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Drama um den Maserati des ChefsTreberhilfe tiefer gelegt

Das Maserati-Fahren hat Folgen: Der Chef der Berliner Treberhilfe kriegt einen Aufpasser an die Seite, die Luxuskarre ist verkauft. Sozialsenatorin fordert Transparenz.

Harald Ehlert, Leiter der Treberhilfe Bild: DPA

BERLIN taz | Der wegen seines Maserati-Dienstwagens ins Gerede gekommene Chef der Treberhilfe, Harald Ehlert, blickt schweren Zeiten entgegen: Der Maserati ist verkauft, sein neuer Dienstwagen wird deutlich bescheidener ausfallen. Und den wird der selbsternannte Sozialunternehmer, der mit einem gemeinnützigen Verein 28 Projekte für Wohnungslose betreibt, auch noch selbst lenken müssen.

Aber es kommt noch dicker: Ehlert bekommt einen Aufpasser zur Seite gestellt - Thomas Dane, kaufmännischer Vorstand des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg. Aufgrund "der jetzigen Situation" habe man sich entschieden, die "sozialunternehmerische Verantwortung für die gemeinnützige gGmbH vorläufig zu teilen", sagten Ehlert und Dane am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Teile der Treberhilfe gehören zum Diakonischen Werk.

Damit immer noch nicht genug: Für den Verbund der Treberhilfe wird ein Aufsichtsrat eingerichtet. Dane kündigte an, darin selbst Mitglied zu werden. Es gehe darum, "sicherzustellen, dass die Wahrnehmung der Treberhilfe künftig keinen Anlass mehr zu öffentlichen Irritationen gibt". Künftig sollten auch nur noch "angemessene Fahrzeuge" genutzt werden. Die Treberhilfe besitzt noch mehrere Geländewagen. Auch Chauffeure seien im Sozialbereich nicht üblich. Außerdem sollen die rund 280 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Treberhilfe eine Mitarbeitervertretung zur Wahrnehmung ihrer Interessen bilden können.

Auslöser für all diese Neuerungen war der Maserati. Dass Ehlert den Luxusschlitten als Dienstwagen nutzte, war vergangene Woche publik geworden. Ein Sturm der Entrüstung brach los. Zunächst hatte sich der Chef der Treberhilfe offensiv verteidigt: Der Wagen sei als gemeinnütziges Vermögen anerkannt. Sozialwirtschaft sei heutzutage auch einfach Wirtschaft. "Da ist die Außenwirkung einer Hilfsorganisation wichtig." Aber er habe auch ein bisschen provozieren wollen, so Ehlert.

Das ist gelungen. Am Montag hatte er noch angekündigt, den Maserati zwar nicht mehr als Dienstwagen einzusetzen, sondern für Stadtrundfahrten zu sozialen Projeketen. Am Dienstag trat er dann mit Dane vor die Presse, um zu verkünden: "Der Maserati ist verlustfrei verkauft." Für die "soziale Stadtrundfahrt" hätten sich zwar schon 90 Interessierte gemeldet. Aber den negativen Kommentaren im Internet habe er entnommen, dass die Idee bei den Bürgern "nicht kommunizierbar" sei.

"Wegen des Maseratis ist das Vertrauen in die Treberhilfe zerstört", erklärte Dane. "Wir haben aber auch noch andere Fragen, die beantwortet werden müssen." Was er damit meinte, sagte er nicht. Auch über die Arbeitsbedingungen bei der Treberhilfe soll es Diskussionen gegeben haben.

Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linkspartei) forderte am Dienstag vollständige Transparenz bei der Treberhilfe. Sollte das nicht zügig geschehen, müsse sie aus dem Diakonischen Werk ausgeschlossen werden.

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5 Kommentare

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  • W
    Wohnungslosenhelfer

    Rudow1 scheint zu wissen, dass bei der "gGmbH" noch viel mehr nicht stimmt als nur die Masserati-Affäre... Ich sage nur, dass die MitarbeiterInnen zum Teil sehr gute Arbeit leisten für eine so genannte Leistungsbezogene Vergütung. D.h., dass sie Belegungsabhängig bezahlt werden. Somit haben Sie keine Planungssicherheit bei Ihren Einnahmen. Rein theoretisch kann es sein, dass eineR im Januar zehn KlientInnen hat und 1.200 € Netto verdient und im kommenden Monat nur noch sechs und dann nur noch lediglich 800 € bekommt. Der Verein trägt also kein finanzielles Risiko. Alles wird auf dem Rücken der MitarbeiterInnen ausgetragen, die keine Planungssicherheit haben...

