Argentinien bleibt unbesiegt: Die Griechen-Mauer gesprengt

Rehhagel hat sich noch nie um die vermeintlichen Fußballweisheiten geschert. Obwohl ein Sieg das Achtelfinale gesichert hätte, setzt er auf Verteidigung und verliert.

Argentiniens Torschütze Martin Palermo (l) feiert mit Trainer Diego Maradona. Bild: dpa

BERLIN taz | Die neun Jahre währende Ära Otto Rehhagels als Trainer Griechenlands hat ein stilles Ende gefunden. Mit einer 0:2 Niederlage gegen Argentinien haben sich die Griechen aus dem Turnier verabschiedet. Dabei machte die Mannschaft nie den Eindruck, wirklich in der Lage zu sein, aus eigener Kraft die Endrunde erreichen zu können. Weil Gegner Argentinien die Partie wohl vor allem als eine Art Warmlaufen für die Endrunde betrachtet, war es ein zähes Spiel, das seine Spannung nur aus der Torfolge im Parallelspiel zwischen Südkorea und Nigeria zog.

Rehhagel hat sich noch nie um die vermeintlichen Fußballweisheiten geschert. Griechenland musste im letzten Spiel der Gruppe B gegen Titelfavoriten Argentinien gewinnen und das am besten hoch, um ohne Rücksicht auf die anderen Mannschaften in der Gruppe das Achtelfinale erreichen zu können. Trotzdem war Rehhagels Devise für dieses Spiel von Anfang an „Verteidigung ist der beste Angriff“.

Ob er sich darauf verließ, dass Nigeria Südkorea schlagen würde? Denn nur dann würde den Griechen der eine Punkt reichen, auf den Rehhagel offenbar aus war. Jedenfalls hieß die Taktik zu Beginn so etwas wie, „immer hinter dem Ball stehen und Messi auf die Füße treten“. Letzteres übernahm Sokratis Papastathopoulous und er machte seinen Job so gut, dass Messi mehr durch genervte Gesten als durch unwiderstehliche Dribblings auffiel.

Griechenland - Argentinien 0:2 (0:0)

Griechenland: Tzorvas - Kyrgiakos, Papadopoulos, Moras, Papastathopoulos - Vyntra, Katsouranis (55. Ninis), Tziolis, Torosidis (55. Patsatzoglou), Karagounis (46. Spiropoulos) - Samaras

Argentinien: Romero - Otamendi, Demichelis, Burdisso, Clemente Rodríguez - Maxi Rodríguez (63. Di María), Bolatti, Verón - Messi - Milito (80. Palermo), Agüero (77. Pastore)

Schiedsrichter: Irmatow (Usbekistan)

Zuschauer: 38.891

Tore: 0:1 Demichelis (78.), 0:2 Palermo (89.)

Gelbe Karten: Katsouranis / Bolatti

Im Vorfeld der Partie war darüber spekuliert worden, ob Messi überhaupt auflaufen würde. Schließlich war Argentinien ohnehin so gut wie sicher qualifiziert. Doch Diego Maradona hatte solchen Überlegungen schon vorher eine Absage erteilt. „Messi ist der beste Spieler der Welt. Die Welt hat einen Anspruch darauf, ihn zu sehen“, lautete seine unnachahmliche Begründung. Ansonsten aber gab Maradona vielen Spielern der ersten Elf eine Pause. Von einer B-Elf mochte man aber trotzdem nicht sprechen, wenn Leute wie Diego Milito, der Champions League-Held Inter Mailands, und Sergio Agüero, das größte Talent Atlético Madrids, auf dem Platz standen. Bei Griechenland hatte Rehhagel vor dem Spiel nur marginal umgestellt, Vangelis Moras vertrat Dimitris Salpingidis in der Abwehr und im Sturm Georgios Samaras Theofanis Gekas.

Weil das andere Gruppenspiel zunächst zu vollster griechischer Zufriedenheit verlief, sah die Mannschaft keinen Grund, ihr rigoros defensives Konzept zu ändern. Und Argentinien hatte offenbar kein Interesse, sich groß anzustrengen. Selbst Maradona, der sonst in seiner Coaching-Zone mehr Kilometer frisst als manch einer seiner Spieler, schaute sich das Ganze seelenruhig an. Zwar hatte seine Mannschaft gefühlte 70 Prozent Ballbesitz, verhing sich aber immer wieder im Spinnennetz der griechischen Verteidigung. Nur hin und wieder blitzte das individuelle Können der Spieler auf, etwa bei Agüeros sehenswertem Solo (17.) oder bei Messis Schuss kurz vor der Halbzeit. Beide Male war aber Griechenlands Torwart Alexandros Tsorvaz zur Stelle. Seine Mitspieler hatten bis dahin keine einzige nennenswerte Torchance.

So konnten die Zuschauer in Polokwane nur auf das andere Spiel hoffen, damit sich hier etwas ändern würde. Und tatsächlich, in der zweiten Halbzeit bemühte sich Griechenland – in Kenntnis der südkoreanischen Führung – doch öfter in die argentinische Hälfte. Tore mussten her und das erste hätte ihnen Argentiniens Martin Demichelis, der selten ohne Fehler auskommt, fast geschenkt. Samaras durfte ihn ohne Gegenwehr überlaufen, war frei vorm Tor, verzog aber deutlich (47). Viel mehr als ein Strohfeuer war das allerdings nicht. Rehhagel wechselte zwar kräftig ein – ein Stürmer war aber merkwürdigerweise nicht unter den frischen Kräften.

Die Argentinier spielten im Schongang weiter, zu Torchancen kamen sie mehr aus Versehen. Dann aber scheiterten sie meist am exzellent aufgelegten Tsorvaz. Beim Treffer von Demichelis (78.), der nach einer Ecke die allgemeine Konfusion im griechischen Strafraum nutzte, war er machtlos. Danach war aus der Partie die Luft raus. Die Zuschauer mögen sich fragen, ob sie überhaupt je drin gewesen war. Zumindest durften sie noch einmal den sonst eher blassen Messi bestaunen, auch wenn es wieder nicht zu einem eigenen Tor reichte. Den Abpraller seines schönen Schusses verwertete der eingewechselte Martin Palermo in der 89. Minute zum Endstand. Da waren die Griechen in Gedanken schon auf dem Weg nach Hause. Woran wohl Rehhagel gedacht haben wird?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.