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"Die Leute bekommen zu viel Geld vom Staat. Hat er damit recht? Im Einzelfall vielleicht ja, generell aber nicht,..."
Für wen halten sie sich ?... schon mal 2-3 Jahre von 345 Euro im Monat gelebt ?....saubblödes Gewäsch!
Lieber Herr Koch,
ich schlage vor, sie gehen in Hartz IV und sagen Ihrem Sachbearbeiter, dass Sie sich gegen die Arbeitssuche entschieden haben, weil Sie Ihre Selbstachtung nicht verlieren wollen. Als freier Mensch sei es Ihnen lieber, die Bezüge einfach so zu bekommen, das stünde Ihnen der Menschenwürde wegen zu. Da werden Sie sich aber umgucken! Menschen in Hartz IV haben diese Freiheit nicht. Genauso wenig wie jeder andere. Wenn ich meinem Chef sage, ich kündige und gehe, dann zahlt der nämlich mein Gehalt nicht weiter. Weiß nicht wie das bei der taz ist - schätze, ähnlich. Und dann viel Spaß mit der Selbstachtung.
Keine Ahnung, auf welchem trip Sie zu diesem Ihrem Fazit gekommen sind, aber ich will auch was von dem Stoff haben.
Man sollte die Politiker mal fragen, ob sie für die
Hälfte ihrer Diäten arbeiten würden. Bestimmt nicht.
Die trennen sich ja nicht mal von ihren "Gefälligkeitsbezügen". Gerade so ein Hetzer wie Westerwelle, der sich über sage und schreibe 24- Nebeneinkünfte für (ohne Arbeit) freuen kann, sollte sich eigentlich geschlossen halten. man lässt sich vom
Kapital kaufen und hetzt die Geringverdiener gegen die
Bedürftigen aus. Man kann die Wirtschaft nur wieder in
Gang bringen indem man keine Hungerlöhne mehr bezahlt.
Hätte man keine Hungerlöhne bezahlt und oben hätte mehr kalkuliert werden müssen, wäre auch nicht so viel
verzockt worden. Das zeigt doch, das man oben zu viel hat, weil man unten die Menschen darben lässt. Wie will man die Wirtschaft ankurbeln, wenn die Masse des Volkes immer ärmer wird. Oben die fressen bereits mit sieben Mäulern-, die sind längst satt.
Der Neoliberalismus führt uns in einen neuen Krieg, durch die eigene Dummheit. Man sollte sich mal fragen, ob der Turbo-Kapitalismus nicht auch den Terrorismus fördert.
Freie Wahl der Armut! Gehts noch?
Schon mal gehört, taz, dass es Millionen Menschen in diesem Lande sind, ob Hartz-4 Empfänger oder Niedriglöhner, die lediglich die ach so freie Wahl haben, an welchem Tag sie zur Tafel gehen? Tafeln, taz, das ist da, wo die freien Wähler, von denen hier geschrieben wird, sich treffen, um am Monatsende über die Runden zu kommen. Schon mal davon gehört?
Schon gehört, dass es immer mehr werden, die so frei sein MÜSSEN?
P.S.: Herr Koch, einfach im Netz unter 'Tafeln' recherchieren, dann wissen Sie, was das ist.
Zitat: "Wir müssen uns damit arrangieren, dass die Menschen schlicht die freie Wahl haben:
Suche ich Arbeit oder lasse ich es bleiben?"
Da tun die taz und ihr Herr Koch ja so, als ob es was tolles, "freies", wäre, wählen zu können zwischen einem Lohn bei Vollzeitarbeit auf Hartz-4-Niveau oder gleich Hartz-4-Bezug. Welch "freie" Wahl!Arm macht beides!
Sorry, taz, das ist zynisch. Hier wird uns der Mechanismus der Armutsentstehung als sozusagen 'hip' verkauft.
Dass Menschen auch bei Vollzeitbeschäftigung als Folge von Niedrigstlöhnen ihren Lebensunterhalt
nicht bestreiten können und bei Vollzeitarbeit verarmen ist ein Skandal in diesem Land und hat nichts sportliches oder "freies".
Tja Herr Häußner, was würde ich arbeiten bei einem bedingungslosen Grundeinkommen? Ganz ehrlich: ICh würde gar nicht arbeiten. Ohne den leidigen Zwang zum Geldverdienen fielen mir -vor allem im Sommer- genug Dinge ein, mit denen ich mir den Tag vertreiben, mit denen ich mich beschäftigen könnte. Ganz ohne jeden Stress und Ärger.
