Neue Männerzeitschrift: Dekadenz statt Dekolletés

Das neue Männermodemagazin "LOfficiel Hommes" ist mit aufwendigen Fotostrecken eine Inspirationsquelle für den Mann, der seinen Stil gefunden hat.

Titten auf dem Cover reichen nicht mehr aus, weil die Gratis-Pornografie im Internet allgegenwärtig ist. Bild: dpa

Männer brauchen Hilfe. Diese Leitlinie haben sich viele Lifestyle-Magazine für Herren auf die Fahne geschrieben. Das heute erscheinende LOfficiel Hommes Germany ist da anders. "Mit dem Heft wird auf dem deutschen Markt eine Lücke geschlossen, die es so in anderen europäischen Ländern schon lange nicht mehr gibt", sagt Lâle Aktay, Chefredakteurin des neuen Männermodemagazins. Sie will weg vom Erziehungsauftrag für Männer und sieht Mode als Ausdruck der Kultur: "Wir bieten eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Kunst, Film, Musik und Literatur."

Vor allem in Italien oder in Frankreich ist das an der Tagesordnung, wie LUomo Vogue oder Vogue Hommes International zeigen. In Deutschland bleibt Aktays Plan jedoch ein gewagtes Unterfangen. Gerade in Zeiten, in denen auch etablierte Männermagazine bei der Verkaufsauflage Einbußen erzielen, will sie einen neuen Ansatz vorgeben. "Ich bin der festen Überzeugung, dass Deutschland nicht mehr Entwicklungsland in Sachen Mode ist", sagt Aktay, die früher für FHM arbeitete.

Die Zeiten der Metrosexualität seien vorbei, betonte Gala-Chefredakteur Peter Lewandowski im Interview mit dem Mediendienst DWDL zum Start des Ablegers Gala Men im Oktober 2009. Auch er will mit dem Titel ein neues Männermagazin weg vom Klischee etablieren. Im April soll die zweite Ausgabe erscheinen, danach soll es im Halbjahresrhythmus weitergehen.

Titten auf dem Cover reichen nicht mehr aus, weil die Gratis-Pornografie im Internet allgegenwärtig ist. Vermutlich der Hauptgrund dafür, dass in den letzten Jahren immer mehr Männerzeitschriften eingestellt wurden. 2007 musste Player aufgeben, im April 2008 traf es Matador und Anfang letzten Jahres dann auch Maxim. Ob Lewandowski mit Gala Men erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. In der ersten Ausgabe war von Innovation und Mut keine Spur. Rubriken wie "Wie viel Schönheit muss sein?" zeigen, dass Gala Men auf den Zug des längst verjährten metrosexuellen, hilfebedürftigen Mannes aufspringt - und das, obwohl Lewandowski gerade das nicht will.

"Es gibt noch kein Männermagazin in Deutschland, das Luxus nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch zelebriert", sagt die LOfficiel-Germany-Chefredakteurin. Diese sichtbare Dekadenz zeigt sich vor allem anhand der Fotostrecken, die sehr viel Raum einnehmen. Im Editorial nennt Aktay das den "verschwenderischen Umgang mit Bildern". Aber gerade das macht das Magazin besonders. Es ist eher eine Inspirationsquelle für den Mann, der seinen Stil gefunden hat.

Durch die lizenzbasierte Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Verlag Mitte Editionen, wo LOfficiel Hommes Germany erscheint, und dem Pariser Verlag Éditions Jalou, der LOfficiel Hommes Paris seit 2005 herausgibt, finden auch Fotostrecken aus dem französischen Originalheft ihren Platz. Das Verhältnis von übernommenem und selbstproduziertem Inhalt sei ausgeglichen, sagt Aktay. Insgesamt gibt es sieben Modestrecken, die sich auf 100 Seiten erstrecken. Unter ihnen sind auch solche, die der französische Chefredakteur Milan Vukmirovic selbst fotografiert hat.

Auf 284 Seiten präsentiert Lâle Aktay in der ersten Ausgabe die Mode-Highlights Frühling/Sommer 2010 - danach soll auch LOfficiel Hommes Germany halbjährlich erscheinen. Allerdings muss sie sich auf Konkurrenz gefasst machen, denn auch GQ Style und die im eigenen Verlag produzierte FHM Collection zeigen zweimal im Jahr das Beste der Modesaison. Die hausinterne Konkurrenz sieht Aktay aber nicht: "Wir sind eine ideale Ergänzung zu dem avantgardistischen Titel FHM collections."

Von einem authentischen avantgardistischen Modemagazin, wie Sybille Walter und Samuel Drira es mit ihrem französischen Encens zeigen, sind wir aber in Deutschland noch meilenweit entfernt. LOfficiel Hommes Germany ist ein guter Anfang, aber am Ende bleibt alles wie immer: In der Mode hinken wir hinterher.

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