    Und dann gibt es da ja auch noch die Fortbildungen, die die MitarbeiterInnen nachträglich sich einkaufen (!!!) müssen, wenn sie unter ein Jahr bei der Treberhilfe arbeiten...

    Ich würde mir wünschen, dass diese Arbeitspraxen mal publik gemacht würden und nicht immer nur die "Massserati-Affäre"!!!

     

    Auf jeden Fall trifft die Kritik, die Richtigen! Es wird bisher nur an der Oberfläche gekratzt...

  • A
    aso

    Dabei hatte Ehlert noch im TV-Interview argumentiert, der Maserati sei nützlich, wenn er damit bei Banken vorfahre...

    Dabei weiß jeder, daß ein Sozialunternehmer mit solchem Dienstwagen jedes Augenmaß verloren hat.

    Sozialengagement hätte er bewiesen, wenn er bei entsprechenden Bankenterminen mit seinem privatem Jaguar vorgefahren wäre...Keks

  • R
    rudow1

    Das ist möglicherweise noch nicht das Ende der Enthüllungen, denn es könnten ja noch irgendwann die aktuellen und ehemaligen Beschäftigtenverträge überprüft werden.............

  • F
    @Frager

    Es ist gut das in der Öffentlichkeit ankommt was schon lange Praxis hatte. Und Hr. Ehlert ist einer von vielen der den Markt im sozialen Bereich zu seinen Gunsten nutzte.

    Arme und Menschen die vielleicht weniger geschickt sind in ihrer Lebensführung haben keine Lobby.

    Und das führt einfach auch dazu das sich einige geschäftstüchtige diesen Markt verschreiben und sich auf die Fahnen schreiben, was ein wirtschaftlich gesunder Staat leisten könnte.

    Von den Machenschaften in der Selbsthilfe wie sie z. Bsp. bei Synanon mit duldung oder sogar befürwortung des Berliner Senat´s und der Justiz annerkennung findet herrschen wage ich gar nicht zu sprechen.

    Es genügt oft die Annerkennung der Gemeinnützigkeit geschickt und mit viel sozialem phatos Worthülsten auf´s Papier zu bringen und schon kann es losgehen. Wie es intern den Leuten nur aufgrund ihrer sozialen Lage ergeht wird nicht geredet oft ist es so das Menschen mit eigener Meinung in der Gruppe so fertig gemacht werden aufgrund ihres Suchtproblems oder anderer Schwierigkeiten. Das die lieber in ihrer Auswegslosigkeit den Mund halten mit fadenscheinigen und trickreichen Argumenten an die Wand gespielt oder einfach wenn sie ein wenig schlauer sind in die Pläne eingeweiht und so zu Mitwissern gemacht und aus moralischen Gründen deshalb für informationen aus Mitwisserschaft ausfallen.In einem anderen Fall eines projektes was sich nach dem Vogel der altägyptischen Sage in der Namensgebung geschickt inszeniert im Bezirk Pankow.

    Ja der Markt ist groß und die Not auch und da gibt es einfach sicher Geld zu holen, die Tagessätze sind eine Sichere Einnahmequelle der Rest wird Schwarz gewerkelt oder im trüben so organisiert das alle was davon haben prüft ja keiner. Wäre gut wenn darüber nicht nur mal nachgedacht würde vor allem für die Betroffenen.

  • D
    Dakadenz

    Na endlich wird Ehlert an die Kette gelegt. Das war ja auch nicht mehr zu ertragen! Wer solche Reichtümer anhäuft, muß sich fragen lassen, wo die herkommen? - "Ich bin Unternehmer (der vom Bau) und der Bürgermeister nennt mich Big-Boss und ich habe einen Chauffeur und trage einen Cowboyhut." - Na, vielleicht auch eine Wumme? Peng! Fast schon Satire, live.