Die Bande in der zweiten Reihe: Staatssekretäre

Hildegard Müller wird sicherlich eine wichtige Frau im Kanzleramt – Rolf Schwanitz kein wichtiger Mann im Gesundheitsministerium. Peter Altmaier wird die Innenpolitik der Union modernisieren, Matthias Machnig seinen neuen Chef, den Umweltminister Gabriel, gut verkaufen

BERLIN taz ■ Staatssekretäre sind die in der zweiten Reihe, direkt hinter den Ministern. Ein Staatssekretär wird geschickt, um auf der Hustensaft- oder Plastikbesteck-Messe warme Worte zum neuen Fördergesetz zu verlesen. Manchmal hat ein Staatssekretär jedoch das neue Gesetz als Einziger überhaupt verstanden und muss es der Fraktion erklären. Mancher Staatssekretär hat sein Amt aber auch bloß, weil der Fraktionschef ihm ein doppeltes Abgeordnetengehalt versprochen hat – wofür auch immer.

Beamtete Staatssekretäre haben meist eine fachliche Vorbildung und müssen Verantwortung tragen. Parlamentarische Staatssekretäre dagegen haben so viel Kompetenz, wie die Ministerin oder der Minister sowie der eigene politische Verstand zulassen. Staatssekretäre in Außenministerium und Kanzleramt heißen Staatsminister.

Den großen Titel Staatsministerin im Kanzleramt wird künftig auch Hildegard Müller (CDU) tragen. Müller ist 38, gilt als ausgesprochen schlau, war bis 2002 Chefin der Jungen Union und wird von Merkel gefördert, seitdem die etwas zu sagen hat. Möglicherweise hat Müller deshalb die kleine Aufregung vor einem Jahr um Zuwendungen ihres offiziellen Arbeitgebers, der Dresdner Bank, auch unbeschädigt überstanden.

Müller dürfte also ihren Posten ganz anders ausfüllen als ihr Vorgänger Rolf Schwanitz (SPD), der in Gerhard Schröders Kanzleramt unter anderem für Aufbau Ost zuständig war, was aber keiner merkte. Doch für Schwanitz (46) ist nun ein anderer Staatssekretärs-Posten gefunden: Er geht in Ulla Schmidts (SPD) Gesundheitsministerium und wird dort bestimmt auch nicht gebraucht.

Ob Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Gegensatz zum Vorgänger Otto Schily (SPD) seine Staatssekretäre wohl zu Wort kommen lässt? Sollte im Innenministerium die Demokratie ausbrechen, wird hier Peter Altmaier (CDU) mit dafür sorgen, dass die Union ihre Haltung zur Migration überdenkt. Der Saarländer Altmaier (47) setzte sich schon zu Helmut Kohls Zeiten für die doppelte Staatsbürgerschaft ein.

Ein sehr buntes Team leitet künftig das Umweltministerium. Minister Sigmar Gabriel (SPD) bekommt Michael Müller (SPD) zur Seite gestellt, der als Parlaments-Linker gerne auch die konkreteste Frage mit einem Vortrag über die Weltmeere im Jahr 2200 beantwortete. Zur Alltagsbewältigung aber durfte sich Gabriel seinen beamteten Staatssekretär selbst aussuchen: seinen Kumpel und Schröders Ex-Wahlkampfmanager Matthias Machnig (45). Die zwei verbindet die Erfahrung, dass Unternehmensberatung auch nicht glücklich macht.

Verblüffende Crossover-Besetzungen stellen die Fälle Roth, Kasparick und Storm dar. Karin Roth (SPD) war einmal Sozialsenatorin in Hamburg und wird nun parlamentarische Staatssekretärin ausgerechnet in Wolfgang Tiefensees Verkehrsministerium. Ihr Kollege wird Ulrich Kasparick (SPD), der vorher Staatssekretär im Bildungsministerium war. Auf seinen Posten rückt Andreas Storm – der bislang als CDU-Nachwuchstalent in Rentenfragen galt. ULRIKE WINKELMANN