SPD-Sumpf: Baupolitiker profitiert von Baupolitik
Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer fordert eine Offenlegung der Vergabe von Aufträgen an den SPD-Baupolitiker Hillenberg. Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft hatte ihn direkt beauftragt.
Die Vergabe der Planungsleistungen an den SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg für die Sanierung der Plattenbauten in Buch hat nun auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg-Junge-Reyer (SPD) in Alarm versetzt. "Die Senatorin hat am Freitag die Howoge aufgefordert, alle Vergabeverfahren der Vergangenheit ausführlich offenzulegen", sagte Junge-Reyers Sprecherin Petra Rohland der taz. Hillenberg ist stellvertretender Vorsitzender des Bauausschusses im Abgeordnetenhaus.
Wie berichtet hat die Howoge im Mai 2009 4.127 Wohnungen in Buch von der Gesobau erworben. Beide Gesellschaften gehören zu 100 Prozent dem Land Berlin. Bis 2014 sollen alle Wohnungen saniert werden, der erste Bauabschnitt mit 654 Wohnungen soll in diesem Jahr beginnen. Den Bewohnern hatte die Howoge teilweise eine Verdoppelung der Miete angekündigt. Inzwischen rudert sie zurück. Derzeit führten die Mitarbeiter Gespräche mit allen Mietern, sagte eine Sprecherin.
Keinen Grund, die bisherige Geschäftspraxis zu ändern, sah die Howoge dagegen bei der Vergabe der Planungsleistungen. Man setze "bewusst auf die kontinuierliche Zusammenarbeit" mit einigen Planungsbüros, ließ die Howoge am Freitag verlauten. Damit räumte sie ein, Aufträge in der Vergangenheit auch direkt vergeben zu haben.
Für die Sanierung der Platten in Buch hat die Firma IPB.B von Ralf Hillenberg den Zuschlag erhalten. Eine Ausschreibung hat es dabei nur für ein Bürgerzentrum gegeben. Die übrigen Planungsleistungen waren direkt an Hillenberg vergeben worden. Das Investitionsvolumen der Howoge in Buch liegt bei 80 Millionen Euro. Die Planungsleistungen liegen bei zehn bis 15 Prozent der Gesamtkosten.
Solche Leistungen müssten zwingend ausgeschrieben werden, sagte der Vergaberechtler Günter Brombusch der taz. Da es sich bei einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft um einen öffentlichen Auftraggeber handele, gelte die "Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen" (VOF). Die sieht vor, dass Planungsleistungen ab einer Summe von 197.000 Euro netto ausgeschrieben werden müssen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Florian Graf, forderte, der Vorgang müsse ohne Ansehen von Personen schnellstens aufgeklärt werden. "Sollten sich dabei Unregelmäßigkeiten herausstellen, müssen Konsequenzen gezogen werden", so Graf zur taz. Einen Schritt weiter ging der baupolitische Sprecher der FDP, Albert Weingartner. Er forderte die SPD-Fraktion auf, "Hillenberg umgehend aus dem Bauausschuss zu entfernen".
Unklar bleibt die Rolle von Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer beim Verkauf der Wohnungen an die Howoge. Auf einem Bürgerforum im April 2009 hatte der Prokurist der Gesobau, Lars Holborn, erklärt, auch seine Gesellschaft habe in Buch sanieren wollen. Doch die geplanten Maßnahmen seien für das Land nicht ausreichend gewesen. "Hier hat der Anteilseigner ganz klar seinen Willen geäußert", so Holborn damals. Jung-Reyers Sprecherin Rohland wies den Vorwurf, dass ihre Verwaltung eine Luxusmodernisierung gewollt habe, zurück.
