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Vorstände von Dax-UnternehmenFrauenfreie Zone

Auf der Hauptversammlung des DAX-Unternehmens Infineon fordern Aktionärinnen mehr weibliche Mitglieder in Vorständen und Aufsichtsräten. Eine Quote würde helfen.

In den Vorständen der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen waren 2009 nur 21 von 833 Mitgliedern Frauen. Bild: dpa

Sie wollen die "gläserne Decke" in Vorständen und Aufsichtsräten zertrümmern: Auf der Hauptversammlung des Halbleiterherstellers Infineon in München nutzten der Verein "Deutscher Juristinnenbund" und die Initiative "Frauen in die Aufsichtsräte" (FidAR) die Debatte, um die anwesenden Aktionäre auf den geringen Frauenanteil in deutschen Führungsgremien aufmerksam zu machen.

In den Vorständen der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen waren 2009 nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nur 21 von 833 Mitgliedern Frauen. Die Aktion wird auf 70 weiteren Hauptversammlungen von DAX-Unternehmen fortgeführt.

"Ja, es gibt zu wenig Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten", sagte Doris Schmitt-Landsiedel, die auf Anteilseignerseite im Aufsichtsrat von Infineon sitzt und am Donnerstag zur Wiederwahl stand. Im Vorstand des Unternehmens ist keine Frau vertreten, im Aufsichtsrat sind es immerhin insgesamt drei.

Als erstes Unternehmen hatte die Initiative die Hauptversammlung des Stahlkonzerns ThyssenKrupp besucht. Dort sei den Vertreterinnen der Aktion "Aktionärinnen fordern ein" vorgeworfen worden, die Forderung nach mehr Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten sei überflüssig und widerspreche dem Leistungsprinzip, sagte Jutta Wagner, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds. "Das ist Quatsch. Wir sagen nicht, dass Positionen nicht nach Leistung vergeben werden sollen", sagte Wagner. Vielmehr wollten die Frauen mit der Aktion erfragen, warum sich der Frauenanteil in den Führungsgremien nicht erhöht.

Um Rede- und Auskunftsrecht auf den Hauptversammlungen zu bekommen, lässt sich die Initiative von Aktionärinnen und Aktionären Vollmachten ausstellen. Sie fragen nach Förderprogrammen und wie Unternehmen ihrerseits einen höheren Anteil von Frauen in den Führungsgremien erreichen wollen.

Nach einem Bericht des DIW sieht es in den Vorständen der 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland außerhalb des Finanzsektors schlecht aus. Vier von 441 Sitzen haben Frauen inne. Die Aufsichtsräte der Top-200-Unternehmen weisen einen Frauenanteil von rund 10 Prozent auf - fast alle werden von der Arbeitnehmerseite entsandt.

"Ohne Quote werden wir nicht weiterkommen", so Jutta Wagner. In den letzten zehn Jahren sei in Deutschland nichts passiert, bestätigt Jutta von Falkenhausen, Vizepräsidentin von FidAR. Beide fordern daher eine gesetzliche Regelung. Der Vergleich zu anderen europäischen Ländern zeigt die Unterschiede: In Norwegen, das seit 2008 eine gesetzliche Frauenquote von 40 Prozent für Aufsichtsräte festgelegt hat, liegt der Anteil der weiblichen Mitglieder in den höchsten Entscheidungsgremien bei 42 Prozent. Auch die Niederlande und Spanien haben die Quote gesetzlich verankert, in Frankreich und Belgien ist sie derzeit in der parlamentarischen Diskussion. Die französische Nationalversammlung hat ein Gesetz verabschiedet, das den 500 größten Unternehmen vorschreibt, dass sie in sechs Jahren eine Quote von 40 Prozent erfüllen müssen. Aktiengesellschaften, die nicht mindestens eine Frau für ihre Führungsgremien nominieren, drohen Sanktionen. Die Entscheidung im französischen Senat steht noch aus.

Das deutsche Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ist weniger progressiv: Es unterstützt zwar die Kampagne "Aktionärinnen fordern ein!". Aber zu dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Stufenplan, der mehr Frauen in Führungspositionen bringen soll, will sich das Ministerium vor Ende Februar nicht äußern. Klar ist: Es gehe nur mit, nicht gegen die Wirtschaft, so ein Sprecher. Den Firmen sollen "verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen" auferlegt werden. Jutta Wagner vom Deutschen Juristinnenbund ist sich sicher, dass mit dem Stufenplan eine Quote in Deutschland kommen wird.

