Gewalt gegen Tibeter: Hart und Brutal

Eine Untersuchung von Human Rights Watch wirft China unverhältnismäßig brutales Vorgehen im März 2008 vor und fordert eine internationale Prüfung.

Unangemessen hart gegenüber den Tibetern: Chinesische Paramilitärs in den Strassen von Lhasa. Bild: ap

BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kommt in einer Untersuchung der Unruhen in Tibet vom März 2008 zu dem Ergebnis, dass Chinas Sicherheitskräfte "mit unangemessener Härte und vorsätzlicher Brutalität" vorgingen.

Zu den von HRW festgestellten Verstößen gegen nationales und internationale Recht zählten die unverhältnismäßige Gewaltanwendung bei der Auflösung von Prostesten, Massenverhaftungen, Gefangenenmissbrauch, Folter inhaftierter Verdächtiger sowie die Verletzung des Rechts auf friedliche Versammlung. "Solche Taktiken werden wahrscheinlich die lang anhaltenden Beschwerden, die zu den Protesten führten, nicht beseitigen, sondern verstärken", folgert HRW.

Der 73-seitige Bericht der Organisation mit Sitz in New York stützt sich nach deren Angaben auf Interviews mit mehr als 200 tibetischen Flüchtlingen und damaligen Besuchern der Region sowie der Auswertung bisher ungenutzter chinesischer Quellen. Bei den Unruhen am 14. und 15. März in Tibets Hauptstadt Lhasa starben nach offiziellen Angaben 21 Menschen, überwiegend Han-Chinesen und Hui. Hunderte wurden verletzt. Exiltibeter sprachen damals von 200 getöteten Tibetern. Die Unruhen hatten sich auch in andere Regionen Tibets sowie in benachbarte tibetische Gebiete ausgedehnt.

HRW nennt keine eigene Opferzahlen, wirft Chinas Sicherheitskräften aber vor, in mindestens vier Fällen wahllos das Feuer auf Demonstranten eröffnet zu haben. Bisher hatte die Regierung in Peking nur zwei Notwehrfälle eingeräumt. "Dutzende Augenzeugenberichte und offizielle Quellen zeigen eindeutig, dass die Regierung bereit ist, tödliche Gewalt gegen unbewaffnete Demonstranten einzusetzen", sagte HRW-Asienspezialistin Sophie Richardson.

Laut dem Bericht gehen die Menschenrechtsverletzungen in Tibet weiter. HRW beklagt das fortgesetzte Verschwindenlassen tibetischer Gefangener, rechtswidrige Verhaftungen und Inhaftierungen sowie die Verfolgung von Familienangehörigen und jenen, denen eine Sympathie mit Protestierenden unterstellt wird. HRW beklagt auch, dass quasi das gesamte tibetische Hochland für unabhängige Recherchen abgeriegelt ist und auch Journalisten kaum und wenn, dann nur begleitet in die Region reisen dürfen. "Die Regierung hat alle Rufe nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Proteste zurückgewiesen", kritisiert HRW.

Am 10. März 2008, dem Jahrestag des Aufstands von 1959, hatten Mönche friedliche Proteste begonnen. Diese wurden von Sicherheitskräften unterdrückt, was am 14. März in Lhasa in massive tibetische Gewalt umschlug. Für Stunden überließen die Sicherheitskräfte einem tibetischen Mob die Stadt, bevor sie mit Verstärkung ihrerseits hart gegen Tibeter vorgingen. Chinas Regierung, die bis gestern zu dem HRW-Bericht keine Stellung nahm, machte für die Unruhen wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Peking den im Exil lebenden Dalai Lama verantwortlich.

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