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Debatte über Hartz-IV-MissbrauchWenig verheimlicht

Vermögen verschweigen, schwarz ackern oder sich fälschlich krank melden - das gilt als Missbrauch bei Sozialleistungen. Doch das kommt eher selten vor.

74.100 Missbrauchsfälle wurden 2009 bei Hartz IV ermittelt. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Debatte um Missbrauch von Hartz IV und Sanktionen für "arbeitsunwillige BezieherInnen" von Sozialgeldern hält die halbe Republik in Atem. Aber worum geht es eigentlich, wenn von Hartz-IV-Missbrauch die Rede ist? Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat den Begriff definiert: "Leistungsmissbrauch liegt vor, wenn die nicht dem materiellen Recht entsprechenden Leistungen in einem vorwerfbaren Verhalten des Leistungsbeziehers begründet sind."

Darunter zu verstehen sind beispielsweise falsche oder unvollständige Angaben wie das Verschweigen von anrechnungsfähigem Vermögen und anderen Einkommensquellen, wenn Hartz IV beantragt wird. Dazu zählen Schwarzarbeit sowie das Vortäuschen von Krankheiten und Arbeitsunfähigkeit.

Laut BA ist der festgestellte Leistungsmissbrauch 2009 um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, die Missbrauchsquote bei den rund 6,5 Millionen Hartz-IV-EmpfängerInnen betrug insgesamt 1,9 Prozent. 74.100 tatsächliche Missbrauchsfälle wurden 2009 ermittelt. "Der Missbrauch ist verschwindend gering", sagte BA-Pressesprecherin Anja Huth.

Leicht ist der Missbrauch von Hartz IV in jedem Fall nicht. So gibt es den sogenannten automatisierten Datenabgleich, der falsche Angaben und verstecktes Vermögen rasch aufdeckt: Vierteljährlich gleichen die Sozialbehörden die Daten von LeistungsempfängerInnen mit denen von Banken ab. Dadurch wird unter anderem geprüft, ob Freistellungsaufträge vorliegen, die auf ein Vermögen jenseits der gesetzlich gestatteten Freibeträge (Schonvermögen) hinweisen.

Die Betroffenen wissen in der Regel von dieser Praxis. Die Zahl der "Überzahlungsfälle", die zustande kommen kann, wenn der Datenabgleich später erfolgt, ist im vergangenen Jahr leicht, nämlich um 1,9 Prozent gesunken - bundesweit von 139.471 Fällen auf 136.867 Fälle.

Leichter ist Missbrauch hingegen bei der Schwarzarbeit. 39.055 Fälle meldete die BA 2009 an die für Schwarzarbeit zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit in Köln weiter. Das waren 6,9 Prozent mehr als 2008. "Wir werden stutzig, wenn jemand mehrmals nicht zu einem Termin erscheint, weil er möglicherweise schwarz arbeitet", sagt Anja Huth.

Insgesamt aber mache "die Zielgruppe Hartz IV" nur einen "kleinen Aspekt" bei der Schwarzarbeit aus, sagte Klaus Salzsieder, Pressesprecher der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Die Behörde überprüfte 2008 rund 535.000 Arbeitsstellen und Arbeitgeber, etwa 170.000 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. "Die Dunkelziffer aber ist um einiges höher", sagte Salzsieder. Den Ermittlern, die meist anonymen Hinweisen nachgehen, gehe es nicht um die gezielte Fahndung nach Schwarzarbeit bei Hartz-IV-BezieherInnen. Die seien einfach auch dabei, so Salzsieder. Die Ermittler leiten Daten an die Arbeits- und Finanzämter sowie die Krankenkassen weiter.

