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Obama sichtet die Ölpest"BP wird die Rechnung zahlen"

Schlechtes Wetter erschwert die Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko. Obama macht sich ein Bild vor Ort und spricht von einer "möglicherweise noch nie dagewesenen Naturkatastrophe".

Besorgte Worte nach der Rundreise: Obama spricht in Venice am Mississippi-Delta zur Nation. Bild: reuters

BERLIN/VENICE taz/ap/dpa | Der Ölteppich im Golf von Mexiko nimmt immer gewaltigere Ausmaße an. Ein Ende ist dabei nicht abzusehen, da das Öl weiter ungehindert aus dem Bohrloch der untergegangenen Bohrinsel "Deepwater Horizon" strömt. Zwar erreichte bis Sonntag nur wenig Öl die Küste, angesichts des immer weiter wachsenden Ölteppichs machte sich bei den Menschen an der Küste von Louisiana aber Verzweiflung breit. Sie sehen ihre Lebensgrundlagen in Gefahr.

US-Präsident Barack Obama war am Sonntag selbst vor Ort. "Wir haben eine massive und möglicherweise noch nie dagewesene Naturkatastrophe", sagte Obama anschließend. Im Hubschrauber wollte sich Obama außerdem einen Überblick verschaffen. Wegen starken Windes konnte er aber nur an der Küste entlang und nicht wie gewünscht über den Ölteppich fliegen.

Präsident Obama versprach der Bevölkerung, seine Regierung werde alles nötige tun, um die Krise zu bekämpfen. Erneut kritisierte er auch den Ölkonzern BP, dem die Bohrinsel gehörte. Das Unternehmen sei für das Leck verantwortlich. "BP wird die Rechnung zahlen."

Vor seinem Besuch hatte es Kritik gegeben, er und die Regierung hätten nicht rasch genug auf die Katastrophe reagiert. Obama verteidigte sich energisch dagegen.

Der Chef von BP in den USA, Lamar McKay, sagte am Sonntag dem Fernsehsender ABC, vermutlich habe der Ausfall eines einzelnen Bauteils in der Technik der Plattform "Deepwater Horizon" die Katastrophe ausgelöst. Zugleich verteidigte er den BP-Konzern gegen Kritik.

Seine Firma arbeite zeitgleich an mehreren "Fronten". Eine davon sei eine "Kuppel", die über das Bohrloch gestülpt werden solle. "Die werden wir wahrscheinlich in sechs Tagen bis acht Tagen einsetzen können", sagte McKay. Insgesamt gibt es drei Ansätze, das Bohrloch wieder zu schließen.

Aus der Quelle schießen jeden Tag noch etwa 800.000 Liter Öl. Sollte das Leck nicht gestoppt werden, könnte die Verschmutzung in mehreren Wochen noch schlimmer als bei der Havarie des Tankers "Exxon Valdez" 1989 in Alaska sein. Wegen der Ölpest wurde inzwischen von Louisiana bis Florida ein Fischfangverbot verhängt.

Derweil blieben alle Versuche, das austretende Öl irgendwie aufzuhalten, weiter erfolglos. Der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, kritisierte den Ölkonzern BP, weil dieser nach seinen Angaben noch immer kein Konzept für den Schutz der Küste vorgelegt hat. Entsprechende Pläne habe er bereits vor mehr als einer Woche angefordert. Der Ölteppich "bedroht buchstäblich unsere Lebensweise".

Sorgen bereitete Experten vor allem die Tatsache, dass sich die Größe des Ölteppichs innerhalb eines Tages fast verdreifachte. Das Öl breite sich weit schneller aus als bislang gedacht, erklärte Hans Graber von der Universität von Miami nach der Auswertung von Satellitenbildern.

Hatte der Ölteppich am Donnerstag noch eine Größe von fast 3.000 Quadratkilometern, so waren es am Freitagabend rund 9.900 Quadratkilometer. Das entspricht ungefähr der Hälfte der Fläche von Rheinland-Pfalz.

