Elbvertiefung: Baggern ohne Kompromisse

Senat, Hafenwirtschaft und Umweltverbände in Hamburg streiten über angeblichen Vorschlag, die Elbe weniger tief auszubaggern. Angebote will niemand gemacht haben, vertrauliche Gespräche aber gab es.

Das weltgrößte Containerschiff schaffte es 2005 ohne Elbvertiefung nach Hamburg - bei Hochwasser. : dpa

Eine "Elbvertiefung light" um lediglich 50 Zentimeter komme nicht in Frage, beteuert Bürgermeister Ole von Beust (CDU): "Das politisch gewollte und wirtschaftlich notwendige Ziel ist völlig klar: Die Elbe muss um einen Meter vertieft werden." Und daran hielten die Stadt und der Bund "ohne Wenn und Aber fest", sagt Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU). Am laufenden Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben werde nicht gerüttelt. Mit einem Planbeschluss wird im Herbst dieses Jahres gerechnet, mit dem Baubeginn 2011.

Damit tritt der Senat Gerüchten über seinen angeblichen Versuch entgegen, mit einer reduzierten Ausbaggerung der Unterelbe die Umweltverbände von eventuellen Klagen gegen das Projekt abzuhalten. Das Dementi ist glaubhaft, weil die Verbände auch eine abgespeckte Version rundweg ablehnen. "Wir wollen die Elbe nicht vertiefen, sondern ökologisch verbessern", stellt der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu), Alexander Porschke, klar. Als ehemaliger grüner Umweltsenator ist der 56-Jährige mit dem Vorhaben seit 13 Jahren bestens vertraut.

Auch zwei weitere Umweltverbände bleiben bei ihrem Nein zum Baggern: "Es besteht ein dringender Renaturierungsbedarf für die Tideelbe", sagt Beatrice Claus von der Umweltstiftung WWF. "Vor dem Hintergrund der dramatischen Zunahme der Verschlickung, der Zerstörung natürlicher Ufer und der Sauerstoffprobleme während der letzten Jahre lehnen wir jede weitere Vertiefung ab." Und der Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Manfred Braasch erklärt schlicht: "Es kann keinen Kompromiss geben."

Um die Elbe den immer größeren Schiffen anzupassen, die den Hamburger Hafen anlaufen, ist eine Fahrrinne gegraben worden, die mehrfach vertieft wurde. Der Fluss ist heute etwa drei- bis viermal tiefer als in den 1820er Jahren.

Der Tiefgang liegt aktuell bei 13,50 Metern. Geplant ist eine Vertiefung auf 14,50 Meter.

Der Baubeginn war für 2007 angesetzt und wurde erst auf 2009 und inzwischen auf 2011 nach hinten korrigiert.

Das Bauende könnte frühestens Mitte 2012 sein, jüngste Berechnungen deuten jedoch auf Ende 2013 hin.

Die Kosten von rund 385 Millionen Euro trägt zu zwei Dritteln der Bund. Den Hamburger Anteil bezifferte der Senat Mitte Februar auf 137 Millionen Euro. Das ist rund ein Drittel mehr als die 102,5 Millionen Euro, welche die Bürgerschaft Ende 2006 bewilligt hatte.

Dem jedoch widerspricht die Wirtschaftsbehörde. Es habe "in den vergangenen Monaten Kompromissangebote von Umweltverbänden" gegeben, sagt Behördensprecher Michael Ahrens. Auf Seiten der Behörden habe sich jedoch niemand "darauf eingelassen". Das stimme nicht, kontern Nabu, WWF und BUND in einer gemeinsamen Stellungnahme und fordern, "diese Falschaussage zurückzunehmen".

Allerdings gab es nach taz-Informationen ein "vertrauliches Sondierungsgespräch" zwischen einem Beauftragten des Senats und einem großen Hafenlogistikunternehmen über ein Papier des Hannoveraner Umweltberaters Walter Feldt. Der hatte bereits 2007 einen geringere Vertiefung um nur 50 Zentimeter angeregt. In den Koalitionsverhandlungen mit der CDU Anfang 2008 hatten die Grünen diesen Vorschlag auf den Tisch gelegt, die CDU jedoch hatte das rundweg abgelehnt. Die Elbvertiefung steht als Ziel im schwarz-grünen Regierungsvertrag.

"Mit zirka 30 Prozent des Eingriffs kann man das halbe Planungsziel erreichen", erklärte Feldt damals. Die Sohle des Stroms sei wie eine Hügelkette. Würden nur die Gipfel gekappt, müsse weniger gebaggert werden. Werde tiefer gebuddelt, seien immer breitere Sockel abzutragen. Die Baggergutmenge vervielfache sich, die Umweltschädigungen nähmen deutlich zu. "Die ersten 50 Zentimeter gibt es für ein Drittel der Gesamtkosten", bekräftigt Feldt am Montag auf Anfrage. "Und das verursacht nur ein Drittel der ökologischen Schäden."

Wenn sein drei Jahre alter Vorschlag jetzt wieder diskutiert würde, "ist das nur vernünftig", findet der einstige Referatsleiter im niedersächsischen Umweltministerium. Das Vorhaben tangiere massiv EU-Naturschutzrecht, wie der Senat im Herbst vorigen Jahres selbst eingeräumt habe. "Deshalb ist es sinnvoll, Alternativen zu prüfen", sagt Feldt, "und das können natürlich nur kleinere Maßnahmen sein, nicht noch größere."

Nach Ansicht des Hamburger Unternehmensverbandes kommt das überhaupt nicht in Frage. "Das wäre kein Kompromiss, sondern eine Katastrophe", sagt dessen Präsident Hans Fabian Kruse. BUND-Geschäftsführer Braasch ist da anderer Meinung: Das sei nur "der übliche hysterische Reflex der Hafenwirtschaft".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.