UWE RADA, SEBASTIAN HEISER
Leser*innenkommentare
Schwabe Elisabeth
Gast
Ihr taz.de Artikel und die Kommentare dazu sind große Klasse. Mir direkt aus der Seele geschrieben! Danke!!! band
Mieter
Gast
Drucksachen der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin
VI. Wahlperiode
Antrag zur Beschlussfassung – Drucksachen-Nr. DS/1540/VI vom 17. 12. 2009
Keine Kooperation mit Mietpreistreibern
Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:
Das Bezirksamt wird ersucht nur noch mit solchen Wohnungsunternehmen werbewirksame Kooperationen einzugehen, die eine bürgerfreundliche Mietpreispolitik nachweisen können.
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Begründung:
Die jetzige Praxis von ansässigen, oftmals landeseigenen Wohnungsunternehmen wie etwa die HOWOGE oder die DEGEWO, bei Bestandsmieten den Spielraum, den der Mietspiegel bietet, bis zur Kante auszureizen und bei Neuvermietungen deutlich drüberzulegen, führt zu einer selbstinduzierten Mietpreis-Spirale, die den Wert für die Vergleichsmieten, der alle 2 Jahre festgestellt wird, nach oben schraubt.
Diese Praxis beschleunigte nachweislich die Gentrifizierung und Ghettoisierung von Straßenzügen (letzteres z. B. Löwenberger Str. 2-4, Weißenseer Weg 1-2) und ganzen Stadtteilen auch in Lichtenberg und führt neuerdings zu einer unangemessen hohen Inanspruchnahme von Subventionen für überteuertes Wohnen (Wohngeld). Lichtenberg ist neben Friedrichshain-Kreuzberg derzeit unter den Bezirken Spitzenreiter bei der Wartezeit zwischen Wohngeld-Antrag und Bescheid.
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Während seit der Jahrtausendwende in Lichtenberg zweistellige Steigerungen der durchschnittlichen Kaltmieten durchgesetzt wurden, verharrte das Lichtenberger Haushaltsnettoeinkommen im selben Zeitraum konstant bei etwas 1500 Euro und das mittlere Pro-Kopf-Einkommen bei etwa 900 Euro.
Der wichtigste Vermieter und hauptsächliche Mietpreistreiber im Bezirk, die HOWOGE, hat im selben Zeitraum jedes Jahr zweistellige Millionengewinne für den Senat eingefahren. Innerhalb von vier Jahren konnte das Unternehmen dabei seinen Reingewinn verdoppeln.
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Einen kleinen Bruchteil der Gewinne nutzt sie für imagefördernde Charity-Aktivitäten im Bezirk, wie das Sponsern ansässiger Sportvereine und Sozialeinrichtungen oder Patenschaften im Tierpark Friedrichsfelde. Damit verhält sie sich wie ein geltungsbedürftiger Feuerwehrmann, der selber Brände legt, um sie hinterher teilweise zu löschen.
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Die BVV hat den Antrag abgelehnt!
der Made im Speck
Gast
Ihr solltet Euch mal anschauen wie die Bauindustrie die Orts- und Regionalpolitik bestimmen.
Mocaer
Gast
Die Berliner Bauwirtschaft hat ziemlich saubere Hände, ist ja auch kein Wunder, wenn eine Hand die andere wäscht und das fast schon zwanghaft Tag für Tag.
Was mich wundert: dass man nicht schon seit 10 Jahren überprüft, wie die Vergaben unterhalb des "Schwellenwertes" von 200.000€ an Ing.Büros seitens des Senates, also der beiden zuständigen Herren in der BAuverwaltung, erfolgt sind. Welche Kriterien werden zugrunde gelegt? Werden immer wieder dieselben Leute auserwählt? Waren die auch nachhtlig qualitfiziert usw.? Liebe Grüne: da sollte man mal schärfer rangehen.
Ansonsten: klar, der aus der SPD raus aus dem Bauauschuss und dafür den aus der FDP reinsetzen, die sind ja sturm- und kampferprobt, was der nebenberufliche Abgeordnetenberufslebenerwerb angeht und haben soooooo große Taschen, da passt viel rein.