Eine Grauzone ist der Bereich "Missbrauch durch Vortäuschen einer Krankheit". "Wenn jemand einen Krankenschein vorweist, auch mehrmals, unterstellen wir nicht automatisch Missbrauch", sagt Erik Benkendorf, Vizesprecher der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg: "Es geht eher darum zu prüfen, welche Tätigkeit jemand noch machen kann und welche nicht." Werde jemand mit einer dauerhaften körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung vermittelt, sei das weder für den Betroffenen gut noch für den Arbeitgeber. Darüber hinaus gibt es in den bundesweit 178 Arbeitsagenturen einen Ärztlichen Dienst mit über 350 MedizinerInnen, an den Betroffene im Zweifelsfall überwiesen werden. Rund 600.000 Anfragen werden laut BA jedes Jahr an den Ärztlichen Dienst gestellt.

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23 Kommentare

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  • T
    Thomas

    Ähm ich 39 und meine Frau 36 sind Harz 4 Empfänger.

    Wir habe 2 Kinder eins ist 2 J. das andere ist 14 J.

    Wir bekommen so ca 840 Euro im Monat. Ich muss dazu sagen das wir ein Haus haben, was auch seit Jahren abbezahlt wurde, wir haben keine Schulden und sonst auch nix negatives.

     

    Schön an Harz 4 ist das man Heizöl bezahlt bekommt.

    Ich habe 2010 für 1000 L nur 200 Euro bezahlen müssen das Amt bezahlte 600 Euro.

    2011 werde ich wohl einen Tank mehr dazu kaufen.

     

    Ich will ja nicht rumspinnen aber es ist wirklich ein angenehmes Leben.

    Nun gut, ich war damals oder bin es natürlich heute noch vom Beruf Spezialbaufacharbeiter, ohne Nebentätigkeiten wäre es wirklich sehr wenig Geld.

    Ich sage mir immer, dass Politiker und Millitärs auch eine menge Geld bekommen und das ohne richtige Arbeiten.

     

    Wer sind denn die wahren Schmarotzer hier im Land? Die werden alle von Steuergeldern bezahlt die Pfeffersäcke da oben. Wir Arbeiter bezahlen die Ihre 8000,- und MEHR Euro im Monat. Was bitte erwirtschaften die Pfeffersäcke?

     

    Abschlusssatz:

     

    Also machen wir, ich und andere eben mit!

     

    In diesem Sinne, ich sah schon die DDR vergehen schauen wir mal ob ich es noch bei der BRD erlebe.

  • V
    vic

    @ nicolaus

    Ein Jammer dass es gegen das Westerwelle-Virus keinen Impfstoff gibt.

    Für sie sind sind Migranten die nicht in Container- Klamotten stecken, selbstverständlich nur kriminell vorstellbar.

    Armer neidischer Mensch.

  • I
    ich

    Ich bin entsetzt, was hier teilweise für Kommentare eingehen.

     

    Wen interessiert es denn, ob ein kleiner Teil der Hartz-IV-Bezieher vielleicht tatsächlich nicht (mehr) arbeiten will? Solange es so sehr viel mehr Arbeitslose als offene Stellen gibt, hat es überhaupt keinen Sinn "den Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit" zu erhöhen. Wir haben ja nicht etwa deshalb so viele Arbeitslose, weil die Leute nicht arbeiten wollen. Jeder Arbeitslose, der sich irgendwann erstmal in seiner Arbeitslosigkeit einrichtet, nimmt wenigstens nicht dem einen Job weg, der wirklich einen will, oder? Was ist schlimm daran?

     

    Genauso dämlich ist das mit der Verpflichtung zu gemeinnützigen Tätigkeiten. Man schaffe eine reguläre Stelle mit dem gleichen Nettolohn wie Hartz-IV und schon bewerben sich hunderte von Leuten, die diesen Job wollen. Warum die Leute, die nicht wollen, auf Stellen zwingen, die andere wollen (wenn es diese Stellen gäbe, natürlich)?

