Käßmanns Nachfolger: Ein Malocher-Sohn als Kirchenchef

Kurz nach seinem Antritt als kommissarischer EKD-Vorsitzender macht Nikolaus Schneider klar, dass er Käßmanns Nachfolger werden will. Und genau wie sie will er sich politisch einmischen.

Hat politischen Anspruch: Nikolaus Schneider. Bild: dpa

BERLIN taz | Eins ist klar: Für den Nachfolger der wegen einer Alkoholfahrt zurückgetretenen Margot Käßmann wird es nicht einfach, aus dem Schatten der bisherigen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu treten. Dafür war die meinungsstarke Käßmann zu beliebt.

Auch Nikolaus Schneider äußerte sich bereits in den ersten Tagen seit seinem kommissarischen Amtsantritt zu politischen Themen. Zu Hartz IV habe es in letzter Zeit eine "etwas ärgerliche Debatte" gegeben, sagt Schneider. Und das von Käßmann angestoßene Thema Afghanistan bleibe für ihn ebenfalls aktuell. Schneider betont, dass er Käßmanns Kurs der Einmischung in politische Fragen fortsetzen wolle.

Nach der zweitägigen Krisensitzung des EKD-Rates in Tutzing zeichnet sich ab, dass Schneider nicht nur kommissarisch, sondern dauerhaft EKD-Vorsitzender wird. "Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn die Zusammenarbeit mit Nikolaus Schneider über den Herbst hinausreichte", sagte Katrin Göring-Eckardt, die Vorsitzende der EKD-Synode. Auch der bayerische Landesbischof Joachim Friedrich, der selbst als Kandidat im Gespräch war, sprach sich für Schneider aus. Auch wenn beide betonen, dass sie damit nicht der Entscheidung der Synode im Herbst vorgreifen wollen - Schneider dürfte gesetzt sein.

Der Sohn eines Duisburger Stahlarbeiters begann seine kirchliche Laufbahn als Gemeindepfarrer in Duisburg-Rheinhausen. Diese Zeit und auch spätere Erfahrungen als Superintendent des Kirchenkreises Moers dürften ihn geprägt haben. Die Kirche müsse sich "von der Leidenschaft Gottes für die Schwachen" leiten lassen, sagt Schneider.

Das mag ein Grund sein, warum ihm der FDP-Vorsitzende und derzeitige Außenminister Guido Westerwelle aktuell besonders ein Dorn im Auge ist. Westerwelle bringe Steuerzahler gegen Arme auf, kritisiert Schneider. Der bisherige Präses der evangelischen Landeskirche im Rheinland ist auch über soziale Themen hinaus politisch nicht auf den Mund gefallen - etwa wenn es um die Finanzkrise, den Umweltschutz oder eben um Afghanistan geht.

Will Schneider mit seiner charismatischen Vorgängerin mithalten, wird es jedoch wohl mehr als schöner Sonntagsreden bedürfen. Käßmann hat hohe Standards gesetzt. Die EKD-Spitze von heute muss die Dinge zuweilen schonungslos auf den Punkt bringen. Das Zeug dazu hätte Schneider.

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