Danach hinkte der Hund

Sommer 1998, Matting an der Donau. Bei Regensburg. Ich fahre mit meiner Frau, unserer Tochter und dem Hund bei einer Dorfwirtschaft vor. Erinnerungen an meine verflossenen Studienzeiten kommen auf.

Plötzlich tritt zu Mela, unserem jungen schwarzen Neufundländer, der sogleich das Territorium erkunden muss, ein älterer Herr. Er ist gekleidet in eine schwarze Soutane und ist wohl gerade auf dem Weg zum Klo über den Hof. Ich erkenne ihn sofort: Kardinal Joseph Ratzinger.

Er senkt sein silberweißes Haupt runter zum Hund, seine Hand fährt vor wie in ritueller Bewegung. Was macht der da mit dem Tier? Nicht zu erkennen. Er steht mit dem Rücken zu uns. Kurz danach, in der Gaststube, aufgeregtes Gewisper – ist er schon da, der Herr Kardinal? Unruhig rücken zwei Journalisten hin und her. Auftritt Ratzinger. Setzt sich mit dem bekannt-bescheidenen Lächeln und gespitztem Mund zur Brotzeit nieder zu den zugelassenen Interviewern, die sich sogleich an seine Lippen hängen.

Nach gehabtem Mahle verlassen Hund, Tochter, Frau und Mann dieses Schauspiel. Doch beim Hund Mela hat offenbar ein plötzlicher Wachstumsschub eingesetzt. Einseitig. Der Arme hinkt hinfort. Er wird es noch monatelang tun.

Bernhard Pahlmann, 65, ist Ruheständler in Rottweil