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13 Kommentare

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  • BA
    Burkini AG

    Vielleicht kriegen wir in Zukunft mehr Frauen in Dax-Vorstände, wenn wir es weiter tolieren, dass Mädchen von Familienoberhäuptern die Teilnahme am Schwimm- und Sportunterricht und an Klassenfahrten verboten wird. Der von der taz so süß vorgestellte "Burkini" dürfte auch ungemein zur Emanzipation beitragen.

     

    Nach dem jährlichen Artikel über zu wenig Frauen in Dax-Vorständen warte ich sehnsüchtig auf den wöchentlichen Artikel, mit dem patriarchale Strukturen in bestimmten Teilen unserer Gesellschaft von der taz relativiert werden. Soo inkonsequent!

  • Q
    Quotenheini

    @ Michael

     

    "Dieses Fordern nach Quoten ist nix außer einer riesigen ABM-Maßnahme für Politikerinnen auf dass sie nach Ende ihrer Amtszeiten auch schöne weiche bequeme Sitze in der Nähe von Kaffeemaschinen finden."

     

    So ist es leider. Das wäre wohl dann das Resultat einer Quote. Es wird jetzt schon genug Geld verschwendet.

     

    Soll denn dann ein Ministerium für Gleichberechtigung entstehen? Mit einem Jahresetat von wieviel ?? 5 Millionen Euro? 10 ?? 20 ?? 100 Millionen ??

     

    JAjajajaja, werden die Gender-Emanzen schreien, das muss sein, unbedingt. Frauenförderprogramme, Quote, jajajajaja.

     

    Wie es in einem solchen Projekt dann aussieht, kenne ich aus eigener Erfahrung als studentische Hilfskraft an einem "Genderprojekt" an einer ostdeutschen Universität.

     

    Schamlose Geldverschwendung (Reisekosten, Spesen, Abrechnungsfälschung), Bevorteilung eigener Günstlinge durch die Professorin, Vernachlässigung des Projekts usw. - kurz gesagt, es ging nur um Macht und nicht um die Sache.

     

    STOPPT DEN GENDERWAHN!!!

  • A
    anke

    Ich fürchte, um die "von oben" verordnete Quote wird "die deutsche Wirtschaft" langfristig nicht herum kommen. Das Instrument ist zwar (und ganz zu recht) ausgesprochen unbeliebt, aber die Vehemenz, mit der die Entscheider auf "unheilbare Dummheit" plädieren, lässt "der Politik" kaum eine andere Wahl. Mit ihrem Beharren auf dem westerwelleschen Leistungs-Modell schaden die Herren Maurer nicht nur dem Wirtschaftsstandort Deutschland, sie schadet der Entwicklung der Gesellschaft insgesamt. Und wo Einzelne der Gesamtgellschaft schaden, wird "der Staat" früher oder später eingreifen. So lange zumindest, wie er noch Wert auf eine demokratisch legitimierte Existenz legt. Kein Wunder also, wenn so viele Männer (und selbst etliche Frau) ihn geradezu hasst.

  • MN
    Mein Name lautet

    Frage ist aber, ob man das bestehende Patriarchat jemals brechen kann, wenn man nicht zu der Quotenregelung greift. Ich sehe ein, dass das als undemokratisch angesehen wird, aber so lange allein (wir) Männer darüber entscheiden, wer führt und wer nicht, wird es auch weiterhin fast nur Männer in führenden Positionen geben. Man könnte auch sagen, nur Männer haben das Wahlrecht bei der Verteilung von Führungspositionen... das nenne ich undemokratisch. Ach ja und warum zum Teufel richtet man die Wirtschaft zu Grunde, wenn man Frauen in Vorstände einbringt?? Zuletzt haben es wohl eher wir Männer versaut, oder etwa nicht?? Würde gerne mal Zahlen zum Geschlechterverhältnis bei Investmentbankern sehen.

     

    Grüße

  • R
    Rainer

    Das typische Rosinen-Picken der feministischen Berufsfrauen: Für lukrative Posten werden Quoten gefordert. Ich warte auf den Tag, an dem diese Feministinnen Frauenquoten im Bergbau, in der Müllabfuhr usw. fordern.

