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Geldentwertung in VenezuelaLecker Mehl vom Präsidenten

Während die Inflation in Venezuela auf Rekordwerte steigt, bringt die Regierung von Hugo Chávez verstärkt Grundnahrungsmittel direkt unters Volk.

Unser tägliches Brot gib uns heute...... Bild: rtr

Es ist heiß, aus Lautsprecherboxen schallt Revolutionsmusik, und ein paar Soldaten passen auf, dass keiner aus der Warteschlange ausschert. Marcos Guttierez, 39, steht hier gerne an. Stundenlang sogar. Denn auf dem "sozialistischen Fleischmarkt" auf der Plaza Sucre im Westen von Caracas gibt es heute alles vom Rind in bester Qualität. Dazu andere Lebensmittel wie Reis, Zucker und Gemüse. "Hier sind die Preise solidarisch", sagt Guttierez, "hier können wir eine Menge Geld sparen."

Geld sparen - das haben er und seine Landsleute nötig. Denn nach der Währungsabwertung im Januar ist die Inflation in Venezuela auf ein Rekordniveau gestiegen. Allein im April lag sie laut Zentralbank bei 5,2 Prozent, so hoch wie seit sieben Jahren nicht. Besonders stark sind die Lebensmittelpreise nach oben geschnellt, um 11,1 Prozent allein im April. Agrarprodukte kosten fast doppelt so viel wie vor einem Jahr.

Die Regierung unter Präsident Hugo Chávez macht Spekulanten für den Preisanstieg verantwortlich und setzt verstärkt darauf, Produkte des täglichen Bedarfs tonnenweise selbst unters Volk zu bringen - subventioniert mit Petrodollars. Per Twitter kündigte Chávez an, dass Mitte Juni auch die vor einigen Monaten enteignete Supermarktkette Cada in das staatliche Vertriebssystem integriert wird.

Kurz danach wurde die Verstaatlichung der mexikanischen Monaca-Mühlen bekannt. Vizepräsident Elías Jaua sprach von der Einführung "geplanter Märkte" in den ärmsten Gegenden. Das erinnert den Ökonomen José Guerra an Kuba. "Dort legt die zentrale Planungskommission fest, wie groß das Angebot und die Nachfrage der Haushalte sein darf", sagt Guerra.

Bei der Bevölkerung kommen solche Pläne nicht unbedingt gut an. "Ich will nicht, dass die Regierung mir aufzwingt, was ich kaufen soll", schimpft Nora Orellana. "Und ich habe auch keine Zeit, stundenlang für Fleisch, Mehl oder Zucker anzustehen." Die 58-Jährige wohnt in einem der grauen Hochhausblocks im Stadtteil El Valle.

An sechs Tagen in der Woche arbeitet sie in einem Schmuckgeschäft am anderen Ende der Stadt. Zum nächsten Supermarkt sind es nur einige Minuten zu Fuß. Aber dort bekommt sie oft nicht das, was sie braucht. Viele Grundnahrungsmittel sind Mangelware. Wenn es mal Zucker gibt oder Mehl, stehen die Paletten direkt an der Kasse. Damit alle etwas abbekommen, darf hier jeder Kunde nur ein einziges 2-Kilo-Paket Zucker mit nach Hause nehmen.

Dass es der Regierung gelingt, die Unterversorgung zu beseitigen, bezweifelt der Agrarexperte Carlos Machado Allison. "Das Problem ist, dass die Nahrungsmittelproduktion nicht mit der Bevölkerung gewachsen ist", sagt Allison. Der Staat als Produzent arbeite ineffizient und habe keine langfristige Strategie, um die Landwirtschaft auf Vordermann zu bringen. Ein Großteil der benötigten Lebensmittel muss nun importiert werden.

Wegen der Devisenkontrolle sei der Import aber stark reglementiert und bürokratisiert, bedauert Allison. Derweil soll die Zentralbank auch die Kontrolle über den inoffiziellen Tauschmarkt bekommt. Das Parlament stimmte vergangene Woche einer entsprechenden Gesetzesreform zu.

Marcos Guttierez hat inzwischen seine Einkaufstüten mit dem Bus den Hügel hoch ins Barrio gebracht. Im Supermarkt hätte der Einkauf das Doppelte oder gar das Dreifache gekostet, sagt er. "Gäbe es vier Chavéz auf der Welt, wäre es eine ideale Welt." Auf Guttierez und seine Nachbarn aus dem dicht bevölkerten Armenviertel kann der Präsident mit seiner Sozialistischen Partei PSUV nach wie vor zählen. Im September sind in Venezuela Parlamentswahlen.

