Kommentar zur jüngsten Parteien-Umfrage: Das Rennen ist offener denn je

Neuste Umfrage sieht eine knappe Mehrheit für Rot-Grün in Berlin. Praktisch bedeutet das vor allem eins: Es muss um die Wähler gestritten werden.

Da schau einer an: Meinungsforscher können noch überraschen. Seit Monaten hat man sich als politischer Beobachter an den Gedanken gewöhnt, dass für die Zeit nach der Abgeordnetenhauswahl 2011 vor allem eines sicher ist: Alle Parteien sind in Berlin so schwach, dass sich mindestens drei zusammenfinden müssen, um zu regieren. Und jetzt das: Forsa behauptet, es würde für eine Zweierkombo reichen. Rot und Grün.

Hauptgrund dafür ist, dass es neben den vier großen schwachen eine ganz schwache Partei gibt: Die FDP knapst an der Fünfprozenthürde. Fast genauso wichtig aber ist, dass die SPD von Forsa 3 Prozentpunkte vor der CDU eingestuft wird. Der Umfragekonkurrent infratest dimap sieht die Reihenfolge genau umgekehrt. Bedenkt man dann noch, dass die Statistiker gern um bis zu drei Punkte danebentippen, weiß man eigentlich nur noch, dass man nichts weiß.

Zum ersten Mal seit Langem hätten SPD und Grüne bei Abgeordnetenhauswahlen gemeinsam eine Mehrheit. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa legen die Grünen in der Wählergunst weiter zu und kämen jetzt auf 21 Prozent der Stimmen. Das seien zwei Punkte mehr als bei der letzten Umfrage. Die Partei läge damit nur noch einen Prozentpunkt hinter der CDU (unverändert 22 Prozent). Stärkste Partei bliebe mit 25 Prozent die SPD (ebenfalls unverändert), die Linke erhielte 17 (minus 1), die FDP 5 Prozent (minus 1) der Stimmen. Für Rot-Rot würde es zurzeit nicht reichen. (ddp)

Außer - denn das ist seit Monaten konstant - dass die Grünen gerade ganz gut ankommen. Dabei weiß der Wähler wenig über die Partei: 60 Prozent der Berliner kennen die grünen Fraktionschefs nicht. Und über deren Wunschkoalition wissen sie erst recht nichts, weil sich die Grünen nicht festlegen wollen. Sicher ist laut Forsa somit nur: Das Rennen ist völlig offen.

Bei so viel Offenheit machen die Parteien derzeit das einzig Richtige: Sie geben sich selber offen. Bei Tagungen, Kongressen und Parteitagen laden SPD, CDU, Linke und Grüne Experten und Betroffene zum Disput über Integration und Bildung, Mieten und Verkehr. Vielleicht entscheidet am Ende ja tatsächlich die politische Debatte über die Zusammensetzung des nächsten Senats. Es wird eine spannende Zeit bis zur Wahl im Herbst 2011.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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