Mindestlohn für Briefzusteller: Verdi startet neuen Anlauf
Ver.di hat die Postkonkurrenten zu neuen Verhandlungen aufgefordert. Der Branchenmindestlohn war Ende Januar wegen eines Verfahrensfehlers gekippt worden.
BERLIN taz | Ver.di unternimmt einen neuen Vorstoß für einen Postmindestlohn. Die Dienstleistungsgewerkschaft gab gestern in Berlin bekannt, man habe den Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste (AGV NBZ), der unter anderem die Postkonkurrenten Pin Mail AG und TNT vertritt, zu "Verhandlungen über einen Mindestlohntarifvertrag aufgefordert".
Der von der Bundesregierung verordnete Branchenmindestlohn für Briefzusteller von 9,80 pro Stunde war Ende Januar vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wegen eines Verfahrensfehlers gekippt worden. Die Mindestlohnverordnung war zum 30. April ausgelaufen.
Kurz nach dem Gerichtsurteil hatte die Pin Mail AG ihre Stundenlöhne von 9,80 auf 8,50 Euro gesenkt. Andrea Kocsis, stellvertretende Ver.di-Vorsitzende, wies gestern in Berlin darauf hin, dass TNT seinen Beschäftigten nur zwischen 6,75 und 7,97 Euro zahle. Bei vielen anderen Briefzustellern seien laut Bundesnetzagentur "Löhne von 5,50 Euro in der Stunde Fakt".
Briefzusteller der Deutschen Post AG erhalten deutlich mehr. Der Tarifvertrag zwischen Ver.di und dem Arbeitgeberverband Postdienste legt Stundenlöhne inklusive Sonderzahlungen zwischen 12,23 und 15,30 Euro fest. Die Post AG beschäftigt rund 162.000, Postkonkurrenten insgesamt rund 31.000 Mitarbeiter.
Rico Nelte, Geschäftsführer des AGV NBZ, sagte am Mittwoch zur taz, man sei bereit, sich mit Ver.di zu treffen, um in einem Gespräch "Vorbedingungen zu klären". Bereits heute wollen Ver.di und der AGV NBZ in Berlin zusammentreffen. Man habe jedoch erhebliche Zweifel, ob der AGB NBZ tatsächlich bereit sei, Tarifverhandlungen zu führen, sagte Kocsis. Laut Ver.di verschleppe der AGV NBZ Angaben darüber, welche Unternehmen eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit oder ohne Tarifbindung eingegangen sind. Letztere würden von Verbandstarifverträgen gar nicht erfasst.
Weit auseinander liegen dürften die Mindestlohnvorstellungen. "Man kann bei der alten Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach 7,50 Euro anfangen", sagte Nelte. Der Wert liegt deutlich unter dem alten Branchenmindestlohn. Ver.di will seine Forderung am Donnerstag bekannt geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!