Gutteriez führt auf das Flachdach seines Hauses, wo er in einem Bretterverschlag seine Werkstatt eingerichtet hat. An zwei Nähmaschinen produziert er zusammen mit seiner Frau Teile für Damensandalen. Vorher hat er direkt in der Schuhfabrik gearbeitet, jetzt verdient er als kleiner Selbstständiger endlich mehr als den Mindestlohn. Der wurde zwar Anfang Mai auf gut 1.200 Bolívares - das sind rund 360 Euro - erhöht, aber davon leben - das geht aus Berechnungen des Nationalen Statistik-Instituts hervor - kann in Venezuela niemand.

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18 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    >> Es erscheint geradzu grotesk, in welcher weise sog. "alternative" Zeitungen wie die TAZ gegen legitime sozialistische Experimente in Südamerika mobil zu machen versuchen.

     

    Das ist nicht grotesk, denn in der taz ist die 'Alternativlosigkeit' des Kapitalismus verbindliche Redaktionslinie.

     

    Jede Abweichung vom rechten Pfad - etwa eine Regierung, in deren Fokus die Bevölkerung und nicht die Banken - der 'Standort' - steht - die muss natürlich diskreditiert werden. Lächerlich machen, irgendwelchen Unsinn von einer Diktatur daher schwadronieren. In der medialen BRD-Käseglocke bleibt immer was hängen, und es finden sich immer Dumme oder Arglose, die das nur allzugern glauben.

     

    Man stelle sich nur mal vor was passsierte, wenn die hiesige Bevölkerung begreifen würde, dass Angela Merkel sie in Schuldsklaverei der Finanzindustrie verkauft hat.

    Oder das die taz erklären würde, dass die kürzlich erfolgte Euro-Rettung - der grösste Blankoscheck aller Zeiten - als Machtergreifung der Finanzindustrie begriffen werden muss.

     

    Aber das darf man nicht wissen. Und wer was anderes sagt, den erklärt Stefan Reinecke - der journalistische Titan der taz - persönlich zum 'radikalen Irren'.

     

    Das ist die taz. Herzlich willkommen in der BRD-Realität, in der die bürgerliche Presse einem mafiosen Ministerpräsidenten, Rassisten, Lügner und Beschützer von Steuerhinterziehern Kränze zum Abschied windet.

  • O
    ole

    @Udo Henn

     

    :-)

     

    In der DDR gab es keine Supermärkte. Es gab Konsum Geschäfte und deren sogenannte Kaufhallen und Dorf-Läden sowie die HO Geschäfte bzw. deren Warenhäuser und Kaufhallen.

    Der einzigen Läden, die einem Supermarkt wohl ein wenig näher kamen waren die Delikat-Läden und das Centrum Warenhaus am Alex. Hier kam man sogar aus Polen, um an den Rotkohl zu gelangen.

     

    Die Regale waren auch nie leer. Wenn mal etwas wie sooo oft nicht vorhanden war, wurden halt 10 Meter lange Regale mit Sauerkraut im Glas aufgefüllt oder 3 Regal Etagen mit Dosen-Schweinefleisch. Super war dann lediglich die Monotonie...

  • S
    Stefan

    Dieser Tyrann Chavez wird dank der seiner Petro-Dollars etwas länger als Cuba brauchen, bis er das schöne Venezuela total in die Grütze gefahren hat. Traurig, dies mit ansehen zu müssen.

     

    viva la libertad!

  • UH
    Udo Henn

    Planwirtschaft hat noch nirgends auf der Welt funktioniert, das ist in Venezuela nicht anders. In der DDR waren die Supermarktregale auch oft leer.

    Wenn darueber hinaus noch das Geld fuer Waffen(5 Milliarden Dollar Russland-Einkauf) oder fuer Zuwendungen an Kuba oder Bolivien sinnlos verschleudert wird, verwundert es nicht, dass fuer Investitionen in die Energieversorgung oder die Entwicklung der eigenen Landwirtschaft keine Mittel vorhanden sind.

    Hoffentlich wachen die Venezolaner endlich auf und geben bei den Wahlen ihrem Fuehrer die Quittung fuer sein Versagen. Es ist allerdings zu befuerchten, dass es vorerst keine freien Wahlen in Venezuela mehr geben wird.

