BEI DER POLONAISE
: Ernsthaft Spaß

Optionen zwischen schlimm und „Hölle, Hölle, Hölle

Die Kindergärtnerin im zerbeulten Marienkäferkostüm sieht nicht so aus, als hätte sie eine Wahl: „Guten Morgen“, sagt sie. „Schon wieder diese Karnevalsscheiße“, sagt ihr Gesicht. Den Kindern ist der übellaunige Käfer egal, sie zerplatzen Luftballons, rasen aufgedreht über den Flur, ein kleiner Cowboy kreischt. Ich rufe dem Marienkäfer „viel Spaß“ zu und ergreife die Flucht.

Einige Stunden später hetze ich zum Kinderturnen und dem Karneval direkt in die Arme. Das Kind, die Augenklappe mittlerweile adrett auf das Piratenkopftuch geschoben, stopft Kekse und Miniwürstchen in sich rein, mein Mann lächelt schief unter einer Feuerwehrmütze hervor, bevor er mit den Worten, er habe heute ja noch gar nicht gefeiert, das Weite sucht. Der CD-Player bietet derweil Optionen zwischen schlimm und „Hölle, Hölle, Hölle“. Die Eltern tanzen zu Letzterem Polonaise, und man merkt ihnen an, dass es bloß noch ein Plastikbecherchen Sekt statt Apfelsaft bräuchte, dann hätten sie zu „Schni, Schna, Schnappi, das kleine Krokodil“ ernsthaft Spaß. Abends in der Videothek habe ich die Wahl zwischen dem Film, zu dem ich mich habe breitschlagen lassen, und einer auf dem Rückweg noch sorgfältig zu überlegenden Argumentationskette, warum ich doch einen anderen genommen habe. „Jetzt hilf mir doch mal“, mault eine weibliche Stimme hinter dem Regal mit den Blu-ray-Neuheiten ihren Begleiter an. „Der hier klingt ganz gut, aber bei dem anderen spielt so’n süßer Typ mit.“ Die beiden kommen nicht so richtig weiter, und ich denke, dass für ihren Typ der süße Typ wahrscheinlich einfach nicht das richtige Argument ist.

Und da heute anscheinend der Tag ist, an dem keiner alles haben kann, erledige ich seufzend den DVD-Auftrag nach Vorschrift. „Den gucken wir übrigens bloß, weil der Schauspieler so gut aussieht“, erkläre ich zu Hause. ANNA KLÖPPER