Verschlimmert wird die Lage durch schlechtes Wetter mit heftigem Wind: Der hohe Wellengang erschwert das Auslegen schwimmender Barrieren und das Absaugen des Ölfilms. Das Abfackeln von Teilen des Ölteppichs ist seit Tagen nicht mehr möglich gewesen.

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17 Kommentare

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  • M
    Moritz

    zu Florentine: Atomkraftwerke und Bohrinseln sind nicht miteinander zu vergleichen. Ich bleibe dabei, das Ausmaß der Katastrophe wurde erst mit der Zeit deutlich. OBAMA hat viele andere Aufgaben, z. Bsp. unmenschliche Kriege zu beenden. Nachdem das gesamte Ausmaß ersichtlich wurde, ist OBAMA in die Region gereist.

  • F
    Florentine

    @Moritz: wenn in diesem unserem Lande z.B. ein Atomkraftwerk eines bekannten und großen deutschen Energieriesen in die Luft fliegt...geht dies dann die Regierung sozusagen nichts an? Da ist nichts Aufgabe der Regierung? Staun.

  • M
    Moritz

    zu Florentine: "Vor lauter (berechtigter) Kritik an BP hat der begnadete Vielredner Obama glatt übersehen, rechtzeitig, d.h. nach Eintritt der Katastrophe, sich einzumischen"

     

    Wenn auf dem Meer eine Ölbohrinsel explodiert, dann ist es doch nicht die Aufgabe des Präsidenten sofort die Koordination der Katastrophe zu übernehmen. Vor Ort kann Obama ohnehin nur Hände schütteln und Reden halten. Bei "Katrina" war es anders, da damals hunderte Leichen im Wasser schwammen und kein Konzern in der Verantwortung stand.

  • M
    mik

    Beim einem ähnlichem und noch größerem Vorfall im Golf von Mexico am 3, Juni 1973 blaß die IXTOC I 10-30 Tausend Barrel pro Tag bis sie am 23, März 1980 geschlossen wurde (Quelle:http://www.incidentnews.gov/incident/6250).

     

    Hoffentlich geht das heute deutlich schneller mit dem versiegeln!?

  • P
    P.Haller

    Ist doch lächerlich:

    Was soll BP bezahlen, bzw. wie will BP das Desaster jemals bezahlen ?

    Das ist genauso bescheuert, als würde man nach einem Atom-Gau (bekommen wir auch noch hin) behaupten, dass RWE o.ä. das schon bezahlen würde !

    Bezahlen, und da braucht man kein Hellseher zu sein, wird wie üblich der kleine Arsch und zwar doppelt und dreifach. Einmal die Beseitigung der Schweinerei (falls das überhaupt möglich ist), dann den erhöhten Öl-/Spritpreis, denn BP muss sich ja die entgangene Kohle wiederholen, und nicht zuletzt die vielen Schwarzen Anwohner am Golf, die wie immer die grösste Arschkarte gezogen haben!

    Aber Gott sei Dank haben wir ja Kapitalismus !!

    Der wirds schon richten !!

  • F
    Faibel

    "BP wird die Rechnung zahlen"

     

    Wer´s glaubt wird seelig!

     

    Wie war das noch damals mit der Exxon Valdez?

     

    "Exxon stiehlt sich bis heute aus der Verantwortung

     

    Die Reinigungsarbeiten kosteten über zwei Milliarden Dollar. Exxon übernahm zwar diese Summe, konnte sie aber später durch zahlreiche Tricks steuerlich abschreiben. Das heißt: Die US-Steuerzahler finanzierten einen Großteil der Reinigungsarbeiten."

    http://www.greenpeace.de/themen/oel/oeltanker/artikel/exxon_valdez_katastrophe_16_jahre_spaeter/

     

    Das dürfte hier nicht anders ausgehen - leider!

  • J
    joHnny

    "shell to hell" und BP auch!...

  • KK
    Karl Kraus

    Das ist keine Naturkatastrophe.

  • F
    Florian

    Wenn Herr Obama von einer "Naturkatastrophe" spricht, dann setzt er das Desaster mit Erdbeben und Vulkanausbrüchen gleich, bei denen der Mensch mal ausnahmsweise keine Finger mit im Spiel hatte.