    Ich finde den Artikel uebrigens gut.

  • F
    Florian

    „Während der gegenwärtigen wirtschaftlichen Expansionsphase (bis Mitte 2009, d.Verf.) wurde die Armut um mehr als die Hälfte reduziert; in der ersten Hälfte des Jahres 2003 galten 54 Prozent der Haushalte als arm, während es Ende 2008 noch 26 Prozent waren. Die extreme Armut ist noch weiter zurückgegangen, und zwar um 72 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich jedoch nur auf das tatsächliche Einkommen; erweiterter Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung sind nicht berücksichtigt. Im Laufe des gesamten Jahrzehnts wurde der Anteil der armen Haushalte um 39 Prozent reduziert, die extreme Armut um mehr als die Hälfte.“

    (Qelle: http://www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/venezuela/10-jahre-chavez-die-wirtschaft-und-soziale-indikatoren-teil-i-19093.html)

     

    Darum: Könnte die Knappheit vieler Grundnahrungsmittel und anderer Produkte nicht in erster Linie daran liegen, dass diese einfach viel mehr nachgefragt werden als vor 10 Jahren? Das hat dann weniger mit Bevölkerungswachstum, ineffizienten Staat o.ä., sondern mit gesunkener Armut und dadurch erhöhtem Konsum zu tun. Hier beißt sich zugegebenermaßen ein Regierungserfolg selber in den Schwanz und Chávez verscherzt es sich mit der Mittelklasse. Aber: Von "Unterversorgung" zu sprechen träfe dann doch viel mehr auf Chávez` Vorgängerregierungen zu, die nicht so "populistisch" waren, um die Armen zu "alimentieren". Solange die Einkaufsregale gefüllt sind, sich aber nur eine kleine Schicht daran erfreuen kann, scheint alles in Ordnung zu sein...

  • S
    Sacchi

    Ich war schon einige Male in Venezuela, kenne auch sehr viele Leute, auch von unteren Schichten und ich würde nicht in Venezuela wohnen wollen. Wenn nicht bald etwas geschieht, wird sich Venezuela definitiv in den Abgrund wirtschaften. Ich sage nicht, dass wir aus der "1.Welt" da nicht auch unsere Schuld tragen. Aber wenn ich sehe, was mit den verstaatlichten Betrieben geschieht... Da sind jetzt Leute am Werk, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und die Betriebe somit in den Ruin wirtschaften. Das zweite Kuba ist im Anmarsch. Ob jetzt dieser "Sozialstaat" besser ist, als was wir in Europa kennen...wir werden sehen!!!

  • S
    Sch

    Wir brauchen auch in Europa wieder frische Lebensmittel direkt aus der Produktion

    zum Niedrigpreis

    anstelle der teuren Supermarktketten,

    die ihre Lagerhallen als Kundenmagneten

    mit Hochpreis-Niveau anbieten.

  • T
    Thomas

    Wieso gibt es denn in Venezuela so starke Inflation obwohl das Land nach wie vor Petro-Devisen anhäuft?

  • U
    uwe

    Kuba wurde durch den Sozialismus zerstört, mal abwarten wie es hier weitergeht.

  • PB
    Pater Brown

    "Im September sind in Venezuela Parlamentswahlen." Aha! Wie viele Wahlen finden denn statt? Oder werden mehrere Parlamente gewählt?

  • K
    kassandro

    Immerhin wird im Artikel der TAZ der arme Guiterrez mit seiner Anerkennung der Chavezschen Bemühungen um eine soldarische Wirtschaft zitiert. Das relativiert den ironischen Tenor des Textes angesichts mancher "steinzeitsozialistischer Züge", die der Chavezismus vorläufig gezwungen ist, anzunehmen.

    Aber angesichts des unvorstellbar großen stofflichen Reichtums im Weltkapitalismus, von dem der Physiker Hans-Peter Dürr schon vor Jahren notierte, daß heute schon jeder Mensch auf der Erde auf dem Lebensstandard eines Schweizers von 1969 leben könne, zeigt Chavez in einem Punkt nolens volens die Richtung,aus der die Befreiung vom Kapitalismus kommen muß: Übergang von der Zirkulation der immensen, mit minimaler abstrakter Arbeit gefertigter Produktenmenge zu ihrer Distribution.

