Gericht verbietet Preisbindung: Öl und Gas laufen künftig getrennt

Gasversorger dürfen den Gaspreis nicht ausschließlich an den Ölpreis koppeln, entschied der Bundesgerichtshof. Die Gaspreise sinken deswegen nicht unbedingt

Überteuerte Flamme. : ak74 / photocase

BERLIN taz | Die Gasversorger in Deutschland dürfen die Gaspreise künftig nicht mehr ausschließlich an die Ölpreise koppeln. Das entschied am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH). Preisanpassungsklauseln, die den Arbeitspreis für Erdgas allein an die Entwicklung des Preises für extraleichtes Heizöl binden, benachteiligten die Kunden unangemessen und könnten deshalb nicht Grundlage einer Preisanpassung sein, so die Bundesrichter. Die entsprechende Klausel ist damit ungültig.

Mit dem Urteil setzte der BGH seine tendenziell gasverbraucherfreundliche Rechtsprechung fort. Das Urteil bedeutet allerdings nicht, dass die Gaspreise jetzt auf breiter Front sinken werden oder nicht weiter steigen dürfen. Auch die teils monopolartigen Strukturen des Gasmarktes werden davon nicht berührt.

Mit der Entscheidung hatten die Klagen des Bundes der Energieverbraucher und zahlreicher Privatkunden Erfolg. Sie kämpften gegen Gaspreisklauseln der RheinEnergie in Nordrhein-Westfalen und der Stadtwerke im hessischen Dreieich. Die Gaslieferanten hatten den Verbrauchern Verträge aufgebrummt, wonach sie Preisveränderungen bei extraleichtem Heizöl direkt an ihre Gaskunden weitergaben.

Der Bundesgerichtshof beanstandete in seinem Urteil, dass mit diesen Verträgen der Gaspreis allein vom Faktor Heizöl abhängig gemacht werde. Die Kosten eines Gasversorgers seien aber auch von Netzgebühren und Vertriebskosten abhängig. Fielen diese, ermögliche dies dem Gasversorger die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung, weil sich der Gaspreis allein nach dem Heizölpreis richte. Dies bedeute eine unangemessene Benachteiligung der Kunden.

"Für die Lieferung von leitungsgebundenem Gas an Endverbraucher existiert jedoch mangels eines wirksamen Wettbewerbs nach wie vor kein Marktpreis", stellte der Bundesgerichtshof fest. Dass sich der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickele, beruhe nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, "dass die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspricht".

Zwar kommt durch das Urteil etwas Bewegung in den Markt; direkt im Portemonnaie dürften es die meisten Verbraucher aber zunächst nicht spüren. "Das Urteil bedeutet nicht, dass jetzt die Preise sinken", sagt Aribert Peters, Chef des Bundes der Energieverbraucher. Bundesweit gebe es relativ wenige Kunden, die solche Klauseln in ihren Verträgen hätten. "Wir sind dennoch glücklich." Nun sei die Kopplung des Gaspreises an den Ölpreis nicht mehr möglich.

Auch Thorsten Bohg, Geschäftsführer des Verbraucherportals Toptarif.de, erwartet keine sinkenden Gaspreise durch das Urteil. Denn die zentralen Preisbildungsmechanismen blieben vom heutigen Richterspruch völlig unberührt. Diese würden beispielsweise von den langfristigen Lieferverträgen zwischen internationalen Gaslieferanten wie Gazprom und großen Importeuren wie Eon Ruhrgas gekennzeichnet, die seit Jahrzehnten auf der Ölpreisbindung beruhten.

"Stadtwerke und Endkunden stellen die letzten Glieder in der Versorgungskette dar und stehen mit Blick auf die Preisgestaltung nach wie vor in einer hohen Abhängigkeit zu den Gaslieferanten und Importeuren", so Bogh. Dennoch sei das Urteil ein Signal für mehr Transparenz und Wettbewerb auf dem Gasmarkt. Allerdings nutzten die Verbraucher ihre Marktmacht, die sie durch einen möglichen Wechsel ihres Versorgers haben, bisher viel zu selten.

Der Bundesverbraucherverband hofft ebenfalls auf mehr Wettbewerb. "Entscheidend ist, dass wir mehr Wettbewerb in den Markt bekommen. Das BGH-Urteil hat die Bedingungen dafür verbessert", so Verbandschef Gerd Billen. Die Ölpreisbindung habe in der Vergangenheit zu enormer Intransparenz geführt. Dabei hätten Gasversorger einen Anstieg des Ölpreises stets in vollem Umfang an Kunden weitergegeben. Fielen die Weltmarktpreise wieder, seien die Senkungen dagegen marginal geblieben. Billen: "Diese unsinnige Kopplung hat niemand verstanden."

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