Bahn und Ba-Wü verhakeln sich

STUTTGART 21 Ein Treffen zwischen Bahnvorstand Kefer und Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann bleibt ohne Ergebnis

Bundeskanzlerin Merkel hält an dem umstrittenen Projekt fest

AUS STUTTGART NADINE MICHEL

Bahnvorstand Volker Kefer kann in Berlin eine klare Botschaft aus Stuttgart übermitteln: Zwar wiederholen die Landesregierung Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart schon seit Wochen ihr klares Nein. Sie würden keinen Cent mehr als vereinbart für das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 bezahlen. Doch die Bahn wollte diese Frage noch einmal in Gesprächen unter vier Augen klären. Denn sie steht mächtig unter Druck.

Die Finanzierung des Großprojekts, dessen Kosten steigen und steigen, ist nicht gesichert. Der Aufsichtsrat verlangt deshalb Antworten auf grundsätzliche Fragen und vor allem, dass die Bahn dafür sorgt, dass die Projektpartner sich an den Mehrkosten beteiligen.

Die aber bleiben bei ihrer strikten Haltung. „Wir stehen zu dem Projekt“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Montagabend, „aber nicht um jeden Preis.“ Zuvor hatte Hermann zweieinhalb Stunden mit Kefer diskutiert. „Wir haben uns im Kreis gedreht“, so Hermann. Am Dienstag schließlich klopfte Kefer auch bei Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) an, ebenfalls ohne Erfolg.

Den Druck auf den Bahnvorstand hat nun angeblich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhöht. Wie die Stuttgarter Zeitung am Dienstag berichtete, wolle die Kanzlerin, dass der Tiefbahnhof auf jeden Fall weiter gebaut wird. Die Zeitung beruft sich dabei auf mehrere, allerdings nicht näher genannte Quellen. Es habe in der vergangenen Woche ein vertrauliches Spitzentreffen der Koalition gegeben. Eine Ausstiegsdebatte solle bis zur Bundestagswahl um jeden Preis vermieden werden. Regierungssprecher Steffen Seibert relativierte am Dienstag allerdings den Bericht. „Ich kann diesen Bericht nicht bestätigen“, sagte Seibert am Dienstag in Berlin. Es sei auch nicht die Frage, ob die Bundesregierung für oder gegen den Weiterbau votiere, denn die Entscheidung falle nicht in der Bundesregierung.

Gleichwohl habe sich laut Seibert die Grundüberzeugung der Bundeskanzlerin nicht geändert, „dass Stuttgart 21 ein wichtiges Projekt für den Raum Stuttgart, für die Infrastruktur im deutschen Südwesten und für Deutschland insgesamt ist“. Es gelte aber auch, „ein solches Projekt muss wirtschaftlich sein, und die Zahlen müssen stets überprüft werden“. Pflicht der Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG sei es, „Fragen zu stellen, wenn sich bei einem solchen Projekt neue Kosten ergeben“.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach am Dienstag einen, wie er es selbst formulierte, „Appell an die Vernunft aller Beteiligten“ aus. Man könne Großprojekte nicht bauen, ohne dass sie technisch und finanziell durchgeplant sind. „Das kann ich nicht zulassen.“

Im Dezember hatte die Bahn bekannt gegeben, dass der Tiefbahnhof mindestens 1,1 Milliarden Euro teurer werde. Weitere Kostenrisiken würden 1,2 Milliarden betragen. Damals hatte der Vorstand dem Aufsichtsrat vorgeschlagen, die 1,1 Milliarden komplett selbst zu tragen. Doch das scheint wieder unklar zu sein. Denn Kefer sprach in Stuttgart nicht mehr von getrennt zu betrachtenden Kostensteigerungen, sondern von einer „gesamthaften Betrachtung“.

Am 5. März soll in Berlin die entscheidende Sitzung des Bahn-Aufsichtsrates stattfinden. „Daraus ergibt sich dann alles Weitere“, sagte Kretschmann. Abgesagt wurde hingegen die Sitzung des Lenkungskreises, der eigentlich am 28. Februar tagen wollte. Denn für diese Sitzung fühlt sich die Landesregierung im Vorfeld erneut nicht ausreichend von der Bahn informiert.

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