     

    Irgendwie entlarvt diese ganze Diskussion einen tief verwurzelten Menschenhass nicht nur unter Politikern, sondern auch in der Bevölkerung. Wer es schafft, sich unter diesen Bedingungen zumindest ein mehr oder weniger schönes Leben zu machen, auch ohne Arbeit und auf sehr niedrigem Niveau, der ist Staatsfeind Nummer 1. Geduldet wird nur der, der richtig leidet, über Jahre oder Jahrzehnte. Die Depression und letztlich der Selbstmord ist der Adelsbrief des guten Arbeitslosen. Wenn schon arm, dann wenigstens auch unglücklich, was?

     

    Diese Diskussion ist unerträglich. Wir sind auf dem langsamen, aber stetigen Weg in einen neuen Faschismus und wie üblich machen fast alle mit. Auf die Straße gehen? Nein. Anders wählen? Nein. Solange es nur den anderen dreckig geht, ist alles gut und wenn es einem selbst erstmal dreckig geht, verkriecht man sich und verreckt still und leise.

  • M
    marstz

    Die Hartz4-Debatte bewegt sich in der hirnfreien Zone, wenn man Guido W. wirklich als das nimmt, was er darstellt: Ein Scharlatan wie fast ausnahmslos die aktuelle Regierung.

    Seit Jahr und Tag werkelt die Welt an der größten Wirtschaftskrise herum, die eindeutig von spekulationsbesoffenen Bankern provoziert wurde. Allein in Deutschland summieren sich die "Hartz-1.Klasse"-Beihilfen für ein paar Banken (HypoRealEstate, HSH-Nordbank usw.) auf ein vielfaches des Sozialetats und die Medien stürzen sich auf Westerwelles Schnapsidee: Schneeschippen für die Hartz4-Holzklasse.

    Passend dazu liefern Bild und TV-Talkshows ein paar Komparsen, die sich als Faulenzer präsentieren. Der pure Zynismus. Darüber können die Börsenzocker ja nur höhnisch lachen: Jahrelang selber nur Sch.... gebaut, aber die Medien multiplizieren das Politgewäsch des Außenministers. Dafür sammelt er sicherlich fleißig Spenden aus seinem Wählermilieu!

    Wie viel Schaden entsteht durch Steuerhinterziehung und -flucht? Wie viel Kriminalität steckt hinter der riesigen Geldwäsche-Summe, die laut OECD in Deutschland praktisch nicht kontrolliert wird? Wo sind die Absicherungen gegen Spekulationswahn?

    Lauter Fehlanzeigen bei dieser Regierung. Stattdessen wird über Westerwelles Stammtisch-Tiraden geredet.

    Was wäre verrückter, wenn nicht das?

    Wie miserabel wird es hierzulande zugehen, wenn die Schwarz-Gelben noch so lange regieren werden!!!

  • SW
    Steffi Windeisel

    @nicolaus, fordler

     

    Na klar. :-)

     

    Sagt Euch die Firma ethority etwas?

     

    Oder social media marketing aka Marktforschung & Marketing im Internet Web 2.0?

     

    @an die anderen:

     

    http://twitter.com/westerwave

  • M
    Mac-Lennox

    Gerichtet an nicolaus!

     

    "Für die Luxusbedürfnisse (sichtbar teure Jeans und Sportschuhe,Unterhaltungselektronik ect.)greifen sie auf die Einkunftsmöglichkeiten auf dem Drogenmarkt zurück..."

     

    So einfach wie sie sich das vorstellen, ist es nicht. Der Drogenmarkt ist selbst in der Provinz umkämpft, so dass man z.B. beim Cannabisverkauf dermaßen niedrig die Preise ansetzen muss, um am Markt zu bestehen, dass man sich davon keine Luxusbedürfnisse leisten kann, sondern lediglich die Lebenshaltungskosten (Strom, Wasser, auch mal eine Pizza) finanzieren kann. Bleibt der Verkauf von Amphetamin oder noch besser - weil lukrativer - Kokain. Damit verbunden ist allerdings auch ein gesteigertes Interesse unserer Freunde und Helfer.

