GÜTERUMSCHLAG, BÖSER UMSCHLAG: Hafen offen für alles
Der Hafenbetreiber BLG will keine Ethik-Standards. Hochradioaktive Brennstäbe allerdings dürften nicht an seine Terminals: Dafür gebe es keine Genehmigung.
Die mehrheitlich der Stadt Bremen gehörende Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) verwehrt sich gegen die Forderung, bestimmte Sorten Fracht von ihren Terminals zu verbannen.
"Die Stadt nimmt überhaupt keinen Einfluss auf die Geschäfte der BLG", sagt Unternehmenssprecher Andreas Hoetzel. Auf diese "gute Praxis" hätten sich Senat und BLG schon vor über zehn Jahren geeinigt. Zwar könne man dieses Prinzip rein theoretisch über das Bremer Mandat im BLG-Aufsichtsrat wieder aufheben und so beispielsweise Ethik-Standards beim Verladegeschäft festschreiben. "Das würde aber die Beziehung zu unseren Reederkunden arg strapazieren", sagt Hoetzel.
Die Terminals der BLG/Eurogate zählen zu den wichtigsten Umschlagplätzen für die Atomindustrie in Deutschland. In der vergangenen Woche war die Debatte um ein Moratorium von Atommüll-Transporten in Bremen wieder aufgeflammt, nachdem am Dienstag 30 Tonnen Brennelemente in Bremerhaven verladen wurden. Bereits im Februar nämlich hatte sich die Bürgerschaft dafür ausgesprochen, solche Transporte soweit wie möglich zu verhindern.
Das Wirtschaftsressort hatte daraufhin in einem Interview mit dem Weser-Kurier "weitreichende Konsequenzen" für die Hafenwirtschaft befürchtet und gefordert, "die ideologische Debatte", die Bremens Charakter als "Universalhafen" gefährden würde, zu stoppen.
Es stellte sich heraus, dass das auch von der taz übernommene indirekte Zitat, Bremens Häfen müssten demnach auch für "Waffen, durch Kinderarbeit geschaffene Textilien (…) oder den Handel mit politisch umstrittenen Ländern generell" zugänglich bleiben, offenbar nicht von dem Ressortsprecher Holger Bruns stammt. Im Prinzip aber bekräftigte die BLG diese Haltung. "Die Ladung der meisten Schiffe unserer Kunden besteht aus tausend verschiedenen - und legalen - Sachen", sagt Hoetzel. Wenn die BLG anfange, diese in gewünschte und unerwünschte Ladungen sortieren zu wollen, denn "gehen die Reeder sofort woanders hin".
Insofern betreffe das wirtschaftliche Problem nicht nur den verschwindend geringen Anteil etwa von radioaktiver Fracht, sondern einen weit größeren Anteil des Umschlages.
Dabei sei aber die Debatte um den Umschlag von hochradioaktiven Moks-Brennelementen, die Eon im Winter aus Sellafield nach Bremerhaven einschiffen will, ohnehin überflüssig: "Das wird bei uns sowieso nicht verladen. Dafür haben wir nämlich gar keine Betriebsgenehmigung." Mehr politische Verantwortung beim Exportgeschäft wünscht sich hingegen die Vorsitzende der Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion, Andrea Kolling. "Waffen sind keine Äpfel und keine Bananen", sagt sie. Das Argument, dass eine Fracht legal sei, lässt sie nicht gelten: "Was legal ist, definiert der Staat." Bremen könne zwar nichts am Kriegswaffenkontroll- oder am Außenwirtschaftsgesetz ändern, sehr wohl aber durch Ethik-Richtlinien "mit gutem Beispiel voran gehen", sagt Kolling. "Es spricht auch überhaupt nichts dagegen, in dieser Frage ,ideologische Debatten' zu führen, wenn man dadurch den Umgang mit Waffen oder Atommüll einschränken kann."
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