Direkte Demokratie in Berlin: Volk soll anders entscheiden

Eine Stiftung legt Vorschläge zur Reform der Volksentscheide vor: Parteien sollen sich künftig zurückhalten, die Ergebnisse sollen verbindlicher sein

Wofür soll das Volk stimmen? Bild: dpa

Die Initiatoren der beiden bisherigen landesweiten Volksentscheide fordern eine Reform der direkten Demokratie. Christoph Lehmann von der Initiative Pro Reli und Andreas Peter von den Flughafen-Tempelhof-Befürwortern Icat stellten am Donnerstag ein Positionspapier vor: Unter anderem sollen die Abstimmungen möglichst auf Wahltage gelegt werden, die Initiatoren sollen zu stärkerer Transparenz ihrer Einnahmen verpflichtet werden, und die Ergebnisse eines Volksentscheides sollen nicht ohne weiteres vom Abgeordnetenhaus wieder geändert werden können. Die Forderungen wurden gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Arbeitsgruppe Volksentscheide der Stiftung Zukunft Berlin erarbeitet, darunter Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie sowie die Abgeordneten Andreas Köhler (SPD), Monika Grütters (CDU) und Wolfgang Wieland (Grüne).

Wenn Volksentscheide auf den Termin von Wahlen gelegt würden, dann sichere dies eine höhere Wahlbeteiligung, sagte Christoph Lehmann von Pro Reli. Der Senat hatte im Jahr 2009 die Abstimmung über eine Stärkung des Religionsunterrichtes auf den 26. April gelegt - wenige Wochen vor der Europawahl. Lediglich knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten stimmten ab.

Lehmann appellierte an die Parteien, sich bei den Volksentscheiden stärker zurückzuhalten. Politischen Parteien ginge es weniger um Inhalte als vielmehr um Machterhalt, sagte er. Sie sollten sich besser zurückhalten. SPD, Linkspartei und Grüne hatten gegen die Initiative Wahlkampf gemacht, die CDU hatte sie unterstützt.

Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie forderte, dass die Initiatoren eines Volksentscheides einen Teil ihrer Kosten vom Staat erstattet bekommen sollen. "Sonst werden große Initiativen bevorzugt", sagte er, während kleine Initiativen nicht genug Geld für den Wahlkampf hätten. Auch Parteien erhielten schließlich Zuschüsse vom Staat. Efler unterstützte auch die Haltung der rot-roten Koalition, die Initiativen verpflichten will, bereits Spenden ab 10.000 Euro und nicht erst ab 50.000 Euro zu veröffentlichen. Das schaffe mehr Transparenz und gleiche die Regeln an diejenigen an, die für Parteien gelten.

Andreas Peter von Icat sprach sich für eine stärkere Verbindlichkeit von Volksentscheiden aus. Bei der von seinem Verein angestoßenen Abstimmung über die Zukunft von Tempelhof hatte der Senat noch vor dem Wahlgang erklärt, dass er den Flughafen auf jeden Fall schließen werde - egal, was bei der Abstimmung herauskommt. "Die Bürger erwarten, dass ihre Stimme auch zählt. Sonst führt das zur Frustation gegenüber dem Instrument", sagte er. In der Praxis würde das allerdings bedeuten, dass Volksentscheide zu weniger Themen als bisher möglich wären.

Die rot-rote Koalition will unterdessen mit einer Gesetzesänderung wieder eine Vorabkontrolle von Volksbegehren einführen. Sollte der Senat der Ansicht sein, dass ein Volksbegehren gegen höherrangiges Recht verstößt, soll er den Verfassungsgerichtshof anrufen können. Derzeit können die Gesetze, die durch Volksentscheide entstanden sind, erst im Nachhinein überprüft werden. Außerdem will die Koalition Spenden von politischen Stiftungen genauso verbieten wie von Organisationen, die gemeinnützig, wohltätig oder kirchlich arbeiten. Dies würde die Initiativen "austrocknen", kritisiert Efler von Mehr Demokratie.

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