Eins mit Sternchen für Köpenick

UNION MACHT ALLES RICHTIG

Union ist ein ernsthafterer Kandidat für Liga eins denn je

Es muss sich schon um ein seltsames Phänomen handeln, wenn es Achim Mentzel und Nina Hagen gleichermaßen zu Glanzleistungen antreibt. In Köpenick ist es beheimatet, nahe der Wuhlheide, und es hört auf den Namen Union Berlin. Die eine, Hagen, hat dem Club eine Hymne gesungen, die immer noch bei jedem Spiel der Eisernen ertönt. Der andere, Mentzel, hat vor über dreißig Jahren den ultimativen Smashhit „Stimmung in der Alten Försterei“ geschrieben, inklusive der vielleicht wunderbarsten Liebeserklärung an den heiligen Rasen in der Hymnenhistorie: „Auf einer grünen Wiese zwei Tore aufgestellt / und zwischen diesen Toren der schönste Platz der Welt.“

Und nun können die auch noch spielen! Die Hertha war am Montag mit einem Unentschieden gut bedient: 2:2 hieß es am Ende im Stadtderby – und das nur, weil Hertha mit individueller Klasse nach Standardsituationen erfolgreich war.

Union macht erschreckend viel richtig dieser Tage – damit widersetzt man sich dem städtischen Trend Unvermögen.

In den vergangenen Jahren hat sich Union damit hervorgetan, kreative Lösungen für ökonomische Herausforderungen zu finden: 2004 sicherte man die Ligalizenz durch Blutspenden der Fans. 2008 packten jene, die schon ihren Lebenssaft für den Club gegeben hatten, auch noch beim Stadionbau mit an: Die Fans sanierten die Stehtribünen. Der Bau der neuen Haupttribüne in diesem Jahr wurde durch Stadionaktien ermöglicht.

Neu ist: Union ist nun ein ernsthafterer Kandidat für Liga eins denn je. Was diese Mannschaft in den ersten beiden Rückrundenspielen zeigte, dürfte auch bei den Konkurrenten um den Relegationsrang angekommen sein. In den letzten zehn Spielen musste Union nur eine überflüssige 3:4-Niederlage beim Ligaprimus Braunschweig einstecken. „Platz 3 hat sich noch nicht erledigt“, sagt Kapitän Torsten Mattuschka.

Gegen Hertha hätte Coach Uwe Neuhaus seinem Team die Note eins mit Sternchen geben können. Aggressives Pressing, Verschieben, schnelles Umschalten von Verteidigung auf Angriff – es gab wenig erkennbare Schwächen. Der spielstarken Hertha ließ man kaum Raum zur Entfaltung. Die Blauen agierten aus Verzweiflung so oft mit langen Bällen wie lange nicht mehr.

Bei Union riecht es nicht nur nach verbranntem Rasen, wie Nina Hagen singt, sondern es riecht so langsam auch nach erster Liga im Berliner Osten. JENS UTHOFF