Kommentar zum Währungsstreit: Eine Welt der Getriebenen

Die US-Notenbank hat sich faktisch fürs Geld drucken entschieden. Damit könnte jederzeit ein "Währungskrieg" angezettelt werden. Doch die Metapher taugt nicht mehr.

Droht ein "Währungskrieg"? Es könnte so scheinen. Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch beschlossen, dass sie Staatsanleihen aufkauft - also faktisch Geld druckt. Theoretisch ist klar, was jetzt automatisch folgen müsste: Der Dollar verliert an Wert, und der Kurs der anderen Währungen saust in die Höhe. Die amerikanischen Waren werden billiger, während Exportnationen wie Deutschland oder Japan auf einem Teil ihrer Güter sitzen bleiben. In dieser heilen Welt der Theorie kann also jederzeit ein "Währungskrieg" angezettelt werden, um aggressive Handelspolitik zu betreiben.

Ganz falsch scheint diese Theorie auch nicht zu sein: Wie von der Fed gewünscht, fällt der Dollar jetzt tatsächlich, und der Euro steigt. Trotzdem ist zu bezweifeln, dass die Metapher vom "Währungskrieg" noch taugt. Sie setzt voraus, dass es Handlungsspielräume gibt, die die Akteure frei nutzen können. Dabei wirken aber alle wie Getriebene - die Regierungen genauso wie die Spekulanten.

Um beim Verhältnis der USA zu Europa zu bleiben: Momentan mag es der Fed gelingen, die Anleger aus dem Dollar in den Euro zu treiben. Doch dürfte den Investoren bald dämmern, wie riskant der Euro ist. Es ist ja kein Geheimnis, dass Irland und Griechenland noch immer vor der Pleite stehen. Die Risikoaufschläge für Kredite an diese beiden Länder steigen ständig. Sollten die Anleger jedoch den Euro verlassen wollen, bliebe ihnen nur der Dollar - die Schwellenländer sind zu klein, um das gesamte Kapitalangebot zu absorbieren. Zum Ärger der Fed dürfte der Dollarkurs dann wieder steigen.

Und so muss man feststellen: Die Finanzkrise war so umfassend, dass sie selbst "Währungskriege" unmöglich gemacht hat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.