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ERHOLUNG Seit einer Regeländerung vor einem Jahr werden deutlich mehr Mutter-Kind-Kuren genehmigt. Eine neue Studie der Medizinischen Hochschule Hannover belegt jetzt, wie nachhaltig die Kuren wirken

■ Eine Kur-Teilnehmerin ist im Schnitt 37,9 Jahre alt und hat 1,8 Kinder.

■ Mütter mit Hauptschulabschluss oder ohne Schulabschluss sind in Mutter-Kind-Kuren unterrepräsentiert.

■ 80 Prozent der Frauen sind berufstätig, 2005 waren es 50 Prozent.

■ Alleinerziehende sind prozentual überdurchschnittlich häufig auf Mutter-Kind-Kuren.  JOG

Die Ergebnisse einer am Freitag vorgestellten Studie des Forschungsverbundes Familiengesundheit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zeigen, dass Mütter auch noch neun Monate nach einer Kur davon profitieren. Sie haben deutlich weniger psychische Beschwerden als vorher, klagen seltener über Rückenprobleme, kommen besser mit ihren Kindern zurecht.

Die Forscher der MHH haben in ihre Studie die seit einem Jahr geltenden Begutachtungsrichtlinien für Mutter-Kind-Kuren einbezogen. Seit 2012 haben stationäre Maßnahmen Vorrang vor ambulanten Hilfsangeboten. „Früher lehnten wir jeden zweiten Antrag ab, inzwischen genehmigen wir mehr als 90 Prozent“, sagt Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen.

Mehr als 80 Prozent der Frauen, die eine Mutter-Kind-Kur besuchen, sind nach einer Erhebung des Müttergenesungswerks mit ihren psychischen Kräften am Ende. „Früher waren Atemwegs- und Hauterkrankungen, Gewichts- oder orthopädische Probleme bei den Müttern in unserer Kurklinik genauso stark vertreten“, sagt Heinz Rüsch, Geschäftsführer der Kurklinik Strandrobbe Cuxhaven – einer von bundesweit rund 150 Mutter-Kind-Kliniken.

„Heute bieten wir während der Kur als freiwilliges Angebot Erziehungsberatung, Elterncoaching und Stressbewältigung an“, sagt Rüsch. Für Kinder gebe es ein spezielles Programm, um ihre sozialen Kompetenzen zu fördern. „Solche Themen spielten früher bei einer Mutter-Kind-Kur keine große Rolle“, sagt Rüsch.

„Wer alleine für Haushalt und Kinder zuständig ist und noch arbeitet, ist doppelt belastet“, sagt Friederike Otto, Leiterin des Forschungsverbundes an der MHH. „Allerdings kann der Beruf auch positiv auf das Selbstwertgefühl wirken“, sagt Otto. Ob eine Kur hilft, die Lasten innerhalb der Familie anders zu verteilen, sei aber eher fraglich.

65.000 Mutter-Kind-Kuren finden derzeit pro Jahr in Deutschland statt, die in der Regel für Mütter mit Kindern bis zu zwölf Jahren genehmigt werden. Nur drei Prozent dieser Maßnahmen entfallen auf Väter. „Die sind nach einer Trennung meist alleinerziehend und kommen damit oft nur schwer klar“, sagt Karin Polenz von der Villa Kunterbunt des Deutschen Roten Kreuzes auf Wangerooge, wo regelmäßig Vater-Kind-Kuren angeboten werden.

Für Otto sind die Hausärzte der entscheidende Faktor, denn sie müssen eine Kur empfehlen. „Ihr Engagement war wegen der zeitaufwändigen Anträge und der geringen Erfolgsaussichten zum Teil begrenzt“, sagt Otto. Das habe sich aber geändert. Allerdings gebe es auch heute noch Krankenkassen, die trotz der veränderten Rechtslage bis zu 80 Prozent der Anträge ablehnten und erst nach einem Widerspruch der Mütter ihre Entscheidung änderten.  JOACHIM GÖRES

Beratungsstellen gibt es auf: www.muettergenesungswerk.de. Ein Online-Test der MHH zeigt, ob eine Mutter-Kind-Kur helfen kann: webhost2.mh-hannover.de/fvmhh/kbd.