     

    Bleibt als Fazit: Um sich Luxusbedürfnisse zu leisten - wie sie es nennen - muss man auch ein größeres Risiko eingehen. Da winken schnell mal mehrere Jahre Urlaub auf Staatskosten. Aus diesem Grund sollen sie sich doch teure Schuhe und Markenklamotten leisten.

  • F
    Fordler

    Die im Artikel genannten Zahlen zeigen doch nur die Fälle auf, die bekannt geworden sind. Daß die Dunkelziffer wesentlich höher ist, dürfte jedem klar sein. Das ist bei Steuerhinterziehern nicht anders.

    Auch der Hinweis, daß die Quote zurück gegangen sei, kann doch kei Grund sein, daß man damit dann zufrieden ist.

    Wir wollen / müssen mehr Fälle aufdecken. Dann wird die Quote schon von alleine höher.

    Aber wenn die Erfolge dabei genau so groß sind wie bei den Job Vermittlungsbemühungen, habe ich da meine Zweifel.

  • AH
    Andrea Huber

    Durch die Wegnahme unserer zwei Kinder,den Verlust meines Arbeitsplatzes bin ich zu Hartz IV gekommen. Bis Okt. Von 2001-2006 hatte ich noch meinen Arbeitsplatz.In der Zeit war ich froh, meine Arbeit zu haben, denn es wurde sehr laut auf die Hartz IV Empfänger geschimpft. Und immer noch. Nun bin ich in einer 50+ Maßnahme und hoffe über eine erneute Rehabilitation wieder in meinen Beruf einsteigen zu können.Vielen Dank an die Jounalisten für den o.g. Artikel. Ich habe das alles auch so erlebt.

  • N
    nicolaus

    Leider gibt es sehr viele junge Migranten, die sich vom Staat - dem sie eigentlich mit Hohn und Verachtung gegenüberstehen - ihre Grundbedürfnisse absichern lassen. Für die Luxusbedürfnisse (sichtbar teure Jeans und Sportschuhe,Unterhaltungselektronik ect.)greifen sie auf die Einkunftsmöglichkeiten auf dem Drogenmarkt zurück - das ist allein in Berlin vermutlich tausendfache Realität.Die Arbeitslosen, denen ich in den letzten 20 Jahren begegnet bin, haben ausnhahmslos alle irgendeinen Weg gefunden, Vorschriften und Verpflichtungen zu umgehen. Dies deprimiert auch motivierte Leute. So kannte ich eine alleinerziehende Frau, die einen Waschsalon betrieb und von morgens bis abends schuftete. Wenn ihr vom Arbeitsamt Arbeits"suchende" geschickt wurden, haben die sich nach wenigen Tagen wegen "gesundheitlicher Probleme" verabschiedet. Eine Freundin von ihr - arbeitslos mit voll finanzierter Dreizimmerwohnung (in München !)und Jahresurlaub - hat sich regelmäßig lustig über sie gemacht: "Du bist ja schön doof zu arbeiten !" Der Raum fehlt hier, um weitere Beispiele aufzuzählen. Ich stelle dabei nicht in Abrede, dass es Menschen gibt, die unverschuldet in Not geraten und denen geholfen werden muss !

  • AS
    Armer Sünder

    In der Regel kommst du in die "die Zielgruppe Hartz IV" nach dem Bezug von regulärem Arbeitsgeld. Dem geht im Regelfall eine langjährige Beitragszahlung in die Sozialsysteme voraus. Dann wirst du durchgereicht zum Pflegefall und hast deinen Offenbarungseid abzugeben. Jetzt wird tricksen überlebenswichtig, sonst kannst du dir nichtmal mehr neue Schuhe kaufen. Wenn der Staat mich vom Amtswegen zum Penner degradiert, werd ich wohl noch ein paar Flocken nebenher vorbeischleusen dürfen, ohne das man mich mit der Moralkeule erschlägt. Wenn du das nicht tust, bist nur ein 100%iger Blödmann. ("Zuerst einmal müsst ihr uns was zu fressen geben, dann könnt ihr reden, damit fängt es an.")

