Eine neue Stufe der Eskalation

Eine Kreuzberger Familie wurde zwangsgeräumt

Von Alke Wierth

Eigentlich ist das nichts Besonderes, wenn man in Kreuzberg oder an seinem Neuköllner Rand wohnt: Ab und an mal Polizeihubschrauber über den Dächern knattern zu hören, gehört ebenso dazu wie die langen Reihen von Mannschaftswagen, die bei Demos auf den Einsatz warten. Berlin eben.

Aber gewöhnlich gehört das nicht schon frühmorgens zum Sound und Bild der Stadt. Noch im Dunkeln vom Getöse eines Hubschraubers geweckt zu werden, das die Wände zum Brummen und die Fensterscheiben zum Klirren bringt, hat selbst für abgehärtete BerlinerInnen etwas Apokalyptisches.

Massiver Polizeieinsatz

Noch dazu, wenn man weiß, was die Ursache für diesen Höllenlärm ist: Die Wohnung einer Kreuzberger Familie wurde geräumt, die eine vom Vermieter geforderte Mieterhöhung zu spät bezahlte. Die daraufhin per Gericht beschlossene Räumung wurde mit massivem Polizeieinsatz durchgesetzt.

Bislang wurden in Berlin auf diese Weise Häuser geräumt, die von politischen AktivistInnen (auch) als Provokation, als Protestakte gegen gesellschaftliche Missstände besetzt worden waren. Wenn heute das Beharren einer fünfköpfigen Familie, ihre seit 21 Jahren bewohnte Mietwohnung zu einem bezahlbarem Preis zu behalten, dieselbe Reaktion des Staates hervorruft, hat die Form der Austragung gesellschaftlicher Missstände eine neue Eskalationsstufe erreicht.

„Apokalypse“ wird meist im Sinne von Weltuntergang gebraucht. Wörtlich übersetzt bedeutet es aber Enthüllung oder Entschleierung. In diesem Sinne passt das gut auf das Geschehen.