Gasfirma rechnet sich Preise schön

Gasgeschäft von Eon Hanse wirft angeblich nur minimalen Gewinn ab. Preise sollen ab Januar um 10 Prozent steigen

QUICKBORN taz ■ Der norddeutsche Energieversorger Eon Hanse hat gestern in Quickborn seine Gaspreis-Kalkulation offen gelegt. Damit reagierte das Unternehmen auf eine Boykottwelle seiner Kunden, von denen 20.000 die jüngsten Preiserhöhungen entweder gar nicht oder nur unter Vorbehalt bezahlten. 54 von ihnen haben mit Unterstützung der Verbraucherzentrale vor dem Hamburger Landgericht geklagt. Mit der Offenlegung kommt Eon einer drohenden Aufforderung durch das Gericht zuvor.

Vorstandschef Hans-Jakob Tiessen beteuerte, Eon Hanse musste die Preise für die Privathaushalte erhöhen, weil der Einkaufspreis für Gas seit Anfang 2004 um 70 Prozent gestiegen sei. „Wir haben es mit einer durchaus dramatischen Situation auf den Weltmärkten zu tun“, sagte der Manager. Die Beschaffungskosten machten 57 Prozent der Kosten für den Endverbraucher aus. Weil Eon Hanse den Preis für seinen Standardtarif „Klassik-Gas“ bloß um rund 40 Prozent erhöht habe. Trotzdem sank die Gewinnmarge des Monopolisten im Gasgeschäft von 1,8 Prozent im Jahr 2004 auf nur 1 Prozent im Jahr 2005. „Das reicht nicht mehr aus, um Risiken in Bezug auf Mengen, Finanzierung und Forderungsausfälle abzudecken und eine allzeit sichere Energieversorgung zu gewährleisten“, sagte Finanzvorstand Dirk Rüggen. Eon Hanse will seine Preise aus diesem Grund zum 1. Januar um weitere 10,5 Prozent erhöhen. Ein Durchschnittshaushalt mit drei Personen muss dann 100 Euro mehr im Jahr für die Gasrechnung beiseite legen.

Branchenkenner äußerten jedoch Zweifel an der vorgestellten Preiskalkulation, weil das Unternehmen seinen Privatkunden Kosten bis zu 60 Millionen Euro zuordne, die diese möglicherweise gar nicht zu tragen hätten. Auch Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher geht die Offenlegung nicht weit genug. „Privathaushalte und kleine Gewerbekunden müssen einen unverhältnismäßig hohen Anteil der Beschaffungs- und Netzkosten bezahlen – zugunsten von Großverbrauchern.“ Bei den Netzen müsse Eon klarer machen, wo welche Kosten entstünden und auf wen sie umgelegt würden.

Zusammen mit dem Bundesverband Mittelständische Wirtschaft hat er ermittelt, dass die Gaspreise für Kleinverbraucher zwischen Juni 2004 und Juni 2005 um 56 Prozent stärker gestiegen sind als die Importpreise. Daran zeige sich, dass die Unternehmen ihr Gebietsmonopol missbrauchten.

Die geringe Gewinnmarge im Haushaltskundenbereich spiegelt allerdings nicht die Lage im gesamten Unternehmen wider, das rund 1,3 Millionen Kunden in Norddeutschland mit Gas und Strom sowie in kleinem Umfang auch mit Wärme und Wasser versorgt. Bei einem Gesamtumsatz von 2,4 Milliarden Euro erwirtschaftete die Tochter des Eon-Konzerns 2004 einen Gewinn von 123 Millionen Euro (knapp fünf Prozent). Mit ihrem Leitungsnetz, dessen Kosten in die Gaspreiskalkulation zu 25 Prozent einfließen, erwirtschaftet Eon Hanse eine Rendite von 7,8 Prozent auf das eingesetzte Kapital. GERNOT KNÖDLER