  • O
    Oliver

    Bei den niedrigen Sätzen überraschen diese Zahlen, aber sie zeigen, dass die Clichees von faulen und kriminellen Arbeitslosen eben nicht stimmen. Und Schwarzarbeit ist - im Anbetracht von 400-EURO-Regelungen - natürlich auch zurück gegangen. Eine Riesenzahl von Menschen kann ja ganz legal arbeiten, das war ja vor 20 oder 30 Jahren noch ein Phänomen von Universitätsstädten, inzwischen geht das bundesweit: Betriebe nur mit Aushilfskräften betreiben. Zwar leidet die Qualität natürlich, aber wenn interessiert das, wenn er einen Dönner, einen Cafe Latte kauft? Im Zweifel niemanden.

    Was die taz verschwieg: Es ist bereits Missbrauch, wenn Omi dem Hartz-Teenager im Arbeitslosenhaushalt 200 EURO schenkt. Und zwar auch in bar oder per Überweisung. Genauso ist es ein Verstoß, wenn der Teenager bei der Konfirmation 3000 EURO einnimmt und sich davon ein Moped kauft. Denn das ist eine geldwerte Leistung und die muss verrechnet werden.

    Da die MItarbeiter der ARGE nicht in die Privatsphäre eingreifen wollen, unternehmen die Behörden nichts, aber sie müssten es.

    Ganz besonders bei Bedarfsgemeinschaften mit Kindern gibt es Geschenke und Zuwendungen von Verwandten und die müssten alle kassiert werden - vom Weihnachtsgeschenk bis zu Kommunion und Konfirmation, bis zum Geburtstagsgeschenk und bis zu Kleinigkeiten.

    Das ist nämlich die wirkliche Perversion des Gesetzes: Geldwerte Leistungen dürfen nicht behalten werden. Theoretisch müssten die Leute also mit jeder Kleinigkeit zum Amt geben, was sie nicht tun.

    Allerdings frage ich mich schon, wie es möglich ist, ein Gesetz zu verabschieden, dass so tief in die Privatsphäre von Arbeitslosen eingreifft. Wenn ein Unternehmer eine dicke Pleite hinlegt, muss er trotzdem nicht einer Behörde melden, wenn ihm seine Mutter 50 EURO zusteckt oder zu einer Kurzreise einlädt.

    Bei Arbeitslosen muss das so gemacht werden. Muss vielleicht eher müsste, aber was auch nicht in der taz steht, ist die Anwesenheitspflicht für Hartz-Bezieher. Die müssten zwischen 9.00 und 17.00 zuhause sein, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung halten, dadurch gilt jeder Brief von der ARGE als zugestellt. Der Empfänger muss gar nichts quittieren. Ein Vermerk auf dem Briefumschlag durch den Briefträger reicht hier aus.

    Und sollte die ARGE den Versuch machen, mehrfach zuhause vorstellig zu werden und die betreffende Person ist nicht da, droht theoretisch auch Leistungskürzung, egal ob derjenige einen Liter Milch kaufen gegangen ist.

    Die Statistik ist doch nur so gut, weil die ARGE das Gesetz zur Gänze nicht durchsetzen kann und weil das wohl wirklich zu einem Bürgerkrieg führen würde, wenn sie es denn täten.

  • L
    likewise

    Gerade das ist ja das perfide an diesen Hartz IV-lern: Die verhalten sich nicht einmal so, wie man es von Menschen in ihrer Situation erwarten müßte. Kein Wunder, daß Westerwelle gezwungen ist, Zuflucht in heillose Polemik zu suchen, um gegen sie Stimmung zu machen. Weil diese Mistkerle einfach nicht zu einer Dekadenz in der Lage ist, wie sie im alten Rom (im Geschichtsbild Westerwelles) oder in der FDP-Wählerschaft ünlich war und ist.

