Versorgungsnetze: Konzerne im Gegenwind

Volksinitiative will Vattenfall und Eon die Netze für Strom, Gas und Fernwärme wegnehmen. Ein städtischer Betreiber soll die Versorgung übernehmen.

Rote Karte für Vattenfall: Erst von den Baumbesetzern gegen die Moorburg-Trasse, jetzt von der Netz-Ini. Bild: dpa

Günter Hörmann sagt es deutlich: "Wir wollen der Politik Druck machen", erklärt der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. Mit der Volksinitiative "Unser Hamburg - unser Netz" soll "die Herrschaft der Konzerne Vattenfall und Eon über die Versorgungsnetze beendet werden". Seit über zwei Jahren prüfe die Umweltbehörde ergebnislos, die Netze für Strom, Gas und Fernwärme wieder in städtische Hand zu überführen.

Das Sammeln der erforderlichen 10.000 Unterschriften für die Volksinitiative wäre nur der erste Schritt. Über ein Volksbegehren könne der Weg zu einem Volksentscheid im Februar 2012 führen, der zeitgleich mit der Bürgerschaftswahl abgehalten werden könnte. "Wir haben die Schritte zeitlich so geplant, dass wir dieses Datum erreichen können", sagt Manfred Braasch, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hamburg. An einem Wahltag gelten die Erfolgsaussichten aufgrund der höheren Beteiligung als besser.

Die Initiative wird hauptsächlich getragen von Verbraucherzentrale, BUND, der evangelischen Kirche, Robin Wood und Attac. Ihr Ziel ist es, die Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme in öffentliche Hände zurückzuholen. Sie waren unter SPD-geführten Senaten durch den Verkauf der städtischen Versorger Hamburgische Electricitäts-Werke an Vattenfall und Hein Gas an Eon Hanse privatisiert worden. Die Konzessionsverträge laufen 2014 aus oder sind bis dahin von der Stadt kündbar.

Die Volksgesetzgebung besteht nach Artikel 50 der Hamburger Verfassung aus drei Schritten:

Volksinitiative: Sie ist erfolgreich, wenn sie von 10.000 Wahlberechtigten unterstützt wird.

Volksbegehren: Es ist erfolgreich, wenn es von fünf Prozent der Wahlberechtigten (ca. 63.000 Personen) unterstützt wird.

Volksentscheid: Er ist erfolgreich, wenn die Mehrheit der Abstimmenden und mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten (ca. 250.000 Personen) zustimmt.

Wahlen: Ein Volksentscheid am Tag einer Bürgerschafts- oder Bundestagswahl benötigt ein höheres Quorum. Es liegt bei mehr als der Hälfte der tatsächlich Abstimmenden (ca. 360.000 Personen).

Eine Verlängerung der Verträge kommt nach Ansicht der Initiative nicht in Frage. Die Netze sollten rekommunalisiert und vom neu gegründeten städtischen Versorger Hamburg Energie betrieben werden.

"Daseinsvorsorge darf nicht privat sein", begründet Theo Christiansen vom Vorstand des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Hamburg-Ost das Engagement der Kirche. Schon in der Bibel sei "der Streit um Wasser Thema gewesen". Ebenso wie Bildung und Gesundheit gehörten Energie und Wasser "aus kirchlicher Sicht nicht in die Hände von Konzernen".

BUND-Mann Braasch zählt eine Reihe ökologischer Argumente für eine dezentrale und klimafreundliche Erzeugung und Verbreitung von Energie auf. Verbraucherzentrale-Chef Hörmann ist vor allem das Monopol der Konzerne ein Dorn im Auge: "Das ist schlecht für den Wettbewerb und für die Verbraucher." Durch überhöhte Netzgebühren würden Vattenfall und Eon die Kosten in die Höhe treiben und zusätzliche Profite einstreichen. Die seien in verminderter Höhe in städtischen Kassen sinnvoller.

Größe und Zustand der Netze sind unbekannt. "Vattenfall verweigert die Herausgabe angeforderter Daten", räumte der Senat in seiner am Montag vorgelegten Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion ein. Zwischen Umweltbehörde und Unternehmen bestehe "Dissens", heißt es. Diesen will der Senat nach taz-Informationen "mit Nachdruck" lösen, und das schließt eine Klage vor Gericht ein.

Umwelt-Staatsrat Christian Maaß (GAL) begrüßt die Volksinitiative: "Es ist gut, dass die Debatte intensiv geführt wird."

www.unser-netz-hamburg.de

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