Richter wollen kein Begehren

Der Landesverfassungsgerichtshof erklärt das Volksbegehren zum Bankenskandal für unzulässig. Begründung: Es verletze das Budgetrecht des Parlaments. Die Banken-Bürgerinitiative ist sauer

VON RICHARD ROTHER

Jahrelang hatten sie gekämpft, jetzt haben sie – juristisch gesehen – endgültig verloren. Die Bürgerinitiative „Berliner Bankenskandal“, die mit ihren Aktionen immer wieder das Unermessliche der Affäre ins öffentliche Bewusstsein zu bringen suchte, ist mit ihrem Versuch eines Volksbegehrens gescheitert.

Entsprechend wütend waren sie gestern bei der Urteilsverkündung des Landesverfassungsgerichtshofes. Mit Rufen wie „Justizskandal“, „Unverschämtheit“ störten Besucher immer wieder die Verlesung der Urteilsbegründung, nachdem das Gericht die Klage der Bürgerinitiative als unzulässig zurückgewiesen hatte. Ein Störer wurde gar des Saales verwiesen und von einem Justizbeamten hinausgeführt.

Mit ihrem gestrigen Urteil beenden die Verfassungsrichter die jahrelangen Auseinandersetzungen um den Bankenskandal. Die umstrittene Risikoabschirmung, mit der das Land Berlin für mögliche Milliardenverluste der landeseigenen Bankgesellschaft eintritt, dürfte nach dem Urteil nicht mehr anfechtbar sein. Mit ihrem Volksbegehren wollte die Bürgerinitiative, die mehr als 30.000 Unterstützungsunterschriften gesammelt hatte, das Risikoabschirmungsgesetz revidieren. Ein solches Volksbegehren sei nicht zulässig, so die Verfassungsrichter, da es das Budgetrecht des Parlaments unterlaufe.

Volksbegehren zum Landeshaushalt sind nach Ansicht der Richter auch dann nicht zulässig, wenn sie sich nicht explizit gegen das Haushaltsgesetz richten; ausreichend ist schon, wenn sie das Budgetrecht des Parlaments erheblich beeinflussen. Dabei soll sogar egal sein, ob ein Begehren zu mehr oder weniger Einnahmen oder Ausgaben führen könnte. Unerheblich für die Zulässigkeit eines Volksbegehrens soll auch sein, ob das Gesetz, gegen das aufbegehrt wird, verfassungswidrig ist. Mit anderen Worten: Wenn es ums Geld geht, darf das Volk nicht mitreden – ihm bleibt nur die Abstimmung bei den Parlamentswahlen.

Entsprechend verärgert reagierte der FU-Professor und Initiativengründer Peter Grottian auf das Urteil. „Dass das Gericht die Risikoabschirmung als legale Entscheidung ansieht, ist abenteuerlich.“ Die Bürgerinitiative sprach von „katastrophalen Folgen für die politische und demokratische Kultur“. Den Berliner Bürgern werde das fundamentale Recht geraubt, „einen direkten Einfluss auf die Geschicke des Landes zu nehmen, wenn die politische und wirtschaftliche ‚Klasse‘ versagt“.

Hans-Jürgen Lindemann von der Bürgerinitiative kündigte nach der Urteilsverkündung an, sich bei den Abgeordnetenhauswahlen im nächsten Jahr einzumischen. Denkbar sei etwa die Gründung einer unabhängigen Wählerinitiative. „Nach dem Urteil bleibt uns nur, andere Politiker zu wählen.“

Das Abgeordnetenhaus hatte im April 2002 das Risikoabschirmungsgesetz beschlossen. Damit verpflichtet sich das Land Berlin, in den nächsten Jahrzehnten für Verluste dubioser Immobilienfonds der Bankgesellschaft aufzukommen; und zwar bis zu einer Höhe von 21,6 Milliarden Euro. Nur so sei die Pleite der Bank zu verhindern gewesen, die letztlich teurer als die Risikoabschirmung sei, so die Befürworter. Die Bürgerinitiative wollte mit ihrem Volksbegehren das Risikoabschirmungsgesetz kippen, der rot-rote Senat lehnte das Volksbegehren im Februar 2004 ab. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) begrüßte denn auch das gestrige Urteil als „erfreuliche Klarstellung“.