Die französische PS hat kein Mittel gegen die Rechte
: Sozialdemokratisches Dilemma

Die neue Einigkeit der PS unter ihrem Chef François Hollande ist nach monatelangen lähmenden internen Querelen zweifellos ein Schritt nach vorn. Dennoch werden die meisten FranzösInnen sie als das betrachten, was sie tatsächlich ist: Mit ihr wird 17 Monate vor dem wichtigsten Urnengang die sozialistische Wahlkampfmaschine in Gang gesetzt. Das darf nicht wundern. Frankreich ist derart vom Präsidentialsystem beherrscht, da kommt so etwas eher zu spät als rechtzeitig.

Das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die PS die Wahlniederlage ihres Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 nie selbstkritisch analysiert, geschweige denn Konsequenzen für ihr politisches Profil daraus gezogen hat. Zwar hat die Partei im vergangenen Jahr mehrere große Wahlerfolge eingeholt, unter anderem bei Europawahlen und Regionalwahlen. Doch das hat vor allem damit zu tun, dass die FranzösInnen der Chiraquie müde sind. Im politischen Ideenstreit ist die PS abwesend, verschwunden zwischen den sicherheits- und polizeistaatlichen Thesen auf der Rechten und den antiliberalen und globalisierungskritischen Thesen auf der Linken.

Das politische Klima in Frankreich hat sich seit zehn Jahren kontinuierlich nach links entwickelt. Marksteine auf diesem Weg waren unter anderem die Winterstreiks des Jahres 1995, das „Non“ im Referendum über die EU-Verfassung und die soziale Explosion der vergangenen Wochen in den Vorstädten. Die meisten FranzösInnen wollen eine(n) linke(n) Staatspräsidentin bzw. -präsidenten. Und wollen nicht etwa weniger Staat, wie es die aktuelle Politik organisiert, sondern mehr. Vor allem in der sozial- und Wirtschaftspolitik. Doch die PS halten sie in diesen Bereichen für nicht glaubwürdig.

Paradoxerweise eröffnet sich in dieser Situation ein breiter Boulevard für die Rechten. Allen voran für Populisten vom Schlage Nicolas Sarkozy, die es verstehen, aus Angst politisches Kapital zu schlagen. Nach drei Wochen mit brennenden Autos waren linke Erklärungs- und Lösungsansätze nicht zu finden. Wenn heute Wahlen wären, wäre die PS haushoch unterlegen. Dorothea Hahn