Parlamentswahlen in Irak: Justiz hebt Wahlsperre auf

Ein Richtergremium lehnt den Ausschluss von über 500 Kandidaten ab. Der Streit hatte zu einer Verschärfung des sunnitisch-schiitischen Konflikts geführt.

Am 7. März wird im Irak das Parlament neu gewählt. Bild: dpa

Ein irakisches Richtergremium hat den Ausschluss von mehreren hundert Kandidaten von der für den 7. März angesetzten Parlamentswahl am Mittwoch zurückgewiesen. Ein Ausschuss hatte die Teilnahme von mehr als 500 Bewerbern verhindern wollen, weil diese angeblich hochrangige Mitglieder der Baath-Partei von Saddam Hussein waren. Die Richter sahen dafür aber vorläufig nicht genügend Beweise.

Die Kritik aus dem Regierungslager folgte prompt. Die schiitisch dominierte Parteiallianz von Ministerpräsident Nuri al-Maliki bezeichnete das Richtervotum als "undurchdacht". In der Stellungnahme hieß es weiter: "Selbst jene Kriminellen und Angehörigen von Saddams Milizen, an deren Händen Blut klebt, profitieren von dieser Entscheidung."

Das Verbotsverfahren traf vor allem die Sunniten und die beiden säkularen Bündnisse um den ehemaligen Regierungschef Ayad Allawi sowie Innenminister Jawad Bolani. Viele sahen dahinter einen Schachzug von religiösen Schiiten-Parteien und al-Maliki, ihre Gegner zu schwächen. Meysun Damluji, Sprecherin des Allawi-Bündnisses Irakiya, nannte den Entscheid ein wichtiges Signal für transparente und faire Wahlen. "Mit diesem Entscheid werden mehr Menschen das Gefühl haben, Teil des politischen Prozesses zu sein", sagte Damluji gegenüber der taz. Einer der prominentesten Bewerber, welcher der Entbaathifizierung zum Opfer fiel, war der Abgeordnete Saleh Mutlak, der sich wie Damluji erneut um Mandat bewirbt. Auch Mutlak sei zur Wahl zugelassen, sagte Damluji.

Der Wahlausschluss hatte das politische Klima im Irak derart vergiftet, dass er den Extremisten in die Hand spielte. Viele Sunniten, die jahrzehntelang die herrschende Elite gebildet und die letzte Wahl boykottiert hatten, sahen sich um den Lohn für ihre Abkehr vom bewaffneten Widerstand betrogen. Eine erneute Eskalation des schiitisch-sunnitischen Konflikts schien unvermeidlich.

Nach einer Serie von Anschlägen auf Regierungseinrichtungen und drei Bagdader Hotels verübten Extremisten in den vergangenen Tagen auch mehrere Anschläge auf schiitische Zivilisten. Dabei riss ein Selbstmordattentäter in Kerbela am Mittwoch 20 Pilger in den Tod, als sein mit Sprengstoff bepackter Minibus in der Menschenmenge detonierte.

Um einen neuerlichen Ausbruch des sunnitisch-schiitischen Konflikts zu verhindern, hatten sich die Amerikaner, Europäer und die UNO-Vertretung in Bagdad für eine Zurücknahme des Kandidaten-Banns stark gemacht. Immerhin kamen die Fraktionen überein, auf das langwierige Appellationsverfahren zu verzichten und den Entscheid der Richter zu akzeptieren. Die Überprüfung soll nun erst nach der Wahl stattfinden, womit dann nur 325 und nicht mehr als 6.000 Personen durchleuchtet werden müssen. Damluji zeigte sich zuversichtlich, dass sich der Beschluss auch positiv auf die Sicherheitslage auswirken wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.