Studie zur Rollenverteilung in der Ehe: Putzen bleibt Frauensache
Kaum ein Paar will noch die klassische Hausfrauenehe führen. Doch an Putzlappen und Bohrmaschine hält sich hartnäckig das traditionelle Rollenverhalten.
BERLIN taz | Gemeinsamkeit wird wohl das neue Schlagwort in der Debatte um Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Um wirklich zufrieden zu sein mit ihrem Leben, wollen Mütter und Väter gleichermaßen Job, Partner, Kinder und Haushalt. Das ist eine der Schlussfolgerungen des "Ravensburger Elternsurveys - Elterliches Wohlbefinden in Deutschland", dessen erste Ergebnisse am Donnerstag vorgestellt werden und der taz vorliegen.
Die Studie, eine Kooperation der Stiftung Ravensburger, der Berliner Humboldt-Uni und des Sozio-oekonomischen Panels am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, untersucht zum ersten Mal, was Eltern heute brauchen und wollen, um glückliche Kinder zu erziehen und dabei selbst zufrieden zu sein.
Die Forscher haben sich dabei nicht nur, wie häufig üblich, auf die materielle Situation von Familien konzentriert, sondern Komponenten wie Bildung, Erwerbstätigkeit, Gesundheit, familiäre und andere soziale Netzwerke abgefragt und diese miteinander in Verbindung gesetzt. Außerdem wurden Mütter und Väter getrennt befragt. Und das brachte überraschende Erkenntnisse zutage.
So modern, wie sich Eltern nach außen geben, sind sie nach innen nämlich nicht in jedem Fall. Oder anders gesagt: Zwar kommt die klassische Hausfrauenehe für die Befragten nicht mehr in Betracht, Mütter wie Väter plädieren für das zeitliche Nebeneinander von Erwerbs- und Betreuungsarbeit für beide Elternteile. Aber an Spüle und Wischmopp hält sich hartnäckig traditionelles Rollenverhalten.
Das ist überraschend und auch wieder nicht. Denn das Umfrageergebnis bestätigt frühere Familienstudien. Aber es erstaunt doch, weil wahr ist, was man nicht wahrhaben wollte.
Am deutlichsten zeigt sich das, so schreiben die beiden Autoren, der Familiensoziologe Hans Bertram und die Familienökonomin Katharina Spieß, "bei der faktischen und der gewünschten Arbeitsteilung beim Wäschewaschen". 85 Prozent der Mütter gaben an, die Wäsche allein zu waschen. Aber nur 58 Prozent wollen das auch. 28 Prozent schätzen es, sich dabei mit dem Partner abzuwechseln, 4 Prozent würden diese Aufgabe gern ganz an den Mann abgeben.
79 Prozent der Väter sagten, ihre Partnerin sei zuständig für die Wäsche, und fast genauso viele Männer (73 Prozent) plädieren dafür, dass das auch so bleibt. Bei den handwerklichen Tätigkeiten ist es sogar noch ausgeprägter: Mehr als drei Viertel der Väter gaben an, den Nagel in die Wand zu hauen und die Autobatterie aufzuladen. Fast genauso viele Frauen sehen den Bereich gern weiter in Männerhand.
Die Autoren interpretieren dieses Phänomen als "Spezialisierung im Haushalt auf der Basis von Gemeinsamkeiten" und verweisen auf den französischen Soziologen Jean-Claude Kaufmann: 700 Jahre Kultur beim Umgang mit der Wäsche als Teil der weiblichen Sozialisation ließen sich nicht innerhalb von zwei Generationen überwinden.
Traditionell bleibt es auch, betrachtet man die Arbeitszeit. Diejenigen, die mehr als 45 Stunden in der Woche arbeiten, finden das super und kämen auch nicht auf die Idee, die Stundenzahl zu reduzieren. Es ist müßig zu betonen, dass es sich hierbei fast ausschließlich um Väter handelt. Während Frauen, die ohnehin häufiger Teilzeit arbeiten, Familie als "zweite Schicht" erleben.
Auffallend ist auch, dass es Frauen für die eigene Karriere nicht unbedingt nützt, wenn der Mann im Job kürzertritt: Die gewonnene Zeit wird nicht in die Erwerbsarbeit der Mutter investiert, sondern in die Familie. Dadurch seien Frauen, schreibt die Studie, "lebenslang ökonomisch und beruflich" benachteiligt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“