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Debatte über Quoten-RegelungGrüne wollen Feminismus 2.0

Der grüne Frauenrat debattiert das Papier "Feminismus: Ein Update", eingebracht von jungen Frauen. Kommende Woche will Renate Künast sich zum Thema äußern.

Fraktionsvorsitzende der Grünen Renate Künast will ein grünes Modell für die Quoten-Regelung in der Wirtschaft vorstellen. Bild: dpa

Die Grünen treiben die Diskussion um die Quote voran. Am Wochenende will der Bundesfrauenrat der Partei ein Papier debattieren, das mit "Feminismus: Ein Update" überschrieben ist und in dem die Quote eine besondere Rolle spielt.

Darüber hinaus will Fraktionsvorsitzende Renate Künast in der kommenden Woche ein grünes Modell vorstellen, das sich an der Quoten-Regelung in Norwegen orientiert. Dort müssen Unternehmen seit 2006 damit rechnen, aufgelöst zu werden, wenn sie nicht dafür sorgen, dass Spitzenpositionen zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sind.

Die Grünen, die in Deutschland als die ErfinderInnen der Quote gelten, fordern diese seit langem auch für die Wirtschaft: Ab 2017 sollen mindestens 40 Prozent der deutschen Aufsichtsräte mit Frauen besetzt sein.

Weil sich in dieser Richtung hierzulande bis auf rare Ausnahmen wie bei der Telekom wenig tut, soll das Künast-Papier erläutern, wie die Quote für Aufsichtsräte sofort umgesetzt werden kann. Das bestätigte Pressesprecher Matthias Tang der taz.

Trotzdem halten es die Grünen selbst nicht immer ganz genau mit dem umstrittenen Instrument der Geschlechtergleichstellung. So ist die Partei- und Fraktionsspitze zwar quotiert. Aber 11 von 13 Landtagsfraktionen hingegen sind es nicht.

Und nur zwei von ihnen haben einzig eine Frau an der Spitze: Antje Hermenau in Sachsen und Anja Siegesmund in Thüringen. In Berlin und in Bayern gibt es eine paritätische Doppelspitze.

"Immer die Quote fordern und sie selbst nicht einhalten - das geht nicht", sagt Katja Dörner. Die 34-jährige familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag hat zusammen mit anderen jungen grünen Frauen das etwas dröge betitelte Feminismus-Update erarbeitet.

Die Ideen sind nicht grundlegend neu, aber sie werden aufgepeppt. So betonen die Autorinnen, dass es in Ordnung ist, wenn junge Mädchen in knappen Röcken und Playboy-Hemdchen herumlaufen. Sie täten das ja schließlich freiwillig.

Zudem distanzieren sich die Mandatsträgerinnen unter 40 von einem "typisch männlichen Lebensentwurf", der oft herangezogen wird, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht: viel Arbeit, wenig Zeit für die Familie. "Das lehnen wir ab", sagt Katja Dörner: "Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss möglich sein. Für alle."

Auch ein "neuer F-Klasse-Feminismus, der alleinig auf ein individualistisches Karriere- und Erfolgsstreben abzielt", liegt nicht im Fokus der jungen Grünen. Oder anders gesagt: Eine "Generation Ich" wollen die jungen Frauen nicht sein.

"Feminismus bedeutet für uns nicht, nur denjenigen eigene Karrieren zu ermöglichen, die sich eine Putzfrau leisten können, sondern bessere Lebensbedingungen für alle Frauen", sagt Katja Dörner.

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23 Kommentare

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  • L
    linsenspaeller

    Na, offenbar ist so ein Stichwort wie F-Klasse-Feminismus gut geeignet, den schon kreuz und quer zerwühlten Unterboden dieser Gesellschaft noch einmal ordentlich aufzugraben, bloß, um festzustellen, daß es generell an Humus fehlt. Nach den Kommentaren zu urteilen, verlieren die Grünen mit diesem Thema endgültig den Boden unter ihren Füßen. Sie nabeln sich damit von der jungen Generation ab. Die denken heute nämlich so erdrückend konservativ wie in den letzten fünfzig Jahren nicht.

