Urteil in Schleswig-Holstein: Laufzeitverkürzung für Peter Harry

Nach dem Verfassungsgerichtsentscheid streiten die Parteien über einen Neuwahltermin. Die CDU schiebt schon einen Nachfolger für Peter Harry Carstensen in die Kulissen.

Geht womöglich bald vom Netz: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). : dpa

HAMBURG taz | Die Entscheidung des Schleswiger Verfassungsgerichts, Teile des Landeswahlgesetzes für ungültig zu erklären und vorgezogene Neuwahlen einzufordern, hat Zähneknirschen auf Regierungsseite und verhaltene Freude bei der Opposition ausgelöst. Für CDU und FDP bedeutet der Beschluss, dass sie statt vier noch zwei Jahre mit einer Stimme Mehrheit weiterregieren können.

"Die Auszählung der Landtagswahl vom September 2009 und damit auch die Legitimation der Landesregierung sind bestätigt", frohlockt Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). "An der politischen Handlungsfähigkeit der Koalition ändert die Entscheidung nichts", stellte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki am Montag wenige Minuten nach der Urteilsverkündung klar.

Die Opposition sieht es anders. Die Vorsitzende des SSW im Landtag, Anke Spoorendonk, forderte "die schwarz-gelbe Koalition auf, bis zur Neuwahl ihre Politik nicht mit ihrer knappen, zweifelhaften Mehrheit durchzudrücken", was faktisch allerdings das Ende von Schwarz-Gelb bedeuten würde.

Streit gab es bereits kurz nach der Urteilsverkündung über den Zeitpunkt der Neuwahlen, die nach dem Gerichtsbeschluss spätestens im September 2012 stattfinden müssen. Einen Zeitraum, den die Regierungskoalition ausnutzen möchte. "Mit der Fristsetzung für Neuwahlen hat das Verfassungsgericht deutlich gemacht, dass ein Zeitdruck nicht besteht", sagt Kubicki und macht deutlich, dass er gern noch ein bisschen weiter mitregieren möchte. Auch Carstensen geht von einem Wahltermin "im September 2012" aus.

Die Landeschefin der Grünen, Marlene Löhr, fürchtet hingegen, "dass die kommenden zwei Jahre zum Dauerwahlkampf gemacht werden und so dem Land eine Hängepartie bevorsteht". Die vom Gericht gewählte Frist für Neuwahlen bis 2012 sei "viel zu lang". Während SPD-Landeschef Ralf Stegner dafür plädierte, "dass es nicht zwei Jahre werden", da "die Öffentlichkeit erwartet, dass sie auf Basis eines korrekten Wahlgesetzes rasch sagen kann, welche Regierung sie haben will", nannte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck "Ende 2011" als denkbaren Neuwahltermin. Zudem schlug Habeck vor, bei der notwenigen Reform der Wahlkreise deren Zahl auf dreißig zu begrenzen, um so der Problematik der Überhangs- und Ausgleichsmandate Herr zu werden.

Unterdessen zeichnet sich immer klarer ab, dass die Zeit von Peter Harry Carstensen als Regierungschef allerspätestens 2012 abläuft. Der 63-Jährige soll dem Vernehmen nach von CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher (39) sowohl als Spitzenkandidat als auch als Parteichef beerbt werden. Auch Wirtschaftsminister Jost de Jager wird als möglicher Kandidat ins Gespräch gebracht.

Damit der neue Mann mit Amtsbonus in den Wahlkampf gehen kann, gilt eine Ablösung des Auslaufmodells Carstensen im kommenden, möglicherweise aber auch schon in diesem Jahr als wahrscheinlich. Carstensen selbst will von einem baldigen Abgang nichts wissen. Gestern betonte er, er werde sich der "Verantwortung" seines Amtes "weiter stellen".

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