Nach der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko: Verschärfte Auflagen für Öl
Konsequenz aus der Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon: Die US-Regierung will Ölsuche nur noch erlauben, wenn Umweltauswirkungen untersucht sind.
WASHINGTON taz | Die Zeiten, in denen staatliche Behörden Ölbohrungen vor der Küste durchwinken, sollen in den USA vorbei sein: Als Konsequenz aus der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat die Obama-Regierung Umweltauflagen verschärft. "Unsere Entscheidungen müssen in voller Kenntnis der potenziellen Folgen für die Umwelt erfolgen", erklärte Innenminister Ken Salazar am Montag.
Seit dem Untergang der Ölplattform Deepwater Horizon am 22. April sind Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko ausgesetzt. Sie sollen wieder erlaubt werden, die Genehmigungsverfahren aber umfangreicher werden. Bisher hatte die US-Behörde Bohranträge im Schnellverfahren abgenickt - in längstens 30 Tagen. Zudem stellten die mit der Ölindustrie verfilzten zuständigen Minerals Management Services (MMS), die inzwischen unter neuem Namen arbeiten, Ölfirmen für ganze Bohrregionen von Umweltprüfungen frei, wenn in einem vergleichbaren Gebiet schon einmal eine Bohrung genehmigt war. Auch die Genehmigung der Unglücksquelle Macondo basierte auf solchen Generalbefreiungen, die aus den Jahren 1981 und 1986 stammten. BP erwirkte im April 2009 die Sonderfreigabe für die Quelle. Der Konzern hatte versichert, es sei unwahrscheinlich, dass Öl austrete - und wenn, richte es nur wenig Schaden an. Nach dem Untergang der Deepwater-Horizon-Plattform waren mindestens 200 Millionen Liter Öl ins Wasser gelangt - die fünffache Menge des Öls aus dem Tanker "Exxon Valdez".
"Im Licht der steigenden Komplexität und Risiken im Zusammenhang mit Tiefseebohrungen bewerten wir den (…) Prozess und die Umweltauflagen für Aktivitäten vor der Küste neu", erklärte nun Innenminister Salazar. Die Umweltorganisation Center for Biological Diversity begrüßte die Maßnahme als "Schritt in die richtige Richtung". In der New York Times sagte ein Experte der Organisation, die strengeren Regeln sollten auch auf Quellen angewandt werden, die bereits in Betrieb sind. Nach Schätzungen amerikanischer Umweltorganisationen strömt zum Beispiel aus rund 20.000 ehemaligen Bohrlöchern Öl in den Golf von Mexiko.
Dort durften die Krabbenfischer von Louisiana am Montag zum ersten Mal wieder mit ihren Kuttern rausfahren. Doch das von den Behörden ausgegebene "back to normal" wurde bei vielen Fischern von Unsicherheit überlagert. Sie bezweifeln, dass die Tests der Nationalen Ozeanbehörden umfangreich genug waren. Sie fürchten, dass sich doch Rückstände von Öl oder dem Ölzersetzungsmittel Correxit in der Nahrungskette befinden. Diese Angst nährt die Universität von Südflorida. 13 Wissenschaftler haben in den letzten zehn Tagen in Wasserproben vom Meeresgrund vor der Golfküste toxische Ölspuren in Mikroorganismen entdeckt, meldete der TV-Sender CNN. Sie befürchten, dass das Gift durch Plankton und Bakterien in die Nahrungskette gelangt und nicht, wie von der Ozeanbehörde behauptet, von Fischen verdaut wird. Für die seelische Verarbeitung der Schäden tausender Fischer wiederum will BP nun zahlen: 52 Millionen Dollar will der Konzern freimachen, um den Fischern psychologische Unterstützung zu geben.
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