  • B
    Buchautor

    Verantwortung: Nein Danke! heißt ein Buchtitel von Beate Kricheldorf, der dieses Thema beleuchtet. Statt den Frauen die Verantwortung des Familienoberhauptes anzutragen, hat man das Familienoberhaupt lieber abgeschafft, den Müttern die Kinder als Besitz ausgehändigt und das Einkommen des Exmannes als Unterhaltsgarantie dazu.

    Ist noch niemanden aufgefallen, dass Frauen nicht das Familieneinkommen verdienen sollen? Wenn Frauen berufstätig sind, ist es ihr Geld, wenn Männer berufstätig sind, ist es Familieneinkommen oder wird für Unterhaltsforderungen in die Taschen der Frauen umgeleitet.

    Die Lohndiskriminierungslüge, Frauen würden 23% zu wenig verdienen, dient dazu, um davon abzulenken, dass Frauen über 80% der Konsumausgaben bestimmen.

  • Q
    QuatschMitSoße

    @Nadja

     

    ja, nadja, genau - und wir beten von stund an alle das "MUTTER unser, die du bist im Himmel"

     

    und Jawhe heißt jetzt JAWHWA.

     

    komm mal runter von deinem göttinnen-trip oder gründe ne eigene sekte.

  • S
    SwENSkE

    Solange die Grünen sich nicht von ihrer sexistischen und männerfeindlichen Politik verabschieden, sind sie für mich nicht mehr wählbar.

     

    Auch wenn ich es für begrüßenswert halten würde, wenn Frauen endlich in größerer Zahl "Karriere" machen würden und mal selber die Last und Verantwortung des alleinigen Familieneinkommens auf sich nehmen, damit Männer daheim bleiben können und sich um die Kinder kümmern. Eine Frau für ein solches Lebensmodell zu finden gleicht momentan der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

    Aber das wollen ja auch die "Feminstinnen 2.0" der Grünen nicht - sie wollen ja beides. Der typisch weibliche Egoismus einer ganz bestimmten und leider nicht seltenen Sorte Frau.

  • S
    Soulseeker

    Der Quoten-Chefsessel, aber arbeiten nach Lust und Laune. Exakt diese Forderung wird hinter "Vereinbarkeit" mit Familie und Beruf verborgen. Einstellen würde ich solch quotierte Frauen nicht. Da sei das Verfassungsgericht vor. Solche Frauen sollen besser ihre eigenen Unternehmen gründen - über den Rest entscheidet der Wettbewerb.

     

    Es ist ja schön und gut, wenn man seine Utopien leben möchte, aber die int. Konkurrenz interessiert sich eher für die eigenen Utopien. Und da ist weder der Halbtagschef, noch die Gelegenheits-Führungskraft vorgesehen. Gehen erst mal die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand, werden alternative Jobkonzepte noch stärker unter Druck geraten; auch wenn alles was nur einen Schein von der Uni hat, in den Arbeitsmarkt gezwungen wird. Aber so weit in die nahe Zukunft denken die Grünen wie immer nicht. Zum Trost: Die anderen Parteien genauso wenig.

  • S
    Steffen

    Hm, die Linke hat schon seit Jahren ihre Frauenquote in den eigenen Reihen erfüllt und achtet streng darauf ... das ging ganz ohne grosses Tamtam und ist nun selbstverständlich.

     

    Ist übrigens die einzige Partei die diese Quote erfüllt und so zur Gleichberechtigung beiträgt als gutes Vorbild.

     

    Der Feminismus der Grünen ist mir mehr als suspekt, Feminismus hat auch nichts mit Gleichberechtigung zu tun sondern ähnelt mehr dem Faschismus ... eine elitäre Cliquenbildung Gleichgesinnter/Gleichgeschlechtlicher die in ihrem Dasein etwas Höheres/Besseres sehen das besonders zu fördern sei.

     

    Und das ist mir suspekt ....

     

    Feminismus ist was anderes als Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ... sonst würde es eben Gleichberechtigung heissen und nicht Feminismus.

  • P
    Pippi

    Führungspostionen einnehmen - ja, bitte. Und zwar mindestens zu 40%.

    Stress auf sich nehmen - nein, danke. Das ist ein männlicher Lebensentwurf. Lehnen wir ab.

     

    Da fällt mir nur noch Pippi Langstrum ein: 2 mal 3 macht Neune...