  • P
    Pharisaer

    Womit deutlich wird, wie dummdreist Westwave versucht, Stimmung zu machen um von den innenpolitischen Querelen (Mövenpick etc.) seiner Partei und Parteifreunde abzulenken - eine Sinnlosdiskussion die weder den Betroffenen noch den vermeintlich von Hartz4 Bedrohten hilft. Solange sich die Bürger gegenseitig die Köpfe einschlagen rebellieren sie halt nicht nach oben.

  • H
    Hammurabi

    Sie haben Recht. Wir dürfen Missbrauch nicht einfach bei jedem Menschen der ALG2 bezieht vermuten. Insofern ist es erfreulich, wenn hier einmal von der geringen aufgedeckten Missbrauchsquote berichtet wird.

    Der Schluss, dass es also nur wenig Missbrauch gibt, ist allerdings nicht zwingend. Er könnte auch auf die stumpfen Schwerter der Behörden schließen lassen, ohne dass ich damit Hysterie in diese Diskussion geben möchte.

    Da niemand noch mehr Überwachung möchte, kann es also nur heißen, dass die Reize zur Annahme einer Arbeit erhöht werden müssen.

    Dies kann in verschiedener Weise gelingen. Auch durch Zahlung von angemessenen Mindestlöhnen. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass das BVerfG nicht festgestellt hat, dass die Sozialleistungen evident zu gering wären. Eine weitere Erhöhung der Grundsicherung (!) sollte daher für die nächsten Jahre tabu sein. Dies gilt umso mehr, als auch viele Arbeitnehmer keine Lohnsteigerungen zu erwarten haben.

    Schließlich sollte auch darüber nachgedacht werden die Betreuungsangebote auszuweiten und kostenlos zu machen. Die positiven, auch gesellschaftlichen, Aspekte derartiger Maßnahmen sind nicht zu unterschätzen.

  • M
    Moritz

    Natürlich kommt der finanzielle Missbrauch eher selten vor. Wer möchte schon die "Spareinlage" von 359,00 € pro Monat weiter verringern? Die ganze Geschichte hat sich ohnehin der Guido W. ausgedacht. Der hat sich nämlich als Außenminister mächtig blamiert und musste sich schnell eine Ablenkung ausdenken. Jetzt ist er Rechtspopulist und drischt auf die Unterschicht ein. Mit "Geldangelegenheiten" kann man den Deutschen immer das Lächeln aus dem Gesicht pusten. Gut gemacht Guido!

  • E
    eMCe

    Huh? Und nun?

    Es interessiert doch niemanden wie die Faktenlage ist, was natürlich nicht heißt das der Artikel überflüssig oder Mist sei, nur hört die Bundesregierung immer nur auf den Experten der ihr gerade passt.

    Der Herr Westerwelle macht das damit seine Klientel(arme-arme Manager/Bosse/Bonzen...) noch mehr 1€ Jobber, Langzeitpraktikanten, etc. pp. für Lau bekommt.

    Mich würde nicht mal´s wundern, wenn das in dem Koalitions-Vertrag so abgemacht war das der Herr Westerwelle los poltert, sollte die Regierung vor Gericht verlieren...

  • H
    HamburgerX

    Betrug gibt es in allen Schichten der Gesellschaft. Und überall sollte er geahndet werden.

     

    Das Problem bei Hartz4 sind auch eher die langfristigen Verweiler.

     

    Wie wäre es daher mal mit einem differenziertem Vorgehen für arbeitsfähige ALG2-Empfänger?

    1. Jahr ALG1. wie bisher

    2. Jahr ALG2: wie bisher

    3. Jahr: Mehr Aufforderungen, auch einfache Tätigkeiten anzunehmen

    ab 5. Jahr: Zuweisung einer Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit. Bei Verweigerung nur noch Gutscheine und Gemeinschaftsunterkünfte.

