Beim Streik Klassenerster

ARBEITSKAMPF Erzieher und angestellte Lehrer starten in Berlin bundesweite Streikwelle

„Es wird gespart. Da geht es gar nicht mehr um die Kinder“

SABINE FRANCIS, ERZIEHERIN

An Berlins Schulen wird gestreikt: Tausende Erzieher und angestellte Lehrer haben am Montag ihre Arbeit niedergelegt. Sie fordern 6,5 Prozent mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Damit hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin den Auftakt für eine bundesweite Streikwelle im öffentlichen Dienst gemacht. In den kommenden Wochen wollen auch die Beschäftigten anderer Bundesländer in den Ausstand treten.

In Berlin beteiligten sich Gewerkschaftsangaben zufolge rund 5.000 Erzieher und angestellte Lehrer an dem ganztägigen Warnstreik. Ungefähr ein Viertel der Schulen sei betroffen gewesen. Wie viel Unterricht ausfiel, ist jedoch unklar.

Jeder vierte Lehrer in Berlin ist nur angestellt und nicht verbeamtet. Die GEW möchte für die angestellten Lehrer einen Tarifvertrag mit bundesweit einheitlichen Gehaltsgruppen erreichen. Am vergangenen Donnerstag war die zweite Verhandlungsrunde zwischen den Ländern und den Gewerkschaften ohne Kompromiss abgebrochen worden. In Berlin dürfte der Streikwille besonders ausgeprägt sein: Die Berliner Pädagogen erhalten laut dem GEW-Landesvorsitzenden Harmut Schurig rund 10 Prozent weniger Lohn als ihre Kollegen in anderen Bundesländern.

Auf einer Protestkundgebung am Montag forderte Schurig zudem kürzere Arbeitszeiten. „Das ist ein Gebot der Stunde“, ruft er in das Mikrofon. „Der öffentliche Dienst insgesamt muss attraktiver werden.“ Derzeit würden die angestellten Lehrer vom Berliner Senat „wie die schlechten Beamten“ behandelt.

Seit dem Jahr 2003 werden in Berlin keine Lehrer mehr verbeamtet, unter den Angestellten sind daher besonders viele junge Pädagogen, die erst vor wenigen Jahren ihren Schuldienst angetreten haben. Als Angestellte verdienen sie meist weniger als die Beamten in anderen Ländern Deutschlands.

Neben den Pädagogen haben auch die Erzieher die Arbeit niedergelegt. Dabei geht es Sabine Francis von der Ruppin-Grundschule in Schöneberg nicht nur um das eigene Geld, sondern auch um eine Kritik an der aktuellen Bildungspolitik. „Auf allen Ebenen wird hier gespart. Da geht es gar nicht mehr um die Kinder“, beklagt die 45-Jährige.

Welche Forderungen der Lehrer und Erzieher erfüllt werden, entscheidet sich womöglich bei der dritten Tarifrunde am 7. März. FELIX WERDERMANN