Integration: Imame müssen nachsitzen

In Hannover begann gestern der erste Deutschkurs für Imame. Die Teilnehmer kommen alle aus den staatlich-türkischen Ditib-Moscheen. Die anderen Muslim-Organisationen bleiben außen vor.

In Hamburg längst Praxis: In einem Pilotprojekt lernen türkische Imame Deutsch Bild: dpa

Uwe Schünemann hat es schon immer gewusst. "Die Imame sprechen kaum deutsch und kennen sich mit Deutschland nicht aus", sagte der niedersächsische Innenminister (CDU) in einem Interview mit der Berliner Zeitung, und dass sich dieser Zustand ändern müsse. Am Dienstag, gut zwei Jahre danach, wurde in Hannover der erste Deutschkurs für Imame vorgestellt - und Schünemann war nicht dabei. "Für Integration ist ja jetzt das Sozialministerium zuständig", sagt Schünemanns Sprecher Klaus Engemann. Die Deutschkurse gingen aber "in die richtige Richtung".

Die Teilnehmerzahl in Hannover ist mit 13 Imamen überschaubar, die Zusammensetzung auch: Die Geistlichen kommen alle aus den staatlich-türkischen Ditib-Moscheen und unterstehen damit dem türkischen Religionsministerium. "Das sind sehr homogene Klassen", sagt Karin Varga vom Goethe-Institut, das die Imam-Kurse organisiert. In Nürnberg und Köln, wo schon Kurse gelaufen sind, seien die Ditib-Imame "sehr motiviert" gewesen.

Ausgedacht hat sich die Integrationsmaßnahme die Deutsche Islamkonferenz, bei der am Schluss die Ditib-Leute als einziger großer Muslim-Verband noch mit am Tisch saßen - die Vertreter der konservativen Milli Görüs-Bewegung waren ausgeladen worden, weil die Staatsanwaltschaft München gegen führende Funktionäre ermittelte. Der Zentralrat der Muslime, bei dem Milli Görüs Mitglied ist, hatte sich ebenfalls zurückgezogen - aus Solidarität, aber vor allem "weil wir uns die Themen nicht diktieren lassen wollten", so Generalsekretärin Nurhan Soykan.

Das Wheel of Consent wird rund um die Welt in verschiedenen Versionen angeboten: 20 mal in diesem Jahr mit 15 TrainerInnen und 40 weiteren in der Ausbildung, mit maximal 24 TeilnehmerInnen. Betty Martin unterrichtet den Kurs vom 30. Mai bis 2. Juni in Köln (ausgebucht) und Matthias Schwenteck und Robyn Dalzen vom 5. bis 9. Juni in Prag („Like a Pro“ - nur für Professionelle, 1180 Euro). Der reguläre dreitägige Kurs kostet ab 250 Euro. Infos auf www.schoolofconsent.org

Die Ermittlungen gegen Milli Görüs wurden mittlerweile sang- und klanglos eingestellt, dennoch gilt das Integrationsprojekt weiterhin nur für die Ditib-Imame. "An uns ist man mit so einem Vorschlag nicht herangetreten", sagt Soykan.

Die Imame der 870 deutschen Ditib-Moscheen gelten als "Pendel-Imame", sie kommen für vier oder auch fünf Jahre aus der Türkei und gehen dann wieder. Bereits seit 2002 bekommen sie, bevor sie nach Deutschland gehen, in der Türkei 400 Stunden Deutschunterricht bei einem Goethe-Institut plus einen Lehrgang in politischer Bildung, den die Konrad Adenauer-Stiftung verantwortet.

"Wir haben jedoch festgestellt, dass diese 400 Stunden nicht ganz ausreichend sind", sagte die Projektkoordinatorin des Goethe-Instituts, Angela Kaya, beim Deutschland-Start des Projektes in Köln. In Deutschland sind darum noch mal 516 Deutschstunden angesetzt, der Kurs dauert zehn Monate. An dem Projekt, das auf drei Jahre angelegt ist, sollen deutschlandweit 135 Imame teilnehmen.

Kritisch zu den Deutschkursen äußerte sich der Osnabrücker Religionswissenschaftler Rauf Ceylan. Als "Integrationshelfer" seien Imame nur bedingt geeignet, sagte Ceylan bei einem Kongress der katholischen Akademie Stuttgart. Deutschkurse und Fortbildungen seien "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", viele Imame seien zu schlecht qualifiziert.

Ceylans Institut an der Universität Osnabrück bietet als erstes in Deutschland in diesem Wintersemester einen Weiterbildungsstudiengang für Imame in deutscher Sprache an. Die Landesregierung in Hannover will in Osnabrück möglichst noch 2012 den ersten deutschen Master-Studiengang für Imame einrichten, allerdings sind noch rechtliche Fragen offen.

Der Zentralrat der Muslime würde die Einrichtung eines solchen Voll-Studiengangs begrüßen, sagt Generalsekretärin Soykan. Keinerlei Interesse hat bisher die Ditib signalisiert - auch für die Ausbildung ihrer Imame ist bisher das türkische Religionsministerium zuständig. Und dass dieses seinen Einfluss freiwillig aufgibt, ist unwahrscheinlich.

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