Neue Nordstaat-Debatte: "Nichts fürs Sommerloch"

Schleswig-Holsteins Grüne stimmen auf ihrem Parteitag über die perspektivische Auflösung des Landes ab. Der rechtspolitische Sprecher Torsten Fürter hält einen Zusammenschluss mit Hamburg bis 2020 für möglich.

Sagt Carstensen: "Wenn Ole mir sein schmuckes Rathaus überlässt, können wir drüber reden." Sagt von Beust: "2020 bin ich längst auf Sylt. Dann will ich König von Nordfriesland sein." Bild: dpa

taz: Herr Fürter, Sie wollen den Nordstaat. Ist bei den Grünen in Schleswig-Holstein schon der Sommer ausgebrochen?

Thorsten Fürter: Weil es um ein norddeutsches Bundesland geht? Das ist kein Sommerlochthema - wir beschäftigen uns schon ernsthaft damit, unter anderem in der Enquete-Kommission "Norddeutsche Zusammenarbeit", die meine Fraktion mit der SPD im Landtag durchgesetzt hat.

Was ist der aktuelle Anlass, sich mit dem Nordstaat zu beschäftigen?

Wir werden überall schwierige Haushaltslagen bekommen, und es stellt sich die Frage, wie man Ressourcen schaffen kann. Länder, die nahe beieinander liegen, können gemeinsame Lösungen für Verwaltungsprobleme finden.

Spart das denn? Berechnungen sagen, dass es für Bremen und Niedersachsen nichts bringt, und ein Doppelland Hamburg-Schleswig-Holstein würde weniger Mittel aus dem Föderalismusausgleich erhalten.

Der Föderalismusausgleich muss bis 2020 ohnehin neu verhandelt werden. Uns schwebt ein längerer Prozess vor, der gute Lösungen hervorbringt. Ob gespart werden kann, hängt von der Umsetzung ab. Das Beispiel der Statistikämter, wo trotz Zusammenschlusses die Führungsposten geblieben sind, zeigt, wie es nicht sein sollte.

In dem Antrag, den Sie beim Landesparteitag der Grünen am Wochenende einbringen, nennen Sie ein Datum: 2020 könnten Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengehen. Ist das realistisch?

Der Zusammenschluss Hamburg-Schleswig-Holstein ist nur eine Variante, schließlich könnten auch Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen eingezogen werden. Aber wenn etwas bis 2020 klappen könnte, dann ein Bündnis von Hamburg und Schleswig-Holstein, die am weitesten sind.

ist seit 2009 Abgeordneter und rechtspolitischer Sprecher der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag. Der gebürtige Hamburger war zuvor Richter am Landgericht Lübeck und Pressesprecher des Hamburger Justizsenators Till Steffen (GAL)

Nun ist in Schleswig-Holstein vor kurzem eine Kreisreform gescheitert - wie wahrscheinlich ist da, dass die Menschen ihr Bundesland aufgeben?

Jetzt im Mai holt die Landesregierung den Sparhammer raus, es wird richtig ans Eingemachte gehen. Da stellt sich die Frage, ob man bei der Verwaltung kürzt oder an die Interessen der Bevölkerung geht. Organisationen wie Kirchen und Unternehmensverbände haben sich teilweise schon über Landesgrenzen hinweg zusammengetan. Es ist vor allem die Politik, die an den Strukturen festhält.

Und die Dithmarscher, die ja spätestens seit dem 14. Jahrhundert gegen jede Gebietsreform kämpfen? Dürfen die dann eigenständig bleiben?

Sicher sind einige Menschen sehr fest in ihrer Region verwurzelt, aber ich glaube nicht, dass sie ernsthaft Berührungsängste haben. Sie mögen sich als Lübecker oder Hamburger oder Dithmarscher fühlen, aber gleichzeitig als Norddeutsche.

Sollte der Landesparteitag Ihnen folgen, was passiert dann? Als Oppositionspartei können Sie ja so viel nicht anstoßen.

Erstens wollen wir die innerparteiliche Zusammenarbeit mit den anderen Nordländern ausbauen, zweitens können wir das Thema weiter auf die Agenda setzen, etwa in der Enquete-Kommission. Und drittens: Als Opposition stehen wir bereit, irgendwann an der Regierung zu sein und dann unsere Ideen umzusetzen.

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