  • A
    Andreas

    Also wenn Frauen ja so viel leisten um in Vorstände zu kommen und es auch so dolle wollen und ohnehin in allem besser sind, warum müssen sie dann immer extra gefördert werden?

    Und warum wird mal wieder nur eine Quote für ganz oben gefordert und nicht auch für ganz unten? DOch nicht etwa Rosinenpickerei, das würen ja Frauen bekanntlich nie wollen.

  • Q
    Quotenheini

    Dieser Quotenunsinn sollte nicht noch staatlich gefördert werden. Man denke nur an die zusätzliche Bürokratie und die dadurch entstehenden Kosten. Bitte nicht.

     

    Aber die meisten der QuotenbefürworterInnen haben von betriebs- und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen keine Ahnung, sondern glauben an die Allmacht des Staates.

     

    Wo liegen die Probleme?

     

    Frauen bekommen Kinder, Männer nicht. Kinder und Kinderbetreuung müssen stärker gefördert werden.

     

    Das aktuelle Urteil zu den Hartz-4-Sätzen war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber nur ein kleiner.

     

    Die wahnwitzige Ideologie des Gender Mainstreaming wird in einem bestimmten Milieu kritiklos übernommen, als ginge es um eine Erlösung der Menschen von allem Übel der Welt.

     

    Die Gender-Industrie darf ja an sich nie zugeben, dass überhaupt einmal irgendein Fortschritt bezüglich eventueller Ungleichbehandlung erreicht worden ist.

     

    Warum?

     

    Sie würde ja an ihrem eigenen Ast sägen.

     

    STOPPT DEN GENDER-WAHNSINN

  • E
    Eviathan

    Dann brauchen wir sicher auch bald Quoten für geistig Behinderte, Kinder und Pantomimen. Die schaffen es ja bestimmt nur deshalb nicht in die DAX-Vorstände, weil gläserne Decken und sonstige dunkle Mächte sie daran hindern, nicht etwa, weil sie's nicht können oder wollen.

     

    Tolle Idee.

  • M
    Michael

    Man muss sich mal anschaun wer überhaupt in Vorständen und Aufsichtsräten sitzt. Politiker, Juristen und Chefs anderer großen Firmen.

     

    Dieses Fordern nach Quoten ist nix außer einer riesigen ABM-Maßnahme für Politikerinnen auf dass sie nach Ende ihrer Amtszeiten auch schöne weiche bequeme Sitze in der Nähe von Kaffeemaschinen finden. was tut man nicht alles um die von der Straße weg zu haben. Das müssen noch Zeiten gewesen sein, als Leute Firmen geleitet haben die was davon verstehen oder sie selbst aufgebaut haben. Das es Berufsmanagerinnen besser machen als Berufsmanager ala Ackermann, kein Gedanke daran. Die Stichproben wo Frauen sich wirklich mal auf diese Positionen hochgearbeitet haben sind ja leider eher gering.

  • RW
    Robert Wolf

    @FelixSchwarz. Was ist an einer Männerherrschaft denn demokratisch?

     

    @MeinName: Warum fehl am Platz? wenn man genauso geeignet ist für den Job wie die anderen, ist es doch nur recht und billig, dass man ihn nicht versagt bekomme nur weil man eine Frau ist.

     

    @Gähn: Gelöst villeicht nicht, aber andere Lösungswege werden aufgezeigt.

     

    Freiwillige Selbstverpflichtig bringt nicht, dass zeigen die Zahlen der letzten Jahre. Die Unternehmen müssen gesetzlich gezwungen werden auch die andere Hälfte der Gesellschaft am Wirtschaftleben partizipieren zu lassen.

  • F
    FelixSchwarz

    Soll jetzt auch die Wirtschaft zugrunde gerichtet werden? Quoten sind zutiefst undemokratisch!

  • MN
    Mein Name

    Als Quotenfrau mit Alibi-Funktion käme ich mir im Vorstand eher fehl am Platze vor. Aber andererseits würde das fürstliche Entgelt wohl jegliche Zweifel bald zerstreuen.

    Förderprogramme für Frauen? Verstoßen die dann nicht gegen das AGG?

  • G
    Gähn

    Die Probleme dieser Gesellschaft werden sicherlich nicht durch Frauen in Vorständen gelöst.