu seiner Gruppe gehöre, prüfe er aber auch, "eine Form der Nachrichtenproduktion zu etablieren, die interessant ist, aber deutlich weniger kostet".
Dabei bespielt N24 seinen Kanal doch längst mit Reportern, die mitunter die Kameras selbst halten müssen und sorgt so dafür, dass News-Fernsehen dilettantisch aussieht. Und bei der Versorgung von ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins schiebt die Redaktion ihre Filme nicht nur zwischen Sendungen hin und her, sondern sendet ein und dasselbe Stück über mehrere Tage. Man kann kaum für möglich halten, dass sich hier noch etwas sparen ließe. Es geht also um die Rettung eines Kanals, den eigentlich keiner braucht. Schade wäre es deshalb nur um die Arbeitsplätze.
Eine wirkliche Chance, dauerhaft solide aktuelle Informationen zu liefern, hätte N24 nur, wenn er auch für Dritte aktiv würde. Entsprechende Pläne gab es bereits im Projekt "N24 Plus", samt Gesprächen mit Verlagen und Telekom-Unternehmen als potenzielle Abnehmer. Diese Idee fiel jedoch einem ersten Sparwahn des Konzerns zum Opfer. Wie grotesk.
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