leserinnenbriefe
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Wir sind die Versager

■ betr.: „Die Versager. Woran die Konferenz von Kopenhagen gescheitert ist“, taz vom 21. 12. 09

Es ist leicht, die Politiker und die Politik als solche zu beschimpfen, während wir im T-Shirt in der auf 25 Grad aufgeheizten Wohnung vor dem Fernseher lümmeln und wahrscheinlich schon im November-Blues unsere nächste Flugurlaubsreise gebucht haben.

Segen und Fluch der Demokratie: Wir haben diese Politiker gewählt, und seien sie noch so sehr durch Lobbys erpresst oder korrumpiert: Sie können nicht vertreten, was „das Volk“ nicht will, wenn sie wiedergewählt werden wollen! Das Volk, wir, sind die Versager! Das Volk (die republikanische Hälfte) hat durch massive Erpressung bewirkt, dass Obama in Kopenhagen nicht mehr versprechen konnte. Das Volk (die neoliberale Hälfte) hat in Deutschland Schwarz-Gelb gewählt und würde Merkel abwählen, wenn sie Tempolimits auf deutschen Autobahnen einführen und Spritschlucker höher besteuern würde. Jeder frage sich: Bin ich selbst denn bereit mitzutragen, was die Gegenwart gebietet: dass wir (als Mitspitzenreiter des Pro-Kopf-CO2-Verbrauchs) unseren Konsum auf das Niveau der 60er-/70er-Jahre herunterschrauben, um den Menschen in ärmeren Ländern zu ermöglichen, diesen durchaus komfortablen Lebensstandard ebenfalls zu erreichen, ohne dass es auf der Erde noch ungemütlicher wird? Im Winter zu Hause eine Wolljacke anziehen, Rad und Öffentliche fahren, Fahrrad- oder Wanderurlaub machen, vegetarisch oder Fleisch nur am Sonntag essen … Bei uns fängt der „Change“ an, dann wählen wir auch die richtigen Politiker! SABINE MIEHE, Marburg

Vergleich erscheint naheliegend

■ betr.: „Staatssekretär: Abholzung ist Massenmord“, „Holzfäller sind Mörder“, taz vom 21. 12. 09

In Frau Peter, der grünen saarländischen Umweltministerin, kocht es also. Aber nicht etwa aus Wut über die in unverminderter Geschwindigkeit fortschreitende systematische Zerstörung riesiger Waldgebiete auf diesem Planeten, sondern wegen der zugegeben etwas drastischen Aussage ihres Staatssekretärs, es gebe praktisch keinen Unterschied zwischen einer im Krieg gefallenen Nation und einem gefallenen Wald.

Dabei erfahren wir, dass es sich bei dieser Aussage nicht einmal um einen originären Gedanken dieses Mannes handelt, sondern um ein Zitat aus einem Standardwerk für naturnahe Waldbewirtschaftung. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass dieses Statement auf die weitgehend nachhaltige Forstwirtschaft in unseren Breiten gemünzt war. Wer hingegen einmal die Resultate der exzessiven Kahlschläge in tropischen ebenso wie in subtropischen Regenwäldern zu Gesicht bekommen hat, dem dürfte der Vergleich mit einem von Krieg verwüsteten Gebiet, in dem nahezu alles Leben ausgelöscht wurde, relativ naheliegend erscheinen.

Der hysterische Aufschrei ob dieses Vergleichs, quer durch alle politischen Lager, belegt für mich nur einmal mehr, dass in vielen Köpfen nach wie vor eine fatale anthropozentrische Ethik vorherrscht, die maßgeblich zu den existenzbedrohenden Umweltproblemen, mit denen wir uns heute herumschlagen müssen, beigetragen hat und wohl auch weiterhin dazu beitragen wird.

ANDREAS BAUMANN, Berlin

Angst vor offenen Antworten

■ betr.: „Militanz ohne Namen“, „Innenminister bei Polizeistudie uneins“, taz vom 17. 12. 09

Schade, wieder einmal wird eine Möglichkeit verpasst, hinter die menschlichen Schilde unserer Polizei zu schauen.

Wir Bürger wissen zwar, was die Polizei ist – aber nicht, wer dahintersteckt. Dies sollten wir aber, denn durch die persönliche Kenntnis verliert sich ihre Anonymität und Gesichtslosigkeit. Die Studie kann/könnte da helfen!

Dass große Teile der Innenminister das nicht wollen, zeigt, dass sie glauben, „ihre“ Polizei schwach zu machen, wenn allzu viel Unvorhersehbares erforscht werden könnte. Sie zeigen damit, dass sie Angst vor den offenen Antworten haben! Es könnte natürlich auch sein, dass die vermehrten Widerstandsanzeigen das Ergebnis von zuvor ausgeübter – sei sie berechtigt oder unberechtigt – Polizeigewalt sind. Sicher ist, dass durch Widerstandsanzeigen sogenannte Gegenanzeigen (Körperverletzung im Amt) relativiert werden. Den besonderen Berufsausübungsschutz des Strafrechts muss man sich durch Vertrauen verdienen, und dazu muss man sich in die Karten schauen lassen, auch in die persönlichen! Diese vertrauensbildende Chance haben große Teile der Innenminister unserer Polizei mal wieder nicht gegeben. ANDREAS ARNHOLD, Hannover