     

    Dazu noch eine Politik, die strikt auf Arbeitsplätze-Schaffung ausgerichtet ist. Verbot von Ausbeuterlöhnen.

  • F
    Fordler

    Sie schreiben:

    "Vermögen verschweigen, schwarz ackern oder sich fälschlich krank melden - das gilt als Missbrauch bei Sozialleistungen. Doch das kommt eher selten vor".

     

    Die im Artikel gennanten Zahlen zeigen doch nur die Fälle auf, die bekannt geworden sind. Daß die Dunkelziffer wesentlich höher ist, dürfte jedem klar sein. Das ist bei Steuerhinterziehern nicht anders.

    Auch der Hinweis, daß die Quote zurück gegangen sei, kann doch kei Grund sein, daß man damit dann zufrieden ist.

    Wir wollen / müssen mehr Fälle aufdecken. Dann wird die Quote schon von alleine höher.

  • K
    Küstenstelze

    Es ist ein heißes Eisen, das Herr Westerwelle da angepackt hat. Und ich hoffe, er wird sich nicht die Finger verbrannt haben, endgültig, meine ich.

    Schauen wir uns doch mal um: Unsere sog. Sozialgesetze machen aus vielen arbeitslosen Menschen Kranke, die ins Abseits gestellt werden, die zum Teil die Armutsgrenze schon überschritten haben, die ihren Kindern nicht die Ausbildung und die Beteiligung an ganz normalen Dingen des Alltagslebens mehr ermöglichen können. Wie weh tut das wohl solchen Eltern? Unsere Sozialgesetze haben aber andererseits Tür und Tor offen für jene, die immer nur darauf aus sind, die Solidargemeinschaft zu schröpfen oder zu zerstören, indem sie aber auch jeden (legalen und illegalen) Schlupfwinkel kennen und nutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Egal, ob durch Schwarzarbeit, egal ob durch nicht begründete Krankschreibungen und auch egal (und es sind nicht wenige), ob durch Kapitalanhäufung auf ausländischen Banken unter gleichzeitiger Inanspruchnahme von Sozialleistungen hierzulande.

    Wer behauptet, die Zahlen zu kennen - ob Arbeitsverwaltung oder Politik, ob Finanzamt oder Sozialamt oder andere - mag das weiterhin behaupten: aber diese Zahlen gibt es nicht. Auch hier gilt wieder: Gottseidank ist es so, und leider ist es so. Wir wissen nicht, wie wir vorgehen sollen. Die Regierung kauft vertrauliche Daten und wird zum Hehler. Kronzeugen erhalten Strafminderung. Kurz: das Denunziantentum wird gefördert. Wie weit soll das gehen? Was liegt uns an Statistiken?

    Und ich denke nicht, dass Guido Westerwelle Gruppen gegeneinander ausspielt. Was sich hier zeigt, ist nichts weiter als das traurige Eingeständnis, dass unsere freie Marktwirtschaft so frei nicht ist und sozial schon gar nicht. Woran es liegt, ist immer dieselbe Aussage: wir brauchen Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wir brauchen auch Produktionsbetriebe, die sich nicht mehr berufen dürfen auf die jahrzehntelange Herstellung bestimmter Produkte, die heute nicht mehr nachgefragt werden oder aus anderen Gründen (ökologischen z. B.)verschwinden müssen. Anspruchsdenken findet doch nicht nur bei Hartz IV statt. Banken, Versicherungen, Kommunale Betriebe, Beamte, sie alle sind nicht zum kleinsten Verzicht bereit. Nicht einmal dazu, ihre Betriebe ordentlich und verantwortungsbewusst zu führen oder im Staatsdienst ihr Aufgaben noch ernst zu nehmen. (Diese Aussage ist genau so pauschal wie die über die HartzIV-"Begünstigten".)

