Kommentar Stuttgart 21: Mappus offensiv

Heiner Geißler soll in Stuttgart schlichten – macht Sinn. Aber er sollte Mappus als Erstes klarmachen, dass man die BürgerInnen ernst nimmt.

Heiner Geißler begibt sich auf den direkten Weg nach Schilda: Er soll schlichten, wo es keinen Kompromiss geben kann. Stuttgart 21 wird gebaut - oder eben nicht: Man wird den Bahnhof kaum zur Hälfte unter die Erde legen.

Natürlich macht ein Schlichter Sinn, um die Stimmung zu beruhigen. Weshalb auch niemand was dagegen hat. Das ist wohl das Kalkül des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU). Geißler wird zum Kuscheln und Ausheulen eingeladen. Die Regierenden machen weiter wie bisher und geben sich mit dem alten CDU-Granden und Attac-Mitglied Geißler etwas staatsmännische Aura. Denn gebaut wird - das machte Mappus unmissverständlich klar. Unterbrochen werden die Arbeiten ebenfalls nicht, auch wenn die Landesregierung ein paar Medien zu entsprechenden Meldungen verleitet hatte: Es ging um eine angebliche Verschiebung des Abrisses des Südflügels des Hauptbahnhofs. Der aber wäre ohnehin erst nach der Landtagswahl dran gewesen.

So hat es Mappus geschafft, ohne substanzielles Angebot an die Projektgegner medial in die Offensive zu gehen. Dass er sich nicht einmal bei den im Schlosspark verletzten DemonstrantInnen entschuldigt hat, fällt dabei kaum einem mehr auf. Stattdessen hat er in seiner Regierungserklärung nicht argumentiert, sondern diktiert. Was dabei rauskam, war schon fast albern: Da werden nach Mappus Sicht Investoren aus Deutschland vertrieben, Arbeitsplätze und die Zukunftsfähigkeit des Landes stehen auf der Kippe, selbst Bildungschancen sieht er gefährdet - wenn, ja wenn der neue Bahnhof nicht kommt. Nebenbei glaubt er den gesamten Rechtsstaat in Gefahr.

Dabei fordern die Demonstranten schlicht mehr Mitspracherecht und Ehrlichkeit. Längst geht es nur noch darum, dass der Staat nicht einknicken darf. Doch Mappus kanzelt die Argumente der Projektgegner pauschal ab, ohne auch nur im Ansatz inhaltlich auf sie einzugehen. Was Geißler dem Ministerpräsidenten als Erstes klarmachen sollte: Die BürgerInnen nimmt man ernst.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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