Und mit dem BGE das Bandbreitenmodell bekannt machen!
Zitat: "Heute müssen sich fast alle Menschen der Wirtschaft unterwerfen. Das Bandbreitenmodell (BBM) kann es umdrehen und die Wirtschaft den Menschen unterordnen. Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne gibt es nicht mehr."
http://www.bandbreitenmodell.de/faq.html
Motivation kann niemals durch Zwang o.ä. Maßnahmen erreicht werden, sondern durch ein Instrument welches die Interessen von Unternehmern und Mitarbeitern zusammenführt.
Sehr geehrter Herr Koch,
im Ansatz bringen Sie es zwar auf den Punkt -
doch was hat das noch mit "freier" Wahl der Arbeitnehmer zu tun?
Es ist eine Ausnutzung der wirtschaftlichen Notlage der Betroffenen, die eben "keine Wahl" mehr haben.
Die Lösung muss sein: Alle Arbeitnehmer "verdienen" eine angemessene Entlohnung und allen Bedürftigen gehört ein Grundein- bzw. -auskommen- alles andere ist menschenverachtend und hat mit unseren Grundrechten und Freiheit nichts zu tun.
Die öffentliche Diskussion geht von der irrigen Annahme aus: Arbeit ist für alle da!? Warum gibt es dann so viele Arbeitslose?
Die Frage, wer das jetzt finanzieren soll, ist mit Sicherheit nicht an die Menschen in unserem Land zu richten.
Die Verantwortung und die Ursachen des sozialen Ungleichgewichts liegen nämlich nicht bei den "Hartzern" oder Kranken, Alten usw. sondern bei Politikern und Wirtschaftsunternehmen, die ihre volkswirtschaftliche Verantwortung auf den Rücken der Allgemeinheit abwälzen bzw. abgewälzt haben. Der -in der Tat- nicht hinzunehmende Zustand
sind allein die "Früchte" deren Politik.
Diese allein haben nun eine "Freie Wahl": Wer soll die "Erntekosten" zahlen, für Früchte, die sie eingefahren haben?
Beste Grüße.
Keine guten Löhne: sinkende Einnahmen bei Staat und Wirtschaft: sinkende Diäten der Abgeordneten und Bezüge der Minister.
dieser stumpfsinn ist eigentlich ein grund die taz zu meiden.
Höhere Löhne können sicher ein Anreiz sein, aber die sind doch gar nicht gewollt. M.E. ist die momentane Situation gerade für die Wirtschaft wunderbar, weil sich doch immer noch jemand findet, der den Job für weniger macht oder vom Arbeitsamt gezwungen wird, im Zweifelsfall für einen "Hungerlohn" als Aufstocker anschaffen zu gehen. Die Arbeitslosen sind letztendlich ein wunderbares Druckmittel gegenüber den Arbeitnehmern.
Eine wesentlichste Frage bleibt jedoch wie immer ausgespart: Wie schaffen wir derart viele neue Arbeitsplätze, dass jeder Arbeitslose theoretisch einen bekommen kann? Und welcher Unternehmer will das schon? Denn in einer Welt nahe der Vollbeschäftigung hätten die Arbeitnehmer doch eine Machtposition, die kein Arbeitgeber erleben möchte.
Es gibt wege aus dieser Problematik. Man muß einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10€ einführen, und Verstöße dagegen auch konsequent strafrechtlich ahnden. Eine Bezahlung unter 10 Euro muß nach der Einführung eine Straftat darstellen. Was is fast allen anderen europähischen Ländern geht, die schon einen Mindestlohn haben, muß auch hier in Deutschland gehen. Sonst hätten wir in den Ländern, wo ein Mindestlohn schon gibt, ein Heer von Arbeitlosen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Also ich verstehe die Ablehnung des Mindestlohnes durch die bürgerlichen Parteien nicht. Führt den Mindestlohn endlich ein und schafft Hartz IV ab.
URSACHE und Wirkung aller Probleme unseres "Zusammenlebens" wie ein Krebsgeschwür, ist der Wettbewerb um das "Recht des Stärkeren" der "freiheitlichen" Marktwirtschaft - nur eine systemrational-gebildete Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche glaubt an "gesundes" Konkurrenzdenken für die stumpf- wie wahnsinnige Hierarchie in materialistischer "Absicherung"!?
"Freie Wahl der Armut" - "Chancengleichheit" ist abhängig von der Gleichgültigkeit!?