    Ohne weitgehend roboterisierte industrielle Lebensmittelproduktion geht das allerdings nicht und man kann nur hoffen, daß ALBA, die Wirtschaftsunion der kapitalismuskritischen Staaten in Lateinamerika, beginnt, eine solche Lebensmittelproduktion zu entwickeln.

    Letztlich kommt es darauf an, von den kapitalistischen Fetischkategorien(Ware, Geld, Kapital: das der richtige polit-ökonomie-kritische Teil der Wertkritik des R.Kurz) überhaupt wegzukommen, geldfreie Verteilung von Arbeit, Produkten usw. einzurichten(diskussionswürdiger Vorschlag von Heinz Dieterich "Sozialismus im 21. Jahrhundert").

    Chavez-verspottende Artikel in der TAZ sähe ich gerne mal komplettiert durch analoge Texte zur Versorgung des ständig wachsenden US-Armen-Heeres eingepfercht und politisch entmündigt in den tent-cities durch Polizei und Wohlfahrt..! Zumal dies ja für immer mehr Menschen hieruzulande Zukunftsmusik sein dürfte! Wenn dann ein deutscher Chavezismus als Alternative entstünde??

  • V
    vic

    "Gäbe es vier Chavéz auf der Welt, wäre es eine ideale Welt."

    Wer weiß?

    Eine bessere mit Sicherheit.

    Hier sollten alle Wirtschafsmarionetten, einschließlich Merkel, mal genauer hinsehen.

    Schade, dass Chávez sein Land nun auch von ausländischen Konzernen umgraben und zerstören lässt.

    So lange er den Ertrag jedoch auf diese Weise einsetzt, kann man wohl nichts dagegen sagen.

  • P
    Patrick

    Es erscheint geradzu grotesk, in welcher weise sog. "alternative" Zeitungen wie die TAZ gegen legitime sozialistische Experimente in Südamerika mobil zu machen versuchen.

    Denn natürlich gibt es an Chavez einiges zu kritisieren - trotzdem hat Venezuela Vorbildcharakter für diesen Kontinent (und darüber hinaus). Denn als einziges Land in Südamerika haben dort nicht die obersten 1% die totale Kontrolle über alle Ressourcen - vielmehr liegen sie in der Hand des Volks.

     

    Nun mag das der TAZ natürlich nicht gefallen, da sie schließlich für die herrschende europäische Bourgeoise eintreten muss. Dies sind aber wie gesagt nicht die Interessen der Mehrzahl der Menschen, sondern der herrschenden Klasse.

     

    Nunja - dieser Artikel stellt für mich einmal mehr einen Abgesang auf die TAZ dar.

  • A
    Albahar

    Von unseren entwickelten Ländern aus klingt ja ziemlich komisch, was auf diesen Beitrag steht. Hier geht es aber um einem Land, in dem vor 15 Jahren 80 % der Bevölkerung arm war. Diese Leute hatten früher die Möglichkeit, Grundnahrungsmittel teuer und in kleinen Mengen überall zu kaufen. Falls sie Geld hatten. Seitdem der PSUV mit anderen linken Parteien regiert, gibt es soziale Märkte, wo diese Leute genug Nahrungsmitteln preisgünstig kaufen können. Da gibt es Schlangen, sehr lange Schlangen sogar, wie auf den Beitrag zu lesen ist. Früher gab es keine... Man muss auch das kaufen, was es gibt. Früher mussten sie sich auch nicht darum kümmern...

  • N
    Nigredo

    Was Spekulanten nicht alles tun, um den Kapitalismus alternativlos erscheinen zu lassen und ihre Pfründe zu sichern...

     

    Seit das selbsternannte Arbeiterparadies niederging und das kapitalistische Opium "Sozialstaat" als Ersatzdroge nicht mehr nötig scheint, wird dieser gnadenlos abgebaut und selbst die sogenannten Sozialdemokraten ließen diesen einfach fallen, oder, wie es einmal ein weiser Mann sagte: "Die Politiker schlachten jetzt den Sozialstaat, um in seinen Eingeweiden ihre Zukunft zu lesen."

     

    Und zu lesen steht deutlich: Wenn der Liberalismus als eine seltsame Form der Solidarität unter den Reichen Staatsdoktrin bleibt, werden sich die Bürger (citoyen, nicht bourgeois!) erheben, der Deutsche Herbst wie der Griechische Frühling werden nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen sein - und wenn die Bäume unter der Last der Politiker und Banker, der willfährigen Hofberichterjournalle und Erbschleicher ächzen, dann will's wieder keiner gewesen sein...

