Hindukusch: Westerwelles Silberstreif

Westerwelle stellt für 2010 die Übergabe der Sicherheitsverantwortung von mindestens drei Provinzen an afghanische Militärs in Aussicht, obwohl sich die Lage verschlechtert.

Bundeswehrsoldaten patrouillieren in der Provinz Badachschan (Afghanistan). Bild: dpa

BERLIN taz | Aus Beschönigungen, Durchhalteparolen und vagen Abzugsperspektiven hat die Regierungserklärung zu Afghanistan bestanden, die Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Freitag vor dem Bundestag abgab. Anlass ist die am 20. Juli geplante Außenministerkonferenz in Kabul. Sie soll ein halbes Jahr nach der Londoner Afghanistan-Konferenz die Politik am Hindukusch bilanzieren. Von der Regierung in Kabul werde erwartet, dass sie Schritte für gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung vorlege, sagte Westerwelle. Schon dass die Konferenz in Kabul stattfinde, sei "ein Signal" und zeige, das wir bei der Übergabe von Verantwortung an die Afghanen "eine neue Etappe erreicht haben".

Die von Westerwelle genannten Fortschritte wie die Aus- und Fortbildung von 2.000 afghanischen Polizisten durch deutsche Trainer im letzten halben Jahr blieben mager im Vergleich zu der von ihm selbst erwähnten "anspannten Sicherheitslage" mit einem Rekord an getöteten Isaf-Soldaten im Juni und den Berichten über ins Ausland transferierte Hilfsmilliarden. Sein Satz "Es ist nicht alles gut in Afghanistan" war Schönfärberei pur.

Westerwelle räumte ein, dass der deutsche Afghanistan-Einsatz hierzulande nicht populär ist, doch sei er notwendig. Trotz des Sparhaushalts werde beim Afghanistan-Einsatz nicht gekürzt. Die Kabuler Konferenz sei "kein weiteres Gebertreffen", so Westerwelle beruhigend. Am Horizont winke Entlastung: "Wir wollen im nächsten Jahr für drei, vielleicht vier Provinzen die Sicherheitsverantwortung übergeben." Davon mindestens eine, die im deutschen Verantwortungsbereich liege. Dies sei eine zentrale Bedingung für den Beginn eines Truppenabzugs. Dafür sollten noch "in dieser Legislaturperiode" die Voraussetzungen geschaffen werden.

Westerwelle lobte die Friedensdschirga, auf der im Juni in Kabul über potenzielle Verhandlungen mit den Taliban diskutiert worden war und sprach sich erneut für eine politische Lösung aus: "Nur die afghanische Regierung selbst kann Frieden mit denen schließen, die sie bekämpfen." Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ernot Gerler sah die Lage in Afghanistan negativer als Westerwelle und erinnerte daran, dass die Niederlande, Kanada und Polen ihre Truppen bald abziehen wollten.

Die Hilfsorganisationen medico international und medica mondiale warnten derweil vor einem Rückzug der internationalen Gemeinschaft aus der Mitverantwortung für die Regierungsführung in Afghanistan. Zwar sei eine Afghanisierung im Prinzip richtig, so Monika Hauser von medica, doch sei diese angesichts der großen Korruption und ineffizienten Regierung unverantwortlich. Die Organisationen forderten mehr Investitionen in den Staatsapparat und die Zivilgesellschaft. Zugleich warnten sie vor der Instrumentalisierung von Frauenrechten und Hilfsorganisationen für die Kriegsführung.

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