     

    Das wird noch lustig werden, wie sich die Politiker zukünftig verdrehen, wenn sie gleichzeitig mehr Ölbohrungen und einen besseren Umweltschutz fordern...

  • M
    Martin

    Ach, bisher zahlten die Staaten die Rechnungen der Banken bei der Finanzkrise, jetzt die Rückzahlung der griechischen Kredite an die Banken, Deutschland zahlte für Quelle und die Abwrackprämie für die Autoindustrie, die Fluggesellschaften wollen ihre Rechnung rüberschieben. Aber bei BP soll es nun anders sein?

  • J
    jonas

    Warum fordert der Gouverneur von Louisianna von einem privaten Unternehmen einen Plan, wie man die Küste seines Landes vor einer Umweltkatastrophe schützen könne.

    Fällt sowas nicht normalerweise ins Ressort einer Regierung oder vielleicht auch eines, wartense mal, Gouverneurs und seines Stabes?

     

    Und BP hat sich an geltende Sicherheitsvorschriften der USA gehalten... denen jetzt die ganze Zeche aufdrücken zu wollen ist schon sehr frech.

     

    Ohne ein besonderer Freund von Großkonzernen zu sein, ist die Politik doch in diesem Fall mitschuldig. Einige Wochen vor der Katastrophe gab es bei BP sogar Überlegungen, eine Art Notventil mit einem auf wechselnden Druck reagierenden Regler einzubauen, das in genau einem wie dem jetzt eingetretenen Fall das Bohrloch verschlossen hätte.

     

    Man entschied sich dagegen (schwerer Fehler des Unternehmens), weil das Gesetzt dies nicht verlangt (schwerer Fehler der USA).

    Da hat sich wohl jemand auf die "freiwillige Selbstkontrolle" der Unternehmen verlassen, sprich: Weniger Sicherheitsvorkehrungen bedeuten höhere Gewinne.

  • L
    Lily

    "Naturkatastrophe"

     

    Dies stimmt ja wohl offensichtlich schon in der Überschrift nicht. Woher soll denn die Natur einen Ölteppich nehmen? Es ist eindeutig eine Katastrophe, die durch menschliches Profitstreben verursacht wurde.

     

    Und ja, ich heize auch, weil es nicht anders geht und ich mir keine Solaranlage leisten kann. Aber ein Auto brauche ich nicht.

  • MF
    Michael Freiburg

    ja ja, Naturkatastrophe. Die größte aller Naturkatastrophen ist wohl der Mensch mit seiner ganzen Anmaßung und Überheblichkeit.

  • A
    Amos

    Alles Unheil geht vom "Gringo" aus.

  • X
    xonra

    Abgesehen davon, dass der Schaden mit Geld nicht zu bezahlen sein wird, werden natürlich alle Ölsüchtigen dafür bezahlen. Die betroffenen Konzerne werden ihr Risiko schon auf die Kunden abwälzen.

  • F
    Florentine

    Vor lauter (berechtigter) Kritik an BP hat der begnadete Vielredner Obama glatt übersehen, rechtzeitig, d.h. nach Eintritt der Katastrophe, sich einzumischen und die Hilfe des Staates zu organisieren. Niemand weiß, was pasiert wäre, hätten die USA als Staat sofort mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln reagiert. Nun, 1 Woche und Millionen Tonnen Öl später, ist das Öl an Land. Läßt sich im letzten Moment die Masse des Öls nicht noch auffangen und das Öl dringt in die Bayous vor, ist eine einmalige Naturlandschaft für immer zerstört. Dieses Sumpf- und Marschgebiet reinigen zu wollen ist reine Fantasy.

    M.M. nach stand Obama dem Unglück zu Beginn mit einem gewissen Desinteresse und Vertrauen in BP gegenüber. Das ist nun sein 'Katrina'. Allerdings wird es für ihn persönlich genauso wenig Konsequenzen haben, wie damals für Bush.

    Die Folgen tragen andere.

  • R
    roterbaron

    Sicherlich eine Tragödie für die Flora und Fauna, aber irgendwie finde ich...trifft es mal die Richtigen!