    Sollen die Politiker doch gemeinsam eine Lösung finden, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit, sondern zum Wohle des Volkes. Darauf warten wir Normalos ja schon lange. Und werden es wohl weiterhin tun. Wie schön wäre es gewesen, wenn Frau Merkel und Herr Steinmeier und die führenden Bayern, Grünen und Linken dem Guido ganz sacht über den Kopf gestrichen hätten und dabei ihm zugeflüstert: "Was du da gesagt hast, wird uns endlich dazu führen, dass wir unsere Politik überdenken. Du hast Recht: so darf es wirklich nicht weitergehen."

  • N
    Nordwind

    Ziel der neoliberalen Hassprediger ist die Manipulation und nicht die Information der Öffentlichkeit über die tatsächlichen Verhältnisse.

     

    Schönes Statement von Wolfgang Lieb:

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=4558#more-4558

  • K
    klaus1199

    Hier steht es nun noch einmal. Was eigentlich alle wissen, die es angeht. Es fehlt die sachliche Basis für die ganze Hetze auf Arbeitslose und für diesen immer mitschwingenden Generalverdacht und für Präventivmaßnahmen und Sippenhaft für alle Arbeitslosen, weil da mal einer drunter ist, der nicht ins Klischee passt. Da ich selber betroffen bin, kann ich das nicht objektiv als witzige mediale Unterhaltungsangebote vom Mövenpickanführer & Co. betrachten, zumal nach solchen Kampagnen in der Vergangenheit oft drastischen Einbußen, Verschlechterungen und rechtlichen Entmündigungen die Folge waren. Und wer jetzt alles den Arbeitsminister spielt und mit unausgegorenen Vorschlägen aufwartet, um sein angeschlagenes Renomee aufzupolieren. Ekelhaft.

     

    Also alles nur harmlose Ablenkungsmanöver um vom Steuerskandal, Finanzcrasch, schwindender Wählergunst, leeren Auftragsbüchern und schwerer Weltwirtschaftskrise abzulenken? Oder um Mehrheiten zu gewinnen für Moorsoldaten, Entrechtung, Absenkung des Existenminimums von fünf Millionen Menschen?

     

    Aber die emotionale Mobilisierung funktioniert. Wie einst. Da hat man ähnlich argumentiert. Wieder und wieder und das seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten immer dieselbe Masche. Ist es verinnerlichte prostantische Leistungsethik oder katholisches Ora-et-labora, das da mißbraucht wird, um Jagd auf Minderheiten zu machen? Oder ein kultureller Archetyp, der nur abgerufen zu werden braucht?

  • M
    michaelW

    Aus dem Leben gegriffen: eine 50jährige Dame bewirbt sich bei einer größeren Firma um einen Arbeitsplatz. Bei einer telefonischen Nachfrage bezüglich des Standes ihrer Bewerbung erntet sie von der Personalleiterin am anderen Ende lediglich schallendes Gelächter und wie sie in diesem Alter überhaupt dazu käme, sich zu bewerben.

    Deutschland heute.

    An welchem Ende der Sozialstaffelung in diesem Lande sitzen wohl die Sozialschmarotzer? Na?

  • DK
    Dieter Kleinschmied

    "Wir werden stutzig, wenn jemand mehrmals nicht zu einem Termin erscheint, weil er möglicherweise schwarz arbeitet" wird hier die BA-Pressesprecherin zitiert.

     

    Gerade Schwarzarbeit dürfte allerdings in den meisten Fällen flexibel geregelt sein. Da zudem auch der Arbeitgeber ein Interesse an der Schwarzarbeit hat, wird er seinen "Mitarbeitern" für einen Kontrolltermin beim Arbeitsamt wohl ohne weiteres "freigeben".

     

    Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Arbeitsamt solcherlei Mißbrauch aufdeckt, ist extrem gering, die entsprechende Statistik unbrauchbar.