  • C
    christian

    Hoffentlich denken die Grünen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch an den Vater. Ansonsten werden Männer von der Gleichberechtigung ja gerne ausgenommen.

  • T
    talon

    "Zudem distanzieren sich die Mandatsträgerinnen unter 40 von einem "typisch männlichen Lebensentwurf", der oft herangezogen wird, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht: viel Arbeit, wenig Zeit für die Familie. "Das lehnen wir ab", sagt Katja Dörner: "Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss möglich sein. Für alle."

     

    Ich hoffe, dass unsere Feministinnen dort auch Männer mit einbeziehen und nicht nur, mal wieder, Frauen ein schönes Leben bescheren wollen.

  • S
    simon

    So sehr ich mir wünsche auch in den Führungsetagen mehr Frauen zu sehen, halte ich Quoten für sehr problematisch.

     

    1. Wenn eine Stelle vacant wird und diese gemäß der Quote eigentlich nur mit einer Frau zu besetzen ist, müsste man ja schon in der Stellenausschreibung verbindlich festlegen: Softwareentwicklern gesucht (nur Frauen). Eine solche Stellenausschreibung entspricht nicht dem Grundsatz der Gleichberechtigung!

    Ansonsten müsste man im Falle, daß sich nur Männer bewerben diese mit der Begründung des Geschlechts ablehnen. Auch dies ist juristisch anfechtbar (Sie Ablehnung wegen Notiz "Ossi")

     

    2. Warum sollte es nur eine Quote für Frauen geben? Demnach müsste es auch eine Quote für z.B. Ossis geben (die sind nämlich auch extrem unterrepräsentiert). Evtl. noch eine Quote für Behinderte... Die Liste lässt sich einfach fortsetzen.

     

    3. Man tut den Frauen auch kein Gefallen, die immer mit dem Makel leben müssen, nur aufgrund ihres Geschlechtes (quasi als Quotenfrau) diesen Job bekommen zu haben.

     

    Ich denke man muss einfach viel Überzeugungsarbeit leisten, um ein Umdenken und vor allem ein positives Image bzw. eine Vorteil für Unternehmen zu sehen, wenn sie mehr weiblichen Führungskräften eine Chance geben.

  • W
    WernerT.

    Feminismus in Reinstform. Frauen sollen also lukrative Jobs erhalten, dafür aber noch lange nicht soviel leisten wie unter Männern üblich. Rosinenpickerei, Rechte und Privilegien ja gerne, Pflichten und Lasten nein Danke.

     

    Immerhin: Aus der Forderung lässt sich das versteckte Einverständnis herauslesen, dass den Grünen sehr wohl bewusst ist, warum Frauen in den Chefetagen unterrepräsentiert sind; nicht weil sie bös diskriminiert werden, sondern weil sich Frauen andere Prioritäten setzen, als ihr ganzes Leben dem Job zu widmen.

  • YB
    yah bluez

    Wir brauchen einfach mehr Zwang. Das die meisten Frauen keine Lust haben in Unternehmen Karriere zu machen weil sie andere Ziele haben darf nicht länger hingenommen werden. Notfalls müssen Frauen durch Beugehaft gezwungen werden Karriere zu machen.

     

    so in etwa oder?

     

    mfg

    yb

  • B
    Bogumil

    Nun, eine Frauenquote für Aufsichtsräte einzuführen ist sicher keine schlechte Idee. Fraglich ist nur, wo die ganzen Frauen herkommen sollen. Wenn ich mich so umschaue stelle ich immer wieder fest, dass die meisten Frauen zwar eine gute Ausbildung machen und danach eventuell noch einige Jährchen arbeiten, sich aber spätestens mit Mitte dreissig in die Vororte zurück ziehen und als einzig verantwortliche Tätigkeit die Beaufsichtigung der Kinder und der Putzfrau wahrnehmen und das pädagogische Konzept von Schule und Kindergarten in Frage zu stellen. Sofern sich nicht in der Denke der durchschnittlichen, gebildeten Frau (ungebildete finden sich wohl kaum in Führungspositionen ein) etwas ändert, wird auch eine Quote nichts bringen. Ich persönlich würde es sehr begrüssen, mehr Frauen in der Verantwortung zu sehen, da meine Erfahrung ist, dass die Produktivität, egal in welcher Branche, durch die Kombination von Männern und Frauen in der Verantwortung deutlich ansteigt.