    Mir graut's vor der Zukunft, keiner dieser Alternativen scheint sehr verlockend.

  • T
    tageslicht

    WAS?!?!?!

     

    JEDER Käufer darf nur EIN EINZIGES armseliges Zweikilo-Paket Zucker mitnehmen?!???!?!?!?!?!?!?!

     

    Oh Mein Gott. Wie kann dieser Diktator das nur zulassen?!?? Wie kann er nur? Wie soll man denn davon noch leben können? Zwei Kilo Zucker! Soviel ist ja in gerade mal lächerliche 20 Flaschen Coca Cola! Nicht mal!!!

     

    Danke liebe Taz, dass ihr diesen weltgrößten Skandal seit Menschengedenken aufgedeckt habt! Danke!

  • HL
    Henning Lilge

    Sehr geehrte Redaktion,

     

    Venezuela führt - und das nicht erst seit Chavez- ca. 66 % seiner Nahrungsmittel aus dem Ausland ein (2009). Seit dem Ölboom 1930 wird die Landwirtschaft vernachlässigt. Die Chavez Regierung hat zwar Programme zur Eigenversorgung aufgelegt, aber die Ausweitung der Eigenproduktion (im Jahr 2007 um 6%) kann das Anwachsen der internen Nachfrage nicht ausreichend ausgleichen. Gleichzeitig besteht in Lateinamerika die Neigung in der Landwirtschaft nicht die Versorgung der Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen sondern durch "cash crops", d.h. Monokulturen, die für den Export produziert werden, das grosse Geld zu machen. Argentinien und Brasilien sind dafür zwei herausragende Beispiele: Hunger und Armut in Nationen, die landwirtschaftliche Produkte exportieren. Es sei noch angemerkt, dass im Jahr 2007 ca. 25% der Lebensmittel in Venezuela aus den USA eingeführt wurden, die ihre Waren mit einem zum Teil 100% bis 150 % Preisaufschlag versehen haben. Die inflation ist also durchaus auch vom Ausland betrieben. Der einzige Ausweg aus dieser Abhängigkeit ist die Eigenproduktion oder ein Austausch mit Partnern aus der Unasur- Mercosur- oder ALBA-Zone. Die Landwirtschaft ist - wie fast überal in Lateinamaerika - vom Grossgrundbesitz kolonialer Herkunft geprägt. Man darf erwarten, dass von dieser Interessensgruppe kein Anstoss zur Eigenversorugung kommt. Nachteilig wirkt sich aus, dass ein Grossteil der Bevölkerung heute urbanisiert ist. Im Jahr 2008 arbeiten nur noch 10 % der Bevökerung auf dem Land, so dass ein Anschieben der Landwirtschaft nicht ohne Schwierigkeiten ist.

     

    Mit freundlichen Grüssen

    Henning Lilge

  • F
    frostiger

    Was soll dieser ironisch - sarkastische Titel??

    Ich glaube, wir in Europa sollten sehr bedacht mit Kritik an Dingen umgehen, für die wir HIER einfach die Hintergründe nicht kennen. Was ist denn verkehrt, wenn Spekulanten durch staatliche Aufkäufe und verteilen das Handwerk gelegt wird (oder zumindest erschwert wird)?? Ich kann inzwischen den medialen mainstream - den uch die TAZ verbreitet - einfach nicht mehr lesen. Fahrt nach Venezuela, redet mit Leuten, macht Euch ein Bild...!! Und dann (!!) fahrt paar Kilometer weiter und schaut euch in Nachbarländern, welche neoliberal "bewirtschaftet" werden, an, ob ärmere Menschen (die Mehrzahl der Leute) nicht froh wären, einen "Chavez" statt eines Uribe zu haben. Woher kommen denn die hohen Zustimmungswerte im Lande für Chavez?? Hat es die TAZ nötig, Medien wie WELT oder SPIEGEL nachzuäffen, die immer reiche Minderheiten zu Wort kommen lassen....

    Warum redet keiner mit ärmeren Menschen in Costa Rica, Peru, Kolumbien??? Warum immer dieser hochnäsige Unterton stets bei Chavez??? Warum??? Dreht sich die Welt nur um Venezuela, oder haben einflußreiche Kräfte einfach nur ANGST vor der Entwicklung???

     

    Nee, Leute, bei allem Verständnis.... inzwischen bin sehr enttäuscht über Eure Argumentationen....