Vor Machtwechsel auf der Insel

ZYPERN Der konservative Kandidat Nikos Anastassiades hat bei der Präsidentenwahl am Sonntag die größten Chancen. Er soll die dringend benötigten EU-Kredite besorgen

Zypern wehrt sich gegen den Vorwurf, als Geldwasch- anlage zu dienen

AUS NIKOSIA KLAUS HILLENBRAND

Mit einem Meer von griechischen Flaggen begrüßten am Mittwochabend Tausende Anhänger der konservativen Partei Demokratische Sammlung (Dysi) in einer Sportarena in Nikosia ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag. Nikos Anastassiades gilt als Favorit für die Wahl in der Republik Zypern. Letzte Umfragen bescheinigen dem 66-Jährigen etwa 40 Prozent der Stimmen. Weit abgeschlagen folgen Stavros Malas von der linken Akel-Partei und Georgios Lillikas, der zwar als Unabhängiger antritt, aber die Unterstützung der links-nationalistischen Edek-Partei genießt.

Die wehenden griechischen Flaggen bei Anastasiades’ Wahlkampfauftritt sind nicht ohne Ironie, geht es doch in Wahrheit darum, dass Zypern auf keinen Fall dem Beispiel Griechenlands in der Finanzkrise folgen will. Das Land mit seinen gerade mal 850.000 Einwohnern hat schon vor Monaten bei der Europäischen Union um einen Rettungskredit in Höhe von rund 17 Milliarden Euro nachgesucht. Dabei geht es vor allem um Hilfen für die angeschlagenen Banken, die sich mit griechischen Staatsanleihen gründlich verhoben haben. 17 Milliarden Euro – das entspricht nahezu dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Zypern und würde die Staatsverschuldung auf 140 bis 150 Prozent des BIPs in die Höhe treiben.

Dem bisherigen Präsidenten Demetris Christofias von der linken Akel-Partei ist es nicht gelungen, Vorbehalte der europäischen Partner auszuräumen. Christofias, der am Sonntag nicht mehr antritt, schloss insbesondere den Verkauf von Staatseigentum kategorisch aus. Ein Memorandum zwischen Zypern und der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds ist zwar weitgehend ausgehandelt, aber noch nicht unterschriftsreif. Es sieht deutliche Einsparungen im sozialen Bereich und Steuererhöhungen vor.

Favorit Nikis Anastasiades gilt als europafreundlich. Erst vor wenigen Wochen versicherte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer Veranstaltung im zypriotischen Limassol ihre Unterstützung für den Konservativen. Seine Wahl würde den Trend bestätigen, dass noch fast jede europäische Regierung in der Finanzkrise abgewählt wird.

Insbesondere in Deutschland wuchsen zuletzt die Zweifel, ob Zypern den Rettungskredit erhalten soll. Die Opposition von SPD und Grünen, aber auch Abgeordnete aus den Reihen der Regierungsparteien verlangten eine schärfere Bekämpfung der Geldwäsche. Dabei wird unterstellt, dass vor allem russische Oligarchen die Insel als Geldwaschanlage nutzen. Zypern wehrt sich entschieden gegen diese Vorwürfe. Beim jüngsten Treffen der EU-Finanzminister wurde beschlossen, eine unabhängige Privatfirma mit der Untersuchung der Vorwürfe zu betrauen. Tatsache ist, dass viele Firmen aus den GUS-Staaten Briefkastenfirmen auf Zypern eingerichtet haben, um von den günstigen Steuern in Höhe von 10 Prozent zu profitieren – das aber ist legal.

Der niedrige Steuersatz ist ein anderer Kritikpunkt. Erst am Mittwoch hatte der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin seine Forderung erneuert, dass diese „Dumpingsteuern“ unbedingt erhöht werden müssten. Gestritten wird zwischen der zyprischen Regierung und der EU aber weiter über die Frage, ob tatsächlich eine unabhängige Privatfirma damit beauftragt werden soll, dem Vorwurf der Geldwäsche nachzugehen. Der Streit über diese nicht unwichtige Meinungsverschiedenheit könnte die dringend notwendige Einigung mit der EU weiter verzögern.

Angesichts wachsender Arbeitslosigkeit und Krisenangst bestimmte erstmals seit Jahrzehnten nicht der Konflikt mit den türkischen Zyprioten den Wahlkampf. Die Kandidaten übertrafen sich vielmehr mit Erklärungen, wie sie die Verhandlungen mit der Troika zu einem günstigen Abschluss führen würden. Im Frühjahr dürfte Zypern sonst mangels Finanzreserven vor der Pleite stehen.