Eine harte Nuss

Was macht man mit einem „illegalen“ Polizeirevier? Behalten. Denn der Verkauf der Neustadt-Wache in der Schulstraße ist faktisch unmöglich

Bremen taz ■ Nein, die Arbeit auf der Wache Schulstraße, dem „Kommissariat Süd“, ist nicht illegal. „Die Grundlage unseres Handelns ist ja nicht das Baurecht, sondern das Grundgesetz“, betont Polizeisprecher Heiner Melloh. Hintergrund der Nachfrage: Der Innensenator hatte am Rande einer Pressekonferenz zur Polizeireform bekannt gegeben: „Uns ist aufgefallen, dass das Revier gar nicht dort stehen darf, wo es steht.“ Nämlich mitten im öffentlichen Grün, in den Neustädter Wallanlagen.

Der gültige Bebauungsplan weist das Areal als Grünzug aus, auf dem man spazieren gehen, aber keinesfalls wohnen oder arbeiten darf. Da die Polizei bereits 1950 dort eingezogen sei, gelte für diese Nutzung jedoch eine Art Bestandsschutz, erklärt Innenressort-Sprecher Markus Beyer. Trotzdem stellt der nicht vorhandene Eintrag die Innenbehörde vor ein großes Problem. Eigentlich soll das Revier im Zuge der Reform an den Flughafen verlegt werden. Um das zu finanzieren, muss aber das jetzige Gelände verkauft werden, was nur mit korrektem Plan geht. „So was hatten wir noch nie“, erklärt der zuständige Kriminaldirektor.

Lediglich die Nachnutzung durch andere Ämter wäre denkbar. Da im „Konzern Bremen“ (das Konglomerat aus städtischen Behörden und Gesellschaften) alle aufgefordert sind, Gebäude „freizuziehen“, besteht jedoch alles andere als öffentlicher Raumbedarf. Die Behörden sollen schrumpfen und sich irgendwo billig einmieten, schließlich sind die Erlöse aus dem Gebäudeverkauf beim Finanzsenator bereits eingeplant.

Das zweite Problem der Neustädter Wache: Die Immobilie ist nicht attraktiv. Das Innere besteht überwiegend aus kleinen Räumen mit extrem dicken Wänden, die Flure sind umso breiter – auf ihnen wurde einst in Viererreihe marschiert. Der zweiflügelige Ziegelbau ist der letzte Rest eines 1967 abgerissenen Kasernenareals aus dem 19. Jahrhundert. Von daher datieren Arrestzellen ohne Abflussmöglichkeiten, wenn sich das weibliche Personal umziehen wolle, so wird erzählt, müsse quasi der Flur gesperrt werden – woanders sei dafür nämlich kein Platz.

Als Sanierungskosten werden gut zwei Millionen Euro angenommen: Eindeutig zu viel, um den Verbleib in der Schulstraße zu rechtfertigen. Sollte sich diese Schätzung demnächst erhärten, ist der Auszug wohl nur noch eine Frage der Zeit.

In der Neustadt ist man darüber nicht erfreut. „Bei uns ist die Stimmung: Wir wollen die Polizei nicht einfach laufen lassen“, sagt Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer, das sei eine Frage subjektiven Sicherheitsgefühls. Wird deswegen die Nachnutzung per Beibehaltung des Bebauungsplans blockiert? Laut Fischer geht es dem Beirat um den Erhalt der Parkanlage. Fischer: „Wir sind ein Gründefizitgebiet“, eine Privatisierung öffentlichen Grüns käme deswegen „nicht in Frage“. Die Befürchtung: Kann die Wache frei verkauft werden, ist ein Abriss wahrscheinlich. Wenn sich dann ein Neubau als Riegel in den Grüngürtel schiebe, würde dessen mit Millionenaufwand betriebene Herrichtung konterkariert.

Die Polizei scheint sich somit in einer ziemlichen Zwickmühle zu befinden, zumal das Bauressort den Neustädter Beirat in seiner Haltung unterstützt. Diesen Donnerstag berät das Ortsamt mit der „Gesellschaft für Bremer Immobilien“ (GBI) über das weitere Vorgehen. Auch andere Problem-Immobilien wie die ehemalige Stadtteilbibliothek, die Schulgebäude Kornstraße und Gottfried-Menken-Straße stehen auf der Erörterungsliste.

Henning Bleyl