    Just my 2 cents

  • Q
    Querulant

    Eine Kompetenz-Quote in Wirtschaft und Politik wäre wesentlich sinnvoller...

  • IZ
    In Zeiten der Datenkrake Arno Nym

    ich halte es für egoistisch, wenn frauen fordern, sog. "männliche" lebensläufe dürften nicht maßstab sein, denn auch männer entscheiden sich ja bewusst für oder gegen karriere und alles kann man manchmal nun mal nicht haben.

  • G
    Götz

    Werden im öffentlichen Dienst Stellen besetzt, reicht es nicht, wenn sich nur Männer bewerben. Es muss eine Frau dabei sein. D. h., bewerben sich 3 Männer auf eine höhere Stelle, dann kann diese nicht besetzt werden, solange sich keine Frau bewirbt. Meine Erfahrung allerdings ist, dass die meisten Frauen kein Interesse an höheren Posten haben. Trotzdem soll erzwungen werden, dass Frauen Führungspositionen besetzen. Polemisch kann man nur sagen, dass insgesamt "lesbische, schwarze, behinderte Frauen aus dem Osten" die besten Chancen haben, eine Führungskraft zu werden.

  • I
    Interpretator

    Wenn das alles ist, bin ich entsetzt.

     

    Ist in dem Update auch etwas zur Gewalt gegen Frauen zu finden, zur traumatisierenden Gerichtspraxis bei Vergewaltigungsklagen usw.?

  • N
    Nadja

    Quote gut für Moschee: erst wenn eine Allinin darf da sein, ein Allah darf da sein. Allinin akbar!

     

    Dass muss Renate machen: Allinin kommt vor Allah!

  • E
    EnzoAduro

    Thumbs up!

     

    Wenn die Grünen das durchbekommen dann gibt es NOCH einen Grund weniger die FDP zu wählen.

     

    Ein Gelbgrüner

  • S
    Stefan

    Letztlich ist das ziemlich gleich. Aber warum nicht? Nur: wenn schon 40%-Quote, dann soll die doch vorausschauend gleichermaßen für Frauen und Männer gelten? Gleichberechtigung ist keine Einbahnstraße.

  • MB
    Markus B.

    Ich sehe die Grünen alles in allem als vernüftigste und beste Partei Deutschlands an. Ihre Auffassung von Zukunftspolitik sind vorbildlich. Deshalb unterstütze ich sie immer wieder gerne mit meiner Stimme.

     

    Aber wollt ihr wissen, warum ich nicht schon lange Mitglied geworden bin? Weil diese Partei sich keinen bisschen um interne Gleichberechtigung kümmert. Von anderen immer Verlangen aber selbst Gleichberechtigung mit Füßen treten. Schaut euch mal die Frauenstatuten an.

     

    Ein Geschlecht hat _per Satzung_ deutlich mehr Rechte, Einfluss und Gewicht bei Parteitagen als das andere Geschlecht. Ein Geschlecht kann wichtige Entscheidungen einfach so ablehnen, obwohl die Mehrheit ansonsten dafür ist. Das bevorzugte Geschlecht hat das Anrecht auf minderstens die Hälfte der Plätze auf Kanditaten- und Rednerlisten. Auch wenn sie nicht die Hälfte der potentiellen Kanditaten stellen....

     

    Ein Tipp: Dieses Geschlecht ist nicht das angeblich so rücksichtslose und machtbewusste männliche Geschlecht...

     

    Eine Partei, die ihre Mitglieder in zwei Klassen organisiert kann man nicht beitreten. Und das ist wirklich schade, denn ich möchte mich gerne für deren Politik engagieren.

  • S
    SinnvollerProtest

    Oh Gott. Und die Spinner stehen bei über 20% in den Umfragen.

  • W
    Wolfgang

    Unsere Verfassung sieht keine Doppelspitze in Regierungsverantwortung vor.

    Aber die Grünen könnten natürlich die Quote folgendermaßen halten:

    2 Jahre Trittin als Kanzler und dann 2 Jahre Kühnast als Kanzlerin. Die Reihenfolge wird ausgelost.

     

    Mit Sigmar Gabriel als Vizekanzler. Die Traumregierung.