Interessant. Also sind nicht fehlende Arbeitsplätze, sodern mangelnde Motivation der Arbeitslosen wegen zu geringer materieller Anreize das Hauptproblem? Dass die seit Wochen dazu kursierenden Zahlen hinten und vorne nicht stimmen, kann man hier http://www.bildblog.de/16128/wie-sich-alle-mit-hartz-iv-verrechnen/ nachprüfen. 'Wir müssen uns damit arrangieren, dass die Menschen schlicht die freie Wahl haben: Suche ich Arbeit oder lasse ich es bleiben?' - Millionen sind also aus freier Wahl arbeitslos? Das sehen Westerwelle, Roland Koch und 'Bild' bekanntlich auch so. Irre Logik: wer bei der Reise nach Jerusalem keinen Stuhl bekommt, war nur nicht motiviert genug.
Mindesteinkommen statt Mindestlöhne
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Wir haben durch die computertechnische Revolution in den letzten 40 Jahren den schleichenden Wandel von der Industriegesellschaft zur nachindustriellen Dienstleistungs-, Wissens- und Kulturgesellschaft.
Das bedeutet, dass Erwerbsarbeit zunehmend einkommenslos wird und umgekehrt werden zunehmend Einkommen leistungslos aus Zins- und Dividendenerträgen erzielt.
Damit die Gesellschaft nicht in wenige Reiche und viele Arme zerfällt und dadurch keine demokratische Legitimation mehr gegeben ist.
Aus diesem Grund muss der volkswirtschaftlich, mit Hilfe von Maschinen und Computerprogrammen, arbeitsteilig geschaffene Mehrwert - teilweise sozialisiert - werden.
Dies kann durch eine höhere MwSt geschehen. Die EU lässt derzeit einen Höchstsatz von 25% zu. Aus diesem erhöhten MwSt-Aufkommen wird einen Sozial- und Kulturdividende pro BürgerIn ausgezahlt bzw. verrechnet – über die persönliche Steueridentifikationsnummer. Damit wären wir beim bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Das BGE wäre demnach nicht nur ein ausgezahlter MwSt-Freibetrag sondern die Generalstransferzahlung. Bisherige Transferzahlungen, wie Kindergeld, Elterngeld, BaföG oder Rentenzahlungen würden gegengerechnet.
Durch das BVG Urteil zu HARTZ IV wurde ja ein neues Grundrecht geschaffen: das Grundrecht auf ein soziokulturelles Existenzminimum!
Erst dadurch stellt sich - im Sinne von Hannes Koch - folgende Frage:
Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Grund-Einkommen gesorgt wäre – und zu welchem Lohn?
Mehr dazu unter www.unternimm-die-zukunft.de
L.P. Häußner, Karlsruhe
"Was bleibt? Wir müssen uns damit arrangieren, dass die Menschen schlicht die freie Wahl haben: Suche ich Arbeit oder lasse ich es bleiben? Die Selbstachtung spielt zunehmend eine Rolle bei dieser Entscheidung".
Cool und flott geschrieben. Armut muß was schönes sein, so wohl das ungeschriebene Fazit dieses Artikels.
Jeder 7. in diesem Lande ist arm-und ein quasi "ist halt so" eines Herrn Koch ist alles, was die taz dazu zu sagen hat?
Aber damit bewegt er sich auf der Höhe der Analysefähigkeit von immer mehr aktuellen Autoren der taz.
Seltsam, den gleichen Kommentar vom gleichen Autor habe ich ebenfalls heute in meiner bürgerlichen Lokalzeitung gelesen und habe mich bereits dort darüber geärgert.
In der taz bin ich allerdings noch mehr darüber verwundert, dass der Bezug von ALG II als eine freie Entscheidung auf Grund wirtschaftlicher Erwägungen dargestellt wird. Schließlich ist der Grund für den Bezug, dass es keinen zumutbaren Arbeitsplatz gibt, nicht, dass der Arbeitssuchende diesen auf Grund wirtschaftlicher Erwägungen ablehnt. Hier wird unbesehen die westerwellische Wertung überbernommen und so getan, als gäbe es das bedingungslose Grundeinkommen schon.
Ich fürchte, unter den Zielgruppe der taz gibt es mehr FDP-Wähler als man gemeinhin so denkt und noch mehr, die eigentlich FDP-Wähler sind, es aber wohl noch nicht wahrhaben wollen.
"In einer heterogenen Dienstleistungsökonomie mit ihren Teilzeitjobs und flexiblen Arbeitszeitmodellen wird es immer Beschäftigte geben, die quasi für jeden Lohn arbeiten".
Die Neoliberalen haben seit Schröder/Fischer (=SPD/Grüne!) ihr Ziel erreicht.
Laufen bald wieder Leute herum mit den Schildern: Nehme jede Arbeit für jeden Lohn?
Die Diskussion nun lautet: absenken der Sozialleistunhg Hartz-4, um Niedrigstlöhne attraktiv zu machen.
Arbeiten, um dabei zu verarmen, während andere durch zB massive Steuererleichterungen ungleich besser gestellt werden? Die Krankenschwester zahlt den gleichen Steuersatz, den Spitzensteuersatz nämlich, wie die Chefärzte des Krankenhauses.
Die Politik in diesem Lande stinkt zum Himmel.
Diese Armut ist nicht Gottgegeben und unabänderlich, wie dieser Artikel suggeriert. Diese Armut ist das Ergebnis bewußter politischer Entscheidungen und so gewollt.
Der Armutshöhepunkt ist lange nicht erreicht. Seit den sogen. rot/grünen Reformen weiß jeder, dass auch z.B. die Altersarmut massiv ansteigen wird.
Der neoliberale Umbau des Landes läuft. Die Diskussion wird (nach Sloderdijk) dahingehend geführt, irgendwann die Sozialsysteme ganz abzubauen und auf die Mildtätigkeit der Reichen zu hoffen.
Die politische Klasse dieses Landes bastelt an einem anderen Staat. Sie schätzen diese Gesellschaft, wie sie seit 1949 gestaltet wurde, nicht. Sie möchten sie zu ihrem und dem Vorteil ihrer Klientel verändern.
Weimar grüßt schon.
Ein wirklich sehr guter Kommentar, der das eigentliche Problem mit Ursache und Wirkung aufzeigt.
Vielen Dank und einen schönen Tag noch.
[Dieses E-Mail soll noch einmal den Spendenaufruf
"H a i t i" des "A t h o s von Graz" (laut
"STEIRERKRONE") - des Grazer Kalvarienbergs -
begünstigen.]
Ich erlaube mir, meiner Notiz vom gestrigen Abend
noch die Frage hinzuzufügen - Deutschland und Rom:
sehr simpel scheint es doch nach christlicher
Auffassung ein Unrecht, daß sich in spätrömischer
Zeit ein neuer - nicht nur deutscher! - Adel durch
ein Eheverbot zu konstituieren sucht. Wenn Gott
Frau und Mann verbindet, scheint ein solches Verbot
unmöglich. Aber, wie man weiß: 1837 sollte noch
einmal bei Bayern
http://de.wikipedia.org/wiki/Summo_iugiter_studio
(ich zitiere als Mitarbeiter der "Wikipedia")
der Schlüssel für ein "Mischeheverbot" liegen,
unter dem Gesichtspunkt der "Konfession". Glauben
Sie, daß man als Christ ein Gegenargument gegen
den Vorwurf vorbringen kann, die Geschichte
sei nur von Unrecht und Willkür beherrscht?
Siegfried P. Posch
Noch einmal zur "Dekadenz Roms": ich behaupte nicht,
Deutschland habe den Höhepunkt seiner Ausstrahlung
über die Welt dort erreicht, wo es sich am
unbedingtesten zum "dekadenten Rom" bekannte:
unter dem sächsischen Kaiser Otto III. im Jahr
1000 - s. Gert Althoff, OTTO III. Obwohl dort
Ungarn und Polen deutsches Christentum annahmen,
war das kein Höhepunkt. Aber trotzdem: warum, genau,
wurden schon unter Ottos Nachfolger Heinrich II.
der Investiturstreit und die Instrumentalisierung
des deutschen Schwertes durch die Kreuzzüge
unvermeidlich? Heinrich II. war Erbe gemäß dem
Erbrecht Bayerns - s. Hellmuth Rößler, DEUTSCHE
GESCHICHTE, S. 80.
Siegfried P. Posch
"[...]Mindestlöhnen. Fraglich allerdings erscheint dabei die Wirkung. In einer heterogenen Dienstleistungsökonomie mit ihren Teilzeitjobs und flexiblen Arbeitszeitmodellen wird es immer Beschäftigte geben, die quasi für jeden Lohn arbeiten." Wie kann man aus einer Ökonomie mit flexiblen Arbeitsverhältnisssen ableiten, dass ein Mindestlohn nicht funktioniert? Gerade hier wäre ein Mindestlohn notwendig, damit der Leiharbeiter genau so seinen Grundbedarf decken kann wie der regulär Beschäftigte. Wie soll es denn eine freie Wahl geben, ob man arbeitet, wenn es überhaupt nicht genügend Jobs gibt? Wer von einer Wahlfreiheit ausgeht, sollte auch daran denken. Gerade hier muss man regulierend eingreifen, statt von einer Wahlfreiheit zu sprechen: staatliche Begrenzung der Wochenarbeitszeit. In Frankreich geht das auch. Die Unternehmen wandern ins Ausland ab? Auch die Entwicklung ist politisch gewollt und kein Naturgesetz. Nur durch internationale Deregulierung können die Märkte entfesselt werden und es gibt eine internationale Konkurrez - jeder gegen jeden. Auch hier spricht man von Freiheit - nur für wen?
Sehr schwaches Fazit. Vielleicht sollte man eher mal über das Bedingungslose Grundeinkommen diskutieren.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas lässt alte Konflikte in der linken Szene wieder aufbrechen. Ein Dialog erscheint so gut wie unmöglich.
Kommentar Hartz-IV-Debatte: Freie Wahl der Armut
Der materielle Anreiz als Triebfeder wird schwächer, zeigen die Armutszahlen. Wir müssen uns damit arrangieren, dass wir es uns aussuchen können, ob wir arbeiten oder nicht.
Der materielle Anreiz als Triebfeder unserer Gesellschaft wird schwächer. Das zeigen die jüngsten Zahlen zur Armut, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) jetzt veröffentlicht hat. Für die Sozialstaatsdebatte, die FDP-Chef Guido Westerwelle mit seinem Dekadenzvorwurf an die Adresse der Hartz-IV-Empfänger befeuert, heißt das: Er spricht einen heiklen Punkt an, kann aber keine Lösung präsentieren.
11,5 Millionen Menschen waren im Jahr 2008 in Deutschland arm. Seit 1998 ist ihr Anteil auf 14 Prozent der Bevölkerung gestiegen. Eine der wesentlichen Ursachen: Die Arbeitslöhne für viele Jobs sinken. Damit nimmt die Zahl derjenigen Menschen zu, die mit Arbeit ähnlich schlecht dastehen wie mit Hartz-IV-Zuschüssen. Sie sind kaum in der Lage, ihre Lebenssituation durch eigene Berufstätigkeit zu verbessern. Damit wird der materielle Anreiz, selbst für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen, schwächer. Und bei vielen Leuten dürfte diese Triebfeder schon gänzlich ausgeleiert sein.
Das ist der politische Kern der aktuellen Sozialstaatsdebatte in der Bundesrepublik. Wenn FDP-Chef Westerwelle Hartz-IV-Empfängern Dekadenz vorwirft, dann sagt er: Die Leute bekommen zu viel Geld vom Staat. Hat er damit recht? Im Einzelfall vielleicht ja, generell aber nicht, denn die Leistungen bemessen sich am Sozialstaatsgebot.
Gerade erst hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in der vergangenen Woche das Grundrecht auf ein angemessenes Existenzminimum formuliert. Der Weg, die Sozialleistungen weiter zu kürzen, ist damit versperrt. Und wie die neuen Hartz-IV-Härtefallregelungen der CDU-Arbeitsministerin von der Leyen zeigen, muss man sie im Gegenteil sogar anheben.
Um den materiellen Anreiz wieder zu stärken, könnte man umgekehrt aber auch die Arbeitslöhne erhöhen. Dies ist der Sinn der Forderung nach der Einführung von allgemeinen Mindestlöhnen. Fraglich allerdings erscheint dabei die Wirkung. In einer heterogenen Dienstleistungsökonomie mit ihren Teilzeitjobs und flexiblen Arbeitszeitmodellen wird es immer Beschäftigte geben, die quasi für jeden Lohn arbeiten. Der beunruhigende Befund lautet deshalb: Das gesetzliche Lohnabstandsgebot - gemeint ist: der Arbeitslohn soll wesentlich über der staatlichen Unterstützung liegen - funktioniert heute oft nicht mehr.
Was bleibt? Wir müssen uns damit arrangieren, dass die Menschen schlicht die freie Wahl haben: Suche ich Arbeit oder lasse ich es bleiben? Die Selbstachtung spielt zunehmend eine Rolle bei dieser Entscheidung.
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Kommentar von
Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.