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Arte-Doku über Tolstoi"Ach die Affen, das ist lustig"

Kurzweilige Stunde: Zum 100. Todestag von Leo Tolstoi bringt Arte eine höchst sehenswerte Doku über den Großdichter und das frühe Kino.

Herr Tolstoi auf dem Sterbebett im bescheidenen Zimmer des Bahnhofsvorstehers von Astapowo. Bild: arte

Gestern also, ausgerechnet am heiligen Sonntag, jährte sich nach dem Julianischen Kalender der Todestag Lew Nikolajewitsch - kurz Leo - Tolstois, des größten aller exkommunizierten russischen Schriftsteller, zum 100. Mal. Da ist der Kultursender Arte selbstredend in der Pflicht und hat auch brav einen "Programmschwerpunkt" programmiert.

Am Montagabend gibt es sogar einen Dokumentarfilm des amtierenden französischen Kulturministers Frédéric Mitterrand ("Tolstois Befreiung, 22.45 Uhr). Doch mehr Aufmerksamkeit verdient der Film davor: "Tolstoi - mit den Augen des Films" empfiehlt sich mit dem Hinweis: "Dieser Film handelt von einer Begegnung. Von der der jungen, eben erst geborenen Filmkunst mit dem großen alten Dichter Leo Tolstoi. Sie hatten miteinander zu tun." So geht es los, und diesen auf angenehme Weise feierlichen Duktus behält der in Wladiwostok geborene und an der Moskauer Filmhochschule examinierte Filmautor und Grimme-Preis-Träger Artem Demenok dann höchst kurzweilige 52 Minuten lang bei.

Die ersten Filmaufnahmen Tolstois entstanden am 27. und 28. August 1908 anlässlich seines 80. Geburtstags. Während der folgenden zwei Jahre gehörte der Schriftsteller dann wohl zu den meistgefilmten Menschen seiner Zeit. Stars gab es damals noch nicht, aber er war einer, in Russland der größte. Und schon vor der Oktoberrevolution gab es 26 Verfilmungen seiner Werke.

Hin und wieder steuert der Kritiker Lew Anninski einen Kommentar bei, im Wesentlichen verlässt sich Demenok aber auf die alten Filmaufnahmen. Und die sind beeindruckend. Frauen mit Hüten, Männer mit Hüten, und unter ihnen der greise Dichter, weißbärtig, in seiner Alpöhi-Montur. Demenok zeigt auch die Filme, die Tolstoi gesehen hat, zum Beispiel: "Delhi, die größte Stadt in Vorderindien", oder: "Jagd auf fliegende Hunde auf der Insel Sumatra". Kaum vorstellbar, wie es den Menschen von damals, die den Film nicht von Kindheit an kannten, beim Anblick der ersten bewegten Bilder gegangen sein mag. Was könnten Menschen von heute dem entgegenhalten? Das erste Handytelefonat? Das erste Mal im Internet?

Leo Tolstois etwas verschrobene ideologische Anschauungen schlugen natürlich auch auf seine Filmrezeption durch; das Werk "Im zoologischen Garten von London" von 1909 fand seine Gnade nicht: "In Russland muss der Kinematograph ausschließlich das russische Leben festhalten, in seinen mannigfaltigen Erscheinungen, so, wie es ist." Bemerkenswerterweise konnte er dann, nur ein Jahr später, den Film "Im zoologischen Garten von Antwerpen" goutieren: "Das ist ein echter Kinematograph! Man denkt unwillkürlich: Was die Natur so alles geschaffen hat! - Ach die Affen, das ist lustig."

Das im heutigen Fernsehprogramm so beliebte Genre der lustigen Zoogeschichten ist im Grunde also ein ganz, ganz alter Hut. Wieder was gelernt.

"Tolstoi - Mit den Augen